Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Infektiöse Visionen (German Edition)

Infektiöse Visionen (German Edition)

Titel: Infektiöse Visionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
Vom Netzwerk:
an, beugte sich dann zu ihm hinüber und raunte ihm etwas ins Ohr. Der Metzger hörte kurz auf zu kauen, nickte dann, wandte sich ab und kaute weiter, was ich auch von hinten erkennen konnte, weil seine Backen über seinen Hinterkopf hinausragten.
    Forberig hatte sich ohne einen weiteren Blick zu mir umgedreht, gestrafft und strebte dem Rednerpult zu. Ungerer dackelte ihm hinterher und setzte sich in die vorderste Stuhlreihe auf den letzten freien Platz im Mittelgang rechts. Ich hätte zu gern gewusst, mit welchem Druckmittel da einer den anderen in seine Schranken verwiesen hatte.
    „ Meine sehr verehrten Damen und Herren“, begann Forberig mit strahlendem Lächeln und warmer Stimme. Es wurde ruhig im Saal. Mit zwei schnellen Griffen schloss ich die Lücken im Buffet, die der Metzger mit seiner Stibitzerei geschlagen hatte.
    Wie war mein Kärtchen von Sebastians Hosentasche in die Hände des ihm verhassten Vaters geraten? Diese Frage würde mein Vorwand sein, wenn ich ihn morgen anriefe.

Kapitel 16: Fluchtpläne
     

    „ Ja hallo, hier spricht der Sebastian Forberig.“
    Ich musste lächeln über seine übereifrig-korrekte Art sich zu melden.
    „ Und hier ist Vera, hallo.“
    Ich hatte bewusst vormittags angerufen, um bloß nicht seinen Vater am Apparat zu haben. Zwischen acht und zehn hatte niemand abgehoben. Jetzt war es halb elf, und Sebastian klang deutlich verschlafen.
    „ Vera?“
    „ Du weißt doch hoffentlich noch, wer ich bin, oder?“
    „ Die Vera aus dem Mathe-LK? Die das Buffet machen wollte beim...“
    Er brach ab, und mir war klar, warum.
    „ Vera Tangel, genau. Wie geht’s dir?“
    „ Geht so.“
    „ Tut mir leid wegen Myriam“, sagte ich. Er klang ohnehin geknickt und nicht zu Smalltalk aufgelegt, warum also lange herumreden.
    „ Ja“, sagte er nur, und nach einer Pause: „Rufst du deswegen an?“
    „ Ich rufe an, weil du es nicht tust. Ich hatte dir doch mein Kärtchen gegeben.“
    Wieder eine Pause, dann ein Anflug von Leben in der Stimme:
    „ Das Kärtchen, sorry, ich... ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung, wo das gelandet ist.“
    „ Ich kann’s dir sagen.“
    Wieder ein Zögern, er klang erstaunt.
    „ Und, wo?“
    „ In der Brieftasche deines Vaters.“
    „ Das kann nicht sein!“
    „ Glaub’s mir ruhig. Am Samstag hat er meinen Partyservice zu seiner Verabschiedungsfeier als Golfclub-Präsident gebucht.“
    „ Und? Das ist doch eigentlich gut für dich, oder?“
    Mir wurde klar, dass ich empört geklungen hatte, aber warum, das konnte ich ihm natürlich nicht sagen.
    „ Schon. Es war dann nur irgendwie seltsam, als ich seinen Nachnamen erfuhr.“
    „ Vielleicht, dass ich deine Karte in meiner Hosentasche hatte. Meine Mutter leert sie vor dem Waschen aus und räumt das Zeug, das sie findet, dann auf. Eine Visitenkarte gehört für sie in den Telefonkastenschub, wo die Adressbücher sind, und da hat er sie dann wahrscheinlich gefunden.“
    „ Ist ja auch egal.“
    „ Aber so könnte es gewesen sein.“
    „ Jedenfalls hat’s ein bisschen Geld gebracht, vielleicht auch ein paar Empfehlungen. Und, was machst du so?“
    „ Nichts Besonderes. Rumhängen, fernsehen, was man halt so macht. Das Wetter ist ja ziemlich scheiße.“
    „ Hast du Lust, bei mir zu jobben?“
    „ Was?“
    Er lachte verblüfft und klang endlich nicht mehr so antriebslos und ausgebrannt.
    „ Ja, ich könnte jemanden brauchen.“
    „ Echt? Ich meine, ich dachte eigentlich, das mit dem Geschäft...“
    „ Was?“
    „ Willst du denn nicht studieren?“
    „ Nein, nicht in nächster Zeit.“
    „ Damit könnte ich ihm jedenfalls den Rest geben nach allem, was schon war.“
    „ Wem?“
    „ Na wem wohl? Dem Herrn, dessen Sohn das Abi nicht geschafft hat. Und dann jobbt dieser Sohn auch noch als Aushilfe im Bio-Laden.“
    Er kicherte leise, und der Gedanke amüsierte mich über meine eigentlichen Absichten hinaus.
    „ Dann mach’s doch.“
    Er schwieg kurz, dann war das Strohfeuer von Begeisterung erloschen.
    „ Geht nicht. Ich...“
    „ Was?“
    „ Ich, ach, was soll’s, ich bleibe hier nicht.“
    „ Wohin willst du denn?“
    „ Einfach nur weg. Aus dem Haus muss ich sowieso raus. Aber ich such mir bestimmt keine Wohnung in dieser Stadt.“
    „ Wo denn dann?“
    „ Gar nicht.“
    „ Wie, gar nicht? Du musst doch irgendwo wohnen. Und Pläne haben.“
    „ Pläne, ja. Ich will schon was machen, aber dafür brauch ich Geld.“
    „ Und?“
    „ Darüber streiten die sich noch.“
    „

Weitere Kostenlose Bücher