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Infektiöse Visionen (German Edition)

Infektiöse Visionen (German Edition)

Titel: Infektiöse Visionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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darauffolgenden Winter in einem Schneesturm erfror. Jede weitere Generation versuchte weiterzubauen und gleichzeitig den Verfall aufzuhalten. Ein aussichtsloses Unterfangen, zumindest für eine Einzelperson ohne größeres Vermögen. Man kommt vor lauter renovieren gar nicht zum Weiterbauen. Das Schloss ist einfach zu riesig.“
    „ Wovon haben all diese Stubenfeuers denn überhaupt gelebt?“
    „ Vom Familienerbe, aber viel ist da inzwischen nicht mehr übrig.“
    „ Wo ist das Von?“
    „ Das was?“
    „ Das Von oder Zu vor dem Stubenfeuer – offenbar handelt es sich doch um ein altes Adelsgeschlecht?“
    Er lächelte geschmeichelt, aber winkte ab.
    „ Ganz und gar nicht. Heinrich Stubenfeuer, sie wissen schon, der mit seiner Frau verbrannt ist, der hat als Kammerdiener für die Herren der Friedrichsruh gewirkt. Das Geschlecht hieß von Beerenberg-Ehrmannstein und starb damals aus.“
    „ Starb einfach so aus?“
    „ Wohl nicht einfach so. Man munkelte von einem Giftmord.“
    „ An wem?“
    „ Vom Stammhalter Claus an seinem Vater, seiner Schwester, seiner Mutter und dem jüngeren Bruder Georg. Nun kam es allerdings so, dass nach Vater, Schwester und Mutter der Stammhalter zuerst starb, an einer kurzen schweren Krankheit, wie es heißt, und der jüngere Bruder Georg unter bestialischen Qualen dahinsiechte, weil er dem Gift was entgegensetzen konnte, aber leider nicht genug. Über drei Jahre hinweg wurde er immer kleiner und runzliger, verfärbte sich am ganzen Körper bläulich...“
    „ Der blaue Frosch!“, rief ich dazwischen.
    Stubenfeuer schaute mich erstaunt an.
    „ Genau. Den kennen Sie?“
    „ Ich glaube sogar persönlich.“
    „ Was?“
    Ich schüttelte den Kopf und fragte: „Nach drei Jahren starb er also?“
    „ Ja, und weil Heinrich Stubenfeuer als letzter Getreuer ihn so aufopfernd gepflegt hatte, erbte er das Gesamtvermögen, sprich: Schloss, Ländereien und sonstige Besitztümer. Nur, wie gesagt, leider hatte er nicht allzu viel davon, denn noch im selben Jahr gab es den Brand.“
    „ Dann hat dieser Heinrich den Blauen Frosch begraben?“
    „ Natürlich.“
    „ In einer Holzkiste?“
    „ Was?“
    „ Alle anderen bekamen ihre Steinsarkophage, nur er wurde in eine billige Kiste gesteckt. Warum?“
    „ Wie kommen Sie denn auf diese Geschichte? Vielleicht erzählen Sie jetzt endlich mal, was Sie wissen.“
    „ Ich zeige es Ihnen sogar. Aber zuerst will ich das Buch sehen.“
    Er schüttelte verärgert den Kopf, griff nach seinen Krücken und stand auf.
    „ Meinetwegen, warum auch nicht. Ich frag mich nur, was Sie sich aus dem Geschmiere dieser Wirrköpfe erhoffen.“
    Ich ließ mir das Buch geben, behielt es eine Weile zugeklappt in beiden Händen und schaute ihn an.
    „ Diese Wirrköpfe, Herr Stubenfeuer, sind genau die Geister, von denen Sie sich Auskünfte über den Familienfluch erhofften. Nur deshalb haben Sie das Buch doch neben die Ruine gelegt, oder? Aber der Blaue Frosch richtete seine Botschaften nicht an Sie, sondern an Sebastian Forberig.“
    Er zog eine Ladung Rotz durch die Nase hoch, schaute mich mit dümmlichem Blick an und fragte: „Meinen Sie?“
    Ich nickte, wollte das Buch von vorne her aufklappen, aber ein spontaner Impuls brachte mich dazu, von hinten anzufangen. Etwa die Hälfte der Seiten war leer. Ich blätterte zurück bis zur Mitte des Buches und fand eine verwaschene, blassblaue Handschrift als letzten Eintrag. Der Inhalt des kurzen Satzes raubte mir die Luft. Als ich mich gefangen hatte, fragte ich:
    „ Wann haben Sie das Buch aus dem Wald geholt?“
    „ Vor etwa zwei Monaten, kurz vor dem Unfall. Wieso?“
    Ich zeigte ihm den letzten Eintrag und fragte: „War dieser Satz damals schon dringestanden?“
    „ Ja sicher, sonst wäre er ja jetzt nicht vorhanden. Zeigen Sie noch mal.“
    Er überflog den Satz, fragte: „Heißen Sie nicht Tangel oder so ähnlich?“, las den Satz dann murmelnd noch einmal vor, bevor er sich fassungslos in seinen Sessel sinken ließ und abermals, diesmal auswendig, zitierte:
    „ Dass Du hier auftauchst, elende Tangels-Hexe, gehört natürlich auch zu meinem Plan.“

Kapitel 31: Gift und Dolche
     

    „ Sie sind ja nicht ganz dicht!“, rief Egon Stubenfeuer, als er den Spalt zwischen Mauerwerk und Absperrung sah. „Und wie sollen wir überhaupt über den Zaun kommen?“
    „ Nicht über – durch. Geben Sie mir mal die Eisensäge.“
    „ Dafür sollte ich die mitschleppen?“
    „ Na klar!“
    „ Also, das ist

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