Infektion - Tripp, B: Infektion - Rise Again
gesprenkelt. Das Motorrad wankte wie ein verwundeter Büffel und fiel dann um. Nach etwa zwanzig Sekunden hallte das Echo von den Bergen zurück.
Danny konnte hinter sich Leute rennen hören, wahrscheinlich Überlebende, die versuchten, aus dem Schussfeld des verrückten Sheriffs zu kommen. Sie vermied es, sich nach Ted umzuschauen, und ging zu dem Motorrad, das am nächsten stand. Dann rief sie: » Haben Sie das gehört? Jetzt habe ich hier ein Motorrad, das aussieht wie ein 1000 Sportster Chopper aus den frühen Siebzigern mit einem Adler auf dem Tank. Ich zähle bis drei, weil ich annehme, dass Sie nicht höher zählen können. Eins.«
Sie konnte hören, wie noch mehr Leute davonrannten, und irgendjemand weinte. Es klang wie Marias Stimme.
» Zwei.«
Danny lud durch. Es machte ein lautes, muskulöses Geräusch. Als sie den Lauf auf den Chopper richtete, fragte sie sich, ob die Waffe absichtlich so konstruiert worden war. Es war jedenfalls genau das, was sie brauchte.
» Nicht schießen! Um Himmels willen, nicht schießen!« Die Stimme kam von einem Lagerschuppen in der Dunkelheit.
Ein riesiger Biker trat ins Licht. Er hatte einen dicken Bauch, Hände wie Baseball-Fängerhandschuhe und einen zehn Zentimeter langen Kinnbart. Seine Lederkombi war alt und brüchig. Kein Stadt-Biker wie der Tote. Er war ein Outlaw, so stark, wie Wulf es in seinen besten Zeiten gewesen sein musste. Doch er hatte Angst und die Hände mit den fingerlosen Handschuhen erhoben. Danny drehte sich zu ihm herum, die Waffe auf den Boden gerichtet.
» Haben Sie uns nicht kommen hören, Easy Rider?«
» Mein Gott, Billie Jean!«
» Wer ist Billie Jean?«
» Sie haben sie zerschossen.«
Der große Mann wollte zu dem Motorrad hinübergehen, doch Danny stellte sich ihm in den Weg. In den Satteltaschen konnte eine Waffe stecken. Der Biker rieb sich das Gesicht mit beiden Händen, legte dann einen Finger an die sonnenverbrannte Nase und schnäuzte sich geräuschvoll.
» Verdammt, spielt wahrscheinlich sowieso keine Rolle mehr.«
» Auf die Knie, Hände hinter den Kopf«, befahl Danny und ging auf den großen Mann zu. Sie nahm ihre Handschellen hinten vom Gürtel, die Waffe an der Hüfte und die Mündung auf die Taille des Bikers gerichtet. Er ließ sich mit erhobenen Händen auf die Knie sinken, doch er war jetzt wütend.
» Was zum Henker gibt Ihnen das Recht …?«
» Mord.«
Danny trat hinter ihn, zog einen vernickelten Revolver aus dem breiten, beschlagenen Gürtel und warf ihn in Richtung Wulf und Troy.
» Wurde damit geschossen?«, fragte sie und ließ die Handschellen um die Handgelenke des Bikers zuschnappen.
Wulf hob die Waffe auf und schnupperte daran.
» Ganz sicher.«
» Denken Sie etwa, ich hätte Mike getötet?«, brüllte der Biker plötzlich. Danny trat vorsichtshalber ein Stück zurück. » Sie glauben, ich habe ihm das angetan?« Er war außer sich, und sein Gesicht hatte die Farbe von rohem Fleisch angenommen. Er drehte sich um und sah Danny mit vor Hass schimmernden Augen an. Auf seinen Lippen war Speichel. » Ernie! Ernie, du arroganter Katzenficker! Komm gefälligst raus!«
Danny drehte sich zur Seite, um sowohl den Biker als auch den Teil der Dunkelheit, auf den er die Stimme gerichtet hatte, im Blick zu haben, dort, wo die Autowracks hinter der Tankstelle standen. Sekunden später tauchte eine seltsame Gestalt aus der Nacht auf, ein klapperdürrer Mann mit einem langen, gebeugten Körper wie ein Wiesel. Er trug eine zerbeulte Bibermütze mit Federn am Band, eine Lederweste im Cowboystil und kein Hemd. Auf den dünnen Armen zeichneten sich die Venen ab, und sein Gesicht sah viel älter aus als der Rest seines Körpers. Er trug eine Brille mit dicken Gläsern, die seine Augen wie ein Goldfischpaar aussehen ließen. Er hielt die Hände gerade hoch genug, um zu zeigen, dass er nichts darin hatte.
» Topper ist in Ordnung«, sagte Ernie mit hoher, pfeifender Stimme. » Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
Wulf trat hinter Ernie und hielt ihn allein durch seine Nähe unter Kontrolle.
» Aufstehen!«, sagte Danny.
Der große Mann namens Topper hievte sich auf die Beine und ging, ohne sie zu beachten, zu Mikes Leiche. Er grummelte leise vor sich hin. Er kniete sich neben seinen toten Kameraden und nahm die gefesselten Hände herunter. Dann schob er ehrfürchtig den Ärmel des Toten zurück und zog ein Tuch am Handgelenk weg, wo eine tiefe Wunde zum Vorschein kam, in der Danny Sehnen und Knochen erkennen konnte.
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