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Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Schleier. Obwohl sie mir von dem Augenblick an, als ich auf die Leinwand sah, gegenübergesessen hatte, überkam mich mit einem Mal das schreckliche Gefühl, als hätte sie sich just in dieser Sekunde zu mir gewandt und laut gesprochen. Der Geschmack von altem Metall schlich sich in meinen Mund, und mein Herz begann heftig zu klopfen. Was dort an der Wand hing, war kein Gemälde, sondern ein Spiegel. Das Gesicht, das mir von der Leinwand entgegenblickte, war mein eigenes. Der Körper ebenfalls: meine Füße, meine Hüften, meine Brüste, meine Schultern, mein Hals. Doch es waren die Augen, die mich festhielten, die toten Augen – sie hielten mich gepackt und schleuderten mich in einen Alptraum, dem zu entkommen ich Tausende von Meilen gereist war. Unvermittelt erfüllte lautes Chinesisch den Raum, doch ich verstand kein Wort. Meine Kehle war wie zugeschnürt, und ich konnte weder schreien noch atmen.

2
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    D reizehn Monate zuvor hatte meine Zwillingsschwester Jane an einem heißen Sommermorgen ihr Haus in der St. Charles Avenue in New Orleans verlassen, um ihre täglichen drei Meilen durch den Garden District zu laufen. Ihre beiden kleinen Kinder warteten zusammen mit dem Kindermädchen zu Hause, zuerst friedlich, dann zunehmend ängstlicher, als die übliche Abwesenheit der Mutter länger dauerte als alles, woran sie sich erinnern konnten. Janes Ehemann Marc arbeitete in seliger Ahnungslosigkeit in seiner Kanzlei in der Stadtmitte. Nach neunzig Minuten rief das Kindermädchen in seinem Büro an.
    Wohl wissend, dass einen Block jenseits des Garden District die unsicheren Gegenden anfingen, verließ Marc Lacour augenblicklich das Büro und fuhr auf der Suche nach seiner Frau durch die Straßen der Nachbarschaft. Er fuhr jeden einzelnen Block zwischen Jackson Avenue und Louisiana ein Dutzend Mal ab. Danach lief er sie zu Fuß ab. Er verließ den Garden District und befragte in den benachbarten Straßen jeden, dem er begegnete, jeden Schattenhocker, jeden Dosentreter, jeden Crackdealer und jeden Obdachlosen. Niemand hatte etwas von Jane gesehen oder gehört. Marc war ein bekannter Anwalt, und so rief er bei der Polizei an und nutzte seinen Einfluss, um eine massive Suche in die Wege zu leiten. Die Polizei fand nichts.
    Ich war in Sarajewo, als Jane verschwand, und schoss eine Serie über die Auswirkungen des Krieges. Ich brauchte zweiundsiebzig Stunden, um nach New Orleans zu gelangen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits das FBI auf der Bildfläche erschienen und hatte das Verschwinden meiner Schwester in einen weit größeren Fall eingegliedert, der im FBI-Jargon NOKIDS hieß, für »New Orleans Kidnappings«. Wie sich herausstellte, war Jane die fünfte in einer rasch wachsenden Gruppe verschwundener Frauen, ausnahmslos aus der Gegend von New Orleans. Nicht ein Leichnam war bisher gefunden worden, und so wurden die Frauen eingestuft als Opfer eines »Serienkidnappers«, wie das FBI es nannte. Es war eine Beschönigung der schlimmsten Sorte. Nicht ein Verwandter hatte eine Lösegeldforderung erhalten, und in den Augen eines jeden Cops, mit dem ich redete, sah ich die grimmige, unausgesprochene Wahrheit: Jede der verschwundenen Frauen war vermutlich tot. Doch ohne Beweise, ohne Tatorte, ohne Zeugen und ohne Leichen waren selbst die Beamten der berühmten Ermittlungs-Unterstützungs-Gruppe des FBI, der Investigative Support Unit in Quantico, machtlos. Die Spur war kalt. Und obwohl weitere Frauen verschwanden und dies noch immer tun, sind weder das FBI noch die Polizei von New Orleans bis heute auch nur einen Schritt weitergekommen, was das Schicksal meiner Schwester oder irgendeiner der anderen Frauen angeht.
    Ich sollte eine Erklärung einschieben: Nicht ein einziges Mal seit dem Verschwinden meines Vaters in Kambodscha hatte ich das Gefühl, dass er wirklich tot war und diese Welt verlassen hatte, nicht einmal nach dem allerletzten Bild auf seinem Film, das die Pistole des Roten Khmer zeigt, die genau auf sein Gesicht zielt. Es geschehen immer wieder Wunder, besonders im Krieg. Aus diesem Grund habe ich in den vergangenen zwanzig Jahren Tausende von Dollars für Versuche ausgegeben, meinen Vater zu finden, genau wie viele andere Angehörige von im Vietnamkrieg verschollenen Soldaten. Ich habe meine Ersparnisse fürs Alter Trickbetrügern und Dieben förmlich in den Rachen gestopft, alles in der schwachen Hoffnung, dass eine Spur unter all den Hunderten sich als die richtige herausstellen könnte. Auf gewisse Weise war

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