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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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auf ihren Arm und dann...
    klack! klack! klack!
    … tackerte er die Wunde zu.
    »Verdammt! Das tut weh!«
    Seinem Gesicht war eindeutig anzusehen, dass der Arzt und Wissenschaftler in ihm vor einem absoluten Rätsel stand; er weigerte sich anzuerkennen, was er doch mit eigenen Augen sah. »Das Klügste, was wir machen können, ist einfach hier zu bleiben …«
    »Das können wir auf keinen Fall!«
    »… und abzuwarten, bis die Halluzinationen, oder was auch immer das ist, nachlassen. Dann lassen wir einen Drogentest machen und warten mal ab, was in unserem Blut so herumschwimmt. Das hier muss eine Halluzination sein, Cassie. Es gibt keine andere Erklärung.«
    O doch, die gibt es …
    »So, jetzt noch einen Verband über die Naht.« Doch er runzelte die Stirn, als er merkte, dass das Medikamentenschränkchen mit einer Ziegelwand verschmolzen war, auf der ein Schild mit der Aufforderung prangte: VERDORBENES BLUT BITTE HIER ENTSORGEN. Irgendwie bekam er die Schranktür dennoch auf und holte eine Mullbinde heraus. »Ich verbinde dich noch kurz, und dann rufen wir die Giftnotrufzentrale.«
    »Nein! Wir müssen abhauen! Ich erzähl dir später, was hier los ist!«
    Ein vertrauter, merkwürdiger Druck baute sich auf, gefolgt von einem kalten Schauer. Sie blinzelte R.J. an, sah, wie er etwas zwischen den Fingern zerrieb. Ein trockenes Blatt.
    »Was hast du da?« Sie hielt inne und bemerkte noch etwas anderes. In dem ganzen Tumult hatten sich an R.J.’s Arztkittel die oberen Knöpfe geöffnet. Sie konnte seine nackte Brust sehen, und darauf noch etwas anderes.
    Er trug eine Kette um den Hals, von der ein dunkelvioletter Stein in Form eines umgedrehten V hing.
    Ein Tarnstein , wurde ihr klar. Genau wie der von Angelese.
    Er las in ihren Augen, dass sie es bemerkt hatte, und berührte den kleinen seltsamen Stein. »Scheiße. Sieht so aus, als hättest du mich schnell durchschaut. Das ist jetzt aber auch egal. Es gibt nur einen Weg, wie Angelese den Abwehrzauber brechen kann, und dazu fehlt ihr die Stärke.«
    Seine Stimme wurde tiefer, während er sprach, und rutschte in eine Oktave, die eindeutig nicht menschlich war. Er betastete ununterbrochen den Stein, wie eine Frau unbewusst mit einer Kette spielen würde, die ihr viel bedeutet. »Willst du es sehen? Ach zum Teufel, warum nicht?«
    Er nahm die Kette ab.
    Die Farbe des Lichtes, das R.J.’s Kopf umstrahlte, war unmöglich zu beschreiben. Es war gleichzeitig hell und dunkel: die Gloriole eines Gefallenen Engels. Ohne den Tarnstein konnte man seine Flügel voll entfaltet sehen, mit einer Spannweite von etwa sieben Metern; doch es waren nur Knochen davon übrig, überhaupt keine Federn. Die Federn waren alle verbrannt, als er vor langer, langer Zeit in Ungnade fiel. Das Knochengerüst war schwarz verkohlt und darin eingeritzt waren Hieroglyphen und Ziffern und die merkwürdigsten Buchstaben einer vormenschlichen Sprache, so wie manche Leute sich Namen auf den Gipsarm schreiben lassen.
    Cassie starrte ungläubig in das Licht dieses furchtbaren Wesens.
    »Gott schickt Seine Vertreter, wir schicken unsere«, sagte R.J. Er zerkrümelte immer noch die laubartige Substanz zwischen seinen Fingern und ließ Stückchen davon zu Boden rieseln. »Und hier kommt auch schon unser Taxi.«
    Der Druck im Raum wurde immer stärker, und dann vernahm sie das vertraute Geräusch eines Nektoports:
    Ssssssssssssssssssssssssssssssssss-ONK!
    Der neongrüne Kreis, wie ein Lichtfleck, tauchte urplötzlich auf und waberte im Zimmer umher. Cassie bekam ein flaues Gefühl im Magen.
    R.J. zeigte ihr, was er aus dem Medikamentenschrank genommen hatte: vier kleine, sterile Päckchen, in denen ganz sicher keine normalen Mullbinden waren.
    »Das sind fertige Aderpressen«, erklärte er. »Für Notamputationen.«
    Und nun hielt er etwas anderes in der Hand: eine Knochensäge. »Es ist mir nicht gestattet, dich zu töten – obwohl ich das wirklich zu gern täte«, fuhr er mit rostiger Stimme fort. »Ich will dein ätherisches Blut trinken, ich will deine Haut abziehen und damit meine Flügel schmücken. Ich will dir das Fleisch von den Knochen saugen. Aber ich darf nicht. Meine Mission ist es, dich in Gewahrsam zu nehmen, und sobald dieser Nektoport sich öffnet, werde ich genau das tun.«
    Der schwebende Kreis wuchs und wuchs, breitete sich zu einer zuckenden ovalen Form aus, die schon bald den Einstieg bilden würde.
    Keine Angst, keine Angst, keine Angst , dachte Cassie wieder und wieder. Sie musste

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