Inferno - Höllensturz
sie den Satz zu Ende sprach, erwachte das Umbraphantom wütend zum Leben, und seine langen Klauen erhoben sich vom Boden.
Bösartige Freude erfüllte seine Stimme: »Ich danke dir!«, jubelte er. »Jetzt darf ich dich endlich in Stücke reißen!«
IV
»Du bist … sehr hübsch«, bemerkte der Gefallene Engel. Er hatte bereits die vorgefertigten Aderpressen an ihren Armen und Beinen angebracht, die langsam taub wurden. Seine Hand strich über ihren Bauch, dann hoch zu ihrer Wange. Cassie konnte dank des Lähmungszaubers nicht einmal zusammenzucken. Ihr Abscheu und ihr Hass kochten innerlich in ihr, doch sie blieb machtlos gegen dieses Wesen, dessen Kräfte den ihren scheinbar überlegen waren.
Hinter ihnen hatte sich der Einstieg des Nektoports bereits vollständig geöffnet. Damit, das wusste Cassie, würde er sie an einen sicheren Ort in der Mephistopolis bringen, wo der Herrscher der Stadt und seine Vasallen mit ihr tun könnten, was immer sie mit ihr tun wollten; sie würden ihre Kräfte mit okkulter Wissenschaft an sich reißen, um ihr unbekanntes Ziel zu erreichen. Sie würde Lissa niemals wiedersehen. Sie würde niemanden jemals wiedersehen.
Gott, hilf mir , betete sie, doch was sollten Gebete ihr jetzt noch nutzen? Cassie wusste, dass es einen Gott gab, doch warum sollte Gott irgendetwas für sie tun? Ich habe nie etwas für ihn getan , erkannte sie in diesem Augenblick, und bereute es zutiefst.
Und eine noch dunklere Ahnung überkam sie: Vielleicht konnte Gott gar nichts für sie tun, selbst wenn Er wollte. Vielleicht verlor Gott wirklich manchmal seine Schlachten.
»Stimmt, Cassie«, bemächtigte sich R.J. ihrer Gedanken. »Er verliert so katastrophal, dass es schon komisch ist. Und Er hat es verdient. Sagen wir mal so, Er ist nicht gerade scharf auf Demokratie. Wir hatten andere Ideen, aber Er hat uns rausgeworfen.«
»Ihr habt euch doch zuerst von Ihm abgewandt, oder etwa nicht?«, brachte Cassie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Der Gefallene Engel funkelte sie zornig an.
»So war es doch. Er gab euch etwas, aber ihr habt euch trotzdem von Ihm abgewendet.«
Die Adern auf R.J.’s Stirn traten hervor.
»Für mich klingt das, als habe Gott euch ein großes Geschenk gemacht, und statt euch zu bedanken habt ihr Ihm den Mittelfinger gezeigt. Anstatt dankbar zu sein, habt ihr gesagt: ›Leck mich, Gott. Ich will mehr.‹«
Die Hände des Gefallenen Engels bebten vor kaum verhohlener Wut, als sie sich um Cassies Hals schlossen. Sein Gesicht hatte sich dunkelrot verfärbt.
Cassie lächelte – ein schwaches Lächeln, doch ein Lächeln immerhin. »Ich bin froh, dass Er euch rausgeworfen hat«, flüsterte sie. »Ich hoffe, eure Qualen und euer Elend und euer Schmerz dauern noch ein paar Millionen Jahre.«
Seine Hände schüttelten weiterhin ihren Hals, doch dann lösten sie sich von ihr. »Nichts, was du sagst, bringt mich dazu, meinen Eid zu brechen. Du machst dir ja keine Vorstellung. Du willst, dass ich dich töte, aber das werde ich nicht tun. Nein, ich werde dich zu ihm bringen, wie ich es versprochen habe. Wenn er mit dir fertig ist, wenn er die Welt der Lebenden zu dem gemacht hat, was sie schon immer hätte sein sollen. Und wenn du ausgezehrt und leer und nutzlos bist, vielleicht überlässt er dich mir dann … Oder sollte ich sagen: das, was von deinem Körper dann noch übrig ist.«
Er führte die Knochensäge an ihr Bein, direkt unterhalb der Aderpresse. »Ich werde das genießen«, sagte er und setzte die Schneide an.
Plötzlich zischte seine Kopfhaut. Es klang wie ein rohes Steak, das auf einen glühend heißen Grill gelegt wird. Heulend machte er einen Satz, seine Kopfhaut löste sich von seinem Schädel, als trüge er eine Mütze, die ihm jemand wie im Scherz vom Kopf gezogen hatte.
Dieser Jemand war Angelese.
Cassie sah zu ihr und R.J. auf, doch sie konnte sich immer noch nicht bewegen. Auf Angeleses Gesicht glühten frische Wunden. Vier tiefe Striemen. Doch sie lächelte ganz ruhig und kniete sich dann vor R.J. hin, der zitternd auf dem Boden lag. »Stimmt, ihre Tricks funktionieren bei dir nicht, aber meine Kniffe schon. Du schneidest also Leuten gerne die Arme und Beine ab?« Sie packte R.J.’s Oberarm und ihre Hand brannte sich durch Fleisch und Knochen. Der Arm fiel ab. Seine Schreie brachten das Fundament des Gebäudes zum Schwanken, als sie dasselbe mit seinem anderen Arm und dann mit seinen Beinen machte. Das Fleisch zischte, Rauch stieg auf.
»So«, sagte
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