Inferno - Höllensturz
will nur dein Blut. Es wird ihm ermöglichen, die Welt zu ändern. Ob du es ihm gibst oder nicht … tja … das hängt nur von dir ab.«
»Ich verstehe nicht.«
»Triff deine Wahl. Jetzt.«
Walter blickte verständnislos die beiden massigen Dämonen an. »Ich kann nicht gegen diese Kerle kämpfen. Und selbst, wenn ich es könnte, da sind noch hundert andere hinter ihnen.«
»Triff deine Wahl«, wiederholte Namenlos. »Jetzt.«
»Schick die Seele dieser Wahrsagerin in den Körper eines Wurms«, befahl der erste Dämon. Der zweite hob langsam den Hammer über den Kopf.
»Lass sie in Ruhe!«, schrie Walter.
Der Dämon explodierte. Es klang wie eine Haubitze. In Sekundenbruchteilen wurde der Körper in unzählige schwarze Stücke zerfetzt. Selbst der Hammer flog in die Luft.
Dasselbe passierte mit dem anderen Dämon, im selben Moment, als er sich mit dem Netz auf Walter stürzen wollte. Die Straße wurde von Kanonendonner erschüttert.
Was zum Teufel? , dachte Walter. Seine Knie zitterten und die Ohren schmerzten von dem lauten Knall. Namenlos lächelte ihn von unten her an.
»Mach dich bereit«, flüsterte sie.
»Ergreift ihn!«, bellte eine schwarze Stimme, gefolgt von tosendem Gebrüll. Walter machte sich in die Hose, als er beide Regimenter auf sich zustürmen sah.
»Walter«, sagte Namenlos. »Du glaubst, die sind schlimm? Zeig ihnen mal, was wirklich schlimm ist.«
Walter legte seine Hände auf die Augen und seine Stimme krächzte wie im Stimmbruch. »Scheiße: VERRECKEN SOLLT IHR!«
Explosionen tobten an beiden Enden der Straße, wie bei einer Flächenbombardierung. Die Erschütterung warf Walter zu Boden, und die Häuser auf beiden Seiten der Straße erbebten. Der Asphalt brach in großen Brocken auf, wie bei einem plötzlichen Erdbeben. Die Dämonen wurden vom Schutt verschlungen und zu Brei zermahlen. Arme, Beine und Köpfe, Stiefel, Helme und Brustpanzer flogen hoch in die Luft und regneten dann wieder herab, zusammen mit einer Flut dämonischen Blutes.
Dann herrschte totale Stille.
Der einzige Teil der Straße, der unversehrt geblieben war, war die unmittelbare Umgebung von Walter und der Kopf von Namenlos. Walter saß über den Kopf gebeugt da. Seine Zähne klapperten, und er war völlig verstört.
»Du kannst jetzt wieder aufstehen, Walter«, sagte Namenlos.
Walter gehorchte mit wackligen Beinen. Auf beiden Seiten der Straße lagen nun bergeweise Schutt und Gedärme.
»Hab ich das etwa gemacht?«, fragte er mit brüchiger Stimme.
»Ja.«
»Hab ich die Prüfung bestanden?«
»Genau wie jede andere Prüfung, die du je abgelegt hast, Walter. Du hast einhundert Punkte. Gratulation. Du bist ein wandelnder Fleischwolf.«
Er riskierte einen Blick auf die Überbleibsel des Gemetzels. Zuckende Körperteile, zerquetschte Leichen. Dampf stieg aus den Abfallhaufen empor. Das ist also das Geheimnis , überlegte er. Das Geheimnis zur Entfesselung der Ätherkräfte. Selbstvertrauen . Im allerletzten Bruchteil einer Sekunde hatte er seine Ängste freigesetzt und an sich selbst geglaubt.
Benommen betrachtete er sein zerstörerisches Werk und dachte nach. »Ich könnte hier unten ernsthaften Schaden anrichten.«
»O ja, das könntest du. Aber ist das wirklich dein Schicksal?«
»Vermutlich nicht, wenn du schon so fragst.«
»Schicksal ist wie Bestimmung, Walter«, erklärte Namenlos. »Man muss nicht danach suchen, sondern man wird davon gefunden.«
Nimm dein Schicksal an , erklangen die Worte in seinem Ohr. Namenlos fest unter den Arm geklemmt, begann Walter, über die Schutt- und Leichenhaufen zu klettern und zur Hauptstraße zurückzulaufen. Aus den Fenstern der umliegenden Gebäude beugten sich Höllenbewohner heraus und johlten und pfiffen und applaudierten. »Gott sei mit dir, Sohn des Äthers!«, trompetete eine Stimme.
Walter sah ehrfürchtig zu den Dämonen und Menschen auf, die ihm zuwinkten und ihm gute Wünsche zuriefen.
»Sieh dir das an, Walter«, sagte der Kopf. »Du bist ein Star.«
Ja … Er winkte zurück, dann kletterte er weiter über die Leichen. »Ich schätze mal, ich muss gar nicht fragen, wohin wir als Nächstes gehen, was?«
»Worin auch immer unsere Bestimmung liegt, sie wird uns finden«, erwiderte Namenlos.
KAPITEL DREIZEHN
I
»Das sind Armilushybride«, sagte Angelese. Sie hatten den Nektoport verlassen und versteckten sich hinter dem Wachturm vor dem fensterlosen Kalksteinbau, den man als die Infernalen Archive kannte. Das Gebäude türmte sich mehr als
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