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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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erleben. Für meinen Meister opfere ich mich, für seinen Ruhm. Betrachte dich als privilegiert …«
    Der Rauch zog sich weiter zurück, man konnte nun zahllose große Insekten mit schweren Panzern auf dem Boden herumhuschen sehen. Doch das waren keine Insekten, die sie jemals auf der Erde gesehen hatte. Das zentrale Archiv der Bibliothek war aufgerissen worden, und zum Vorschein kam eine Art Tresorraum. Die massive Stahltür mit den vielen Schlössern und Riegeln war durch einen fachkundig beschworenen Hitzezauber geschmolzen worden. Ein Hightech-Tresorraum in einer solchen Bibliothek? Gary hatte tatsächlich Recht gehabt: Diese Bücherei war nur eine Fassade. Für ein paar alte Landkarten brauchte man sicher keinen solchen Tresor. Aber was wurde hier wirklich gelagert?
    Penelope sollte es nie herausfinden. Angst und ein partieller Wahnsinn zwangen sie dazu, wegzulaufen. Sie verschwand in einer weiteren Rauchschwade, die schlimmer stank als ein halb verrottetes Massengrab. Doch vielleicht hatte sie das Glück jetzt auf ihrer Seite: Sie kollidierte mit einer Tür, und als sie mit blutiger Nase aufsah, entdeckte sie das Schild, das ihr das Leben retten würde: AUSGANG TREPPENHAUS. Gott sei Dank! Sie riss die Tür auf und stürmte die Treppe hinauf.
    Dann schrie sie.
    Ein grüngesichtiger Dämonenjunge saß auf dem ersten Treppenabsatz; er grinste durch verfaulte Reißzähne auf sie herab. Bebend injizierte er sich eine lange Nadel ins Nasenloch. Er war ein Zap-Süchtiger, die Höllenversion eines Junkies. Als die Nadel im Gehirn angekommen war, drückte er die Droge langsam durch die Spritze, seufzte und sank glückselig in sich zusammen. Zap war die Lieblingsdroge in der Mephistopolis, ein okkultes Heroin aus Höllenkräutern, das in Dämonenfürstenurin aufgebrüht und danach in Destillierungsbottichen zu einem zähen Brei verkocht wurde.
    Ihr Magen zog sich zusammen, doch Penelope stieg über den Jungen hinüber und wollte gerade die restlichen Stufen nehmen, da schrie sie wieder aus Leibeskräften, als etwas von oben auf sie zustürmte. Der Name Fäkamann war wirklich ausgesprochen treffend. Eine menschenähnliche Kreatur, die sich aus verhextem dämonischem Abfall zusammensetzte. Zwei lidlose Augen in einem matschig braunen Gesicht; zwei schlaffe Hände wedelten in der Luft herum. So unbeholfen er auch wirkte, packte er sie mit erstaunlicher Behändigkeit, umarmte sie und zog sie ganz nah an sein aus Exkrementen modelliertes Gesicht. »Küsschen-Küsschen«, gluckste er, »Küsschen-Küsschen …« Sie kam nicht dazu, sich zu übergeben, denn schon legte sich der Mund des Wesens über ihren. Würgend presste sie die Lippen zusammen, doch das half nichts. Die Zunge arbeitete sich schlängelnd in ihren Mund. Penelope wurde beinahe ohnmächtig vor Ekel. Purer Instinkt ließ sie die Zähne zusammenbeißen, wobei sie die Fäkalzunge abtrennte. Sie spuckte sie aus und ließ einen weiteren Schrei los. Der Fäkamann brüllte mit, die Augen entsetzt aufgerissen. Panisch schob sie sich an der Scheußlichkeit vorbei und jagte die restlichen Stufen hinauf.
    Oben angekommen, brach sie in der Eingangshalle zusammen. Hier war der Rauch viel weniger dicht, und sie konnte die unfassbaren Veränderungen besser erkennen. Die vertraute Halle mutierte zu etwas völlig anderem. Völlig absurde Wände schienen mit den normalen Wänden der Eingangshalle zu verschmelzen. Teile des polierten Fliesenbodens waren von einer Art Rinnstein überzogen worden, nur dass der Rinnstein verpestet war von Körperteilen und unbeschreiblichem Müll. Sie bemerkte sogar einen Gully in diesem jenseitigen Rinnstein; Schwefelflammen leckten durch das Gitter und … war das etwa ein Gesicht da unten, das gequält heraufsah? Ihr Herz raste, sie wandte sich zu der gläsernen Eingangstür, doch die war zerborsten. Panisch stürzte sie hindurch in die Nacht hinaus. Doch da waren nicht der Parkplatz und der lange Gras bewachsene Hügel, die sie erwartet hatte. Der Parkplatz war noch da, das schon, und auch ihr Kleinwagen stand auf dem üblichen Platz. Doch der ganze Asphalt war aufgewölbt, als hätte sich eine seismische Platte durchgebohrt. Und noch andere Dinge hatten sich durchgebohrt – unmögliche Dinge: riesige Gebäude aus Backstein und Eisen, Wolkenkratzer mit merkwürdigen Fenstern, die sich so hoch in den Himmel schraubten, dass sie das Ende nicht erkennen konnte. Lebendige Gargoyles schlichen auf den Simsen herum und sahen herab. Eine Straße umgab

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