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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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ganz sicher war, glaubte Penelope, Gestalten in den Schwaden zu erkennen. Gedrungene Gestalten, wie zusammengekauerte Wesen. Dann hörte sie Gebrüll, Schüsse aus Handfeuerwaffen und ein langes, durchgehendes Geräusch, das man nur als Meckern beschreiben konnte.
    »Der Aufzug geht nicht!«, schrie Gary. Er hielt sie an der Hand fest. »Wo ist die Treppe?«
    Penelope wandte sich um, zog ihn in die Richtung, in der sie die Treppe vermutete, und …
    RUMMS!
    Sie war frontal mit dem Gesicht in eine Mauer gerannt und fiel flach auf den Rücken. Gary tastete im Rauch nach ihr, um ihr aufzuhelfen. Penelope wusste nur eines: diese Wand … war vorhin noch nicht da gewesen. Sie schien aus dem Hauptgang herauszuragen, nach vorne geneigt, und nachdem Penelope wieder einigermaßen zu sich gekommen war, sah sie genauer hin und fuhr mit der Hand darüber. Die Wand schien aus dickem Beton zu bestehen, nur dass der Beton verfärbt war und …
    »Was ist …«, begann sie.
    »Was, zum Henker, ist das?«, brüllte Gary. Selbst aus seinem Mund drang der ekelhafte Rauch. Er hatte es auch bemerkt. »Diese Wand war vor fünf Minuten noch nicht da!«
    »Das muss eine Art Brandmauer sein«, vermutete Penelope.
    Gary zuckte zusammen. »Das ist keine Brandmauer. Das hier ist Beton, und da drin …« Wieder erstarben ihm die Worte auf den Lippen, als er die raue Oberfläche berührte. Inzwischen sah Penelope es auch. Unter den »Beton« gemischt waren Knochenstücke – Gelenke, Rippen, Fingerknochen, alles Teile menschlicher Skelette. Auch viele Zähne, glitzernd mit silbernen und goldenen Füllungen. Sie ließ den Blick über die Wand schweifen und schrie auf.
    »Heilige Scheiße!«, stöhnte Gary.
    Kopf und Schultern eines Mannes ragten aus der seltsamen Wand heraus, als wäre er zur Gänze darin eingemischt worden. Er zuckte, war noch am Leben, das Gesicht vor Schmerz verzerrt. Er schien etwas auf Latein oder Italienisch zu murmeln. Dann schrie auch er und spuckte Blut. Es gab nichts, was sie für ihn tun konnten. Das Letzte, was Penelope auffiel, war allerdings das Hemd, das er trug. Eine blaue Uniform mit Schulterklappen und einem bestickten Aufnäher: AHRENS SECURITY.
    Wieder hörte man ein Meckern durch den immer dichter werdenden Rauch dringen, neben weiteren Schüssen. Sie konnte in der Ferne helles Mündungsfeuer sehen, und einige der gedrungenen Wesen fielen offenbar nach den Schüssen zu Boden. Auch Schemen größerer Gestalten erkannte sie nun, doch konnten das wirklich Menschen sein? Menschen mit blutroten Augen in der Größe von Tennisbällen? Menschen mit Fangzähnen, scharf wie Glassplitter? Mit Hörnern auf dem Kopf?
    Zwei der Ahrens-Wachleute rannten aus dem Kesselraum, jeder ein geladenes Gewehr schwingend. Mehr von diesen Wesen drangen in den Flur vor, und als die Wachen entschlossen das Feuer eröffneten, wimmerten die Kreaturen. Missgestaltete Köpfe zersprangen, Klauenhände flogen hoch, Fontänen von Blut schossen in alle Richtungen, nur war das Blut nicht rot. Manches war schwarz. Manches erbsengrün. Der Lärm der Maschinengewehre hatte Penelope schon fast taub gemacht, sie konnte ihre eigenen Schreie nicht mehr hören. Sie quiekte noch lauter und streckte die Hand nach Gary aus, als etwas in der Größe eines Adlers direkt über ihrem Kopf entlangschwebte. Der Rauch wirbelte hinter dem Tier auf; als es über einen der Ahrens-Wachmänner hinwegflog, senkten sich seine Klauen und nahmen den Kopf des Mannes einfach mit. Penelope hatte nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit, genauer hinzusehen. Das war kein Adler – mal ganz abgesehen davon, dass ein Adler sich niemals hierher verirren könnte. Es war eine Art riesenhafter Fledermaus.
    Der zweite Wachmann knallte ein neues Magazin in sein Gewehr und ballerte weiter. Heißes Messing schoss in einem stetigen Strom aus der Kammer. Gary zog Penelope zur Seite, doch sie hatte gerade noch erkennen können, worauf der Mann feuerte: eine große, völlig regungslose Gestalt in einem weißen Umhang mit tief heruntergezogener Kapuze. Das musste ein ziemlich hochrangiger Hexer von der Hochschule für Bannsprüche und Beschwörungsformeln sein; nicht, dass Penelope das jemals erfahren würde. Die Kugeln, die auf die weiße Gestalt zuflogen, schienen sich zu verlangsamen und mitten in der Luft aufzulösen. Zwei weitere, ähnlich aussehende Gestalten – diese aber in schwarzen Umhängen – verbrannten den abgetrennten Kopf des ersten Wachmanns über einer reich verzierten

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