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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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soll.«
    »Vielleicht kann ich Sie noch mal überraschen«, fuhr Sinskey fort. »Wie ich bereits erwähnte, versammeln sich in wenigen Stunden die Leiter der wichtigsten Behörden und Institutionen der Welt in Genf. Sie werden über diese Krise diskutieren und einen Aktionsplan entwickeln. Ich kann mich nicht erinnern, dass es in all den Jahren, seit ich bei der WHO bin, ein wichtigeres Zusammentreffen gegeben hätte.« Sie richtete den Blick auf die junge Ärztin. »Sienna, ich würde Sie gerne dabei haben.«
    »Mich?« Sienna schreckte zurück. »Ich bin keine ausgewiesene Genforscherin. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.« Sie deutete auf Sinskeys Block. »Was ich Ihnen anzubieten hatte, steht alles dort in Ihren Notizen.«
    »Bei weitem nicht, Sienna«, unterbrach Langdon sie. »Jede Diskussion über dieses Virus erfordert einen Kontext . Wenn Dr. Sinskey und ihr Team angemessen auf diese Krise reagieren wollen, müssen sie dazu erst ein moralisches Rahmengerüst entwickeln. Offensichtlich sind Sie in der einzigartigen Position, etwas zu diesem Dialog beitragen zu können.«
    »Ich fürchte, mein moralisches Rahmenwerk wird die WHO nicht erfreuen.«
    »Wahrscheinlich nicht«, räumte Langdon ein. »Umso wichtiger ist es, dass Sie teilnehmen. Sie gehören zu einem neuen Schlag von Denkern, Sienna. Sie liefern Kontrapunkte. Sie können helfen, die Denkart von Visionären wie Bertrand Zobrist zu verstehen – brillanten Individuen, deren Überzeugungen so stark sind, dass sie die Dinge selbst in die Hand nehmen.«
    »Bertrand war wohl kaum der erste.«
    »Nein«, meldete sich Sinskey zu Wort. »Und er wird nicht der letzte bleiben. Jeden Monat entdeckt die WHO neue Labors, in denen Wissenschaftler in ethisch-moralischen Grauzonen forschen. Angefangen bei menschlichen Stammzellen bis hin zur Zucht von Chimären … künstlich ›gekreuzten‹ Spezies, die in der Natur nicht vorkommen. Es ist beängstigend. Die Wissenschaft macht so schnelle Fortschritte, dass niemand mehr genau weiß, wo die Grenzen gezogen werden sollten.«
    Sienna musste ihr beipflichten. Erst kurze Zeit zuvor hatten zwei renommierte Virologen – Fouchier und Kawaoka – eine extrem pathogene Mutation von H5N1 erschaffen, dem Vogelgrippe-Virus. Trotz der rein akademischen Intentionen der beiden Forscher wies ihre neue Schöpfung gewisse Eigenschaften auf, die Biosecurity-Spezialisten alarmiert und in den einschlägigen Online-Foren einen kontroversen Sturm ausgelöst hatten.
    »Ich fürchte, es wird in Zukunft noch schlimmer«, sagte Sinskey. »Wir stehen vor der Einführung neuer Technologien, die wir uns heute noch nicht vorstellen können.«
    »Und neuer Philosophien«, sagte Sienna. »Die transhumanistische Bewegung wird ihr Schattendasein beenden und in den Mainstream gelangen. Einer ihrer fundamentalen Grundsätze lautet, dass wir Menschen die moralische Verpflichtung haben, an unserer eigenen Evolution mitzuarbeiten. Wir sollten unsere Technologie dazu einsetzen, die Spezies voranzubringen und Menschen zu erschaffen, die gesünder, stärker und widerstandsfähiger sind und bessere Gehirne besitzen. Es dauert nicht mehr lange, bis all das möglich ist.«
    »Sie denken nicht, dass diese Ansätze im Widerspruch zum Prozess der Evolution stehen?«
    »Ganz und gar nicht«, antwortete Sienna ohne zu zögern. »Die Menschheit hat sich im Lauf der Millennien in winzigen Schritten entwickelt und dabei ständig neue Technologien erfunden. Sie hat gelernt, Stöcke aneinander zu reiben, um Feuer zu machen, sie hat den Ackerbau entwickelt, um sich zu ernähren, sie hat Impfstoffe entwickelt, um Krankheiten zu bekämpfen … und jetzt entwickeln wir die Werkzeuge, mit denen wir unsere eigenen Körper an die Anforderungen einer sich verändernden Welt anpassen können.« Sie zögerte. »Ich glaube, die Gentechnik ist nur ein weiterer Schritt in einer langen Serie menschlicher Errungenschaften.«
    Sinskey schwieg. Sie war tief in Gedanken versunken. »Sie glauben also, wir sollten diese neuen Werkzeuge begrüßen?«, fragte sie schließlich.
    »Wenn wir es nicht tun«, antwortete Sienna, »dann verdienen wir es genauso wenig zu überleben wie der Höhlenmensch, der lieber erfriert, weil er Angst vor Feuer hat.«
    Für eine Weile kehrte nachdenkliche Stille im Raum ein.
    Schließlich brach Langdon das anhaltende Schweigen. »Ich will nicht altmodisch klingen … aber ich bin mit den Theorien von Darwin aufgewachsen und frage mich, ob es

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