Infernoclub 2 Mein verwegener Duke
Im Grunde hatte sie sich wie die Dirne verhalten, als die Caleb Doyle sie ihm anfänglich präsentiert hatte. Vielleicht hatte Rohan entschieden, dass sie aus irgendeinem Grund nicht gut genug war für ihn.
Außerdem war ihr klar, dass sie recht seltsam wirken musste. Nur ein exzentrischer Blaustrumpf würde so viel Vergnügen daran finden, eine Bibliothek umzuräumen.
Kates Gedanken wanderten weiter, während sie die Bücher sortierte. Auch wenn ihre Stimmung nicht besonders heiter war, weil sie sich für den Kuss schämte, bot dieser Raum ihr Trost -trotz des Staubes, der in ihrer Nase kitzelte.
Das Ticken der Standuhr war ein willkommener Begleiter in der Stille, beruhigte ihre Nerven, genau wie die Tasse mit dampfendem Tee, die für sie auf dem Tisch stand.
»Oh, du gehörst nicht hierher“, sagte sie leise zu einem Band von Tacitus, der auf anderen Werken lag.
Sie zog ihn heraus und trug ihn quer durchs Zimmer zu den anderen römischen Historikern. Doch als sie dorthin zurück kehrte, wo sie den bedeutenden Römer entdeckt hatte, fiel ihr Blick auf ein Buch, das sie nicht ignorieren konnte.
Dantes Inferno.
Noch immer war sie sehr neugierig, was Rohans Beziehungen zu dem Inferno Club betraf. Inzwischen wusste sie glücklicherweise aus erster Hand, dass ihre anfängliche Theorie über die Gepflogenheit dieser Vereinigung, Jungfrauen zu entführen, nichts weiter als das Resultat ihrer überaus lebhaften Fantasie war.
Aber dann hielt sie inne, als ihr klar wurde, dass dies eine unannehmbare Situation war.
„Dante Alighieri, warum bist du hier überall im Raum verteilt?“, schalt sie und trat näher an das Regal heran, in dem sie den Autor entdeckt hatte.
Die drei Teile der Göttlichen Komödie waren achtlos in verschiedene Regale gestellt worden: das Inferno, das Purgatorium und das Paradies. Die beiden anderen Bücher hatte sie schon ausgemacht.
„Ihr solltet zusammenstehen“, murmelte sie. Kate bemerkte gar nicht, dass sie mit den Büchern sprach, als sie geschäftig die kleine Leiter zum vierten hohen Regal an der östlichen Wand schob.
Sie stellte die Bremse fest, stieg hinauf und streckte sich, um das Inferno herauszuziehen.
Und dann geschah etwas Seltsames.
Als sie den Rücken des Buches zu sich herankippte, um es ganz zu greifen, blieb es stecken. Gleichzeitig hörte sie in der Wand ein geheimnisvolles Klicken. Sie erschrak und zog mit einem leisen Aufschrei ihre Hand zurück.
Es war gar kein Buch! Es war eine Art Hebel! Sie starrte mit offenem Mund darauf, als Parker hereinstürmte.
„Alles in Ordnung, Miss?“
„Was?“ Sie drehte sich herum und versuchte, möglichst gelassen auszusehen.
„Sie haben geschrien.“
„Oh - ich wäre beinahe von der Leiter gefallen, das ist alles Sie brachte ein verlegenes Lächeln zustande.
„Brauchen Sie Hilfe beim Heruntersteigen?“
„Oh ... nein. Nein. Danke. Es ist alles in Ordnung.“
„Seien Sie vorsichtig, Miss.“
„Ja, natürlich ... das werde ich. Sie können gehen.“
Mit einem knappen Nicken kehrte Parker zu seinem Kartenspiel mit Wilkins draußen im Gang zurück. Als er verschwunden war, wandte sich Kate verwundert wieder dem eigenartigen Buch zu.
Sie vermochte ihre Aufregung kaum zu zügeln, denn durch ihre Schauerromane wusste sie Bescheid über solche Dinge! Sie hatte geglaubt, Mrs Radcliffe hätte sich all das nur ausgedacht, aber Rohan hatte recht - er lebte einen solchen Roman! Ein Schloss mitsamt Geist und Fluch - und jetzt zweifellos auch noch mit einem Geheimgang.
Kates Herz pochte wie wild. Von ihrem Platz auf der Leiter aus sah sie sich im Raum um und versuchte herauszufinden, wo sich dieser Geheimgang geöffnet hatte.
Nichts.
Vielleicht sollte sie die anderen beiden Teile von Dantes Meisterwerk genauer in Augenschein nehmen. Rasch sprang sie von der Leiter und ging dorthin, wo sie das Purgatorium entdeckt hatte. Vorsichtig zog sie an dem Buchrücken - und wieder kam das Werk nicht ganz heraus, war auf seltsame Art und Weise mit dem Regal verbunden. Auch klickte es abermals. Offenbar ein zweiter Hebel, getarnt durch dieses Buch.
Ihr Puls beschleunigte sich abermals, als sie sich bückte und nach dem dritten Band griff, dem Paradies, das vermutlich das Geheimnis lüften würde. Was verbarg sich hinter diesen Hebel-Konstruktionen? Sie zog an Dantes Werk. Diesmal jedoch hörte sie kein Klicken.
Sie runzelte die Stirn. Hm, was mache ich falsch? überlegte sie. Handelte es sich um ein Rätsel, ein Muster,
Weitere Kostenlose Bücher