Infinity Ewig Dein

noch auf dem Dach gesehen hatte, einer nach dem anderen durch das mittlerweile geöffnete Fenster sprangen und mit einer Schnelligkeit, zu der nur Vampire fähig waren, die Kühlschränke ausräumten und die Plastikbeutel mit dem Blut in großen, schwarzen Reisetaschen verstauten. Die Truppe war ein eingespieltes Team, das sah Adam. Als sie das letzte Blut verstaut hatten, kletterten sie in derselben atemberaubenden Geschwindigkeit wieder durch das Fenster hinaus.

Eve
     
    Eve starrte noch immer mit offenem Mund auf das vor ihr liegende Foto. Es war Teil eines alten Zeitungsberichts über das Ende der Depression. Der Verfasser schilderte, wie einige wenige Unternehmen es geschafft hatten, in dieser Zeit finanziell zu überleben. Das Bild, das Eves Blick gefesselt hielt, hatte anscheinend Seltenheitswert, denn der Reporter brüstete sich in dem Artikel damit, dass er es nicht nur geschafft hatte, die Grando-Báthorys zu einem Interview zu bewegen, sondern dass er sie auch zu einem Familienfoto überreden konnte. Der Schutz ihrer Privatsphäre war der Familie überaus wichtig; sie  ließen sich so gut wie nie fotografieren oder filmen. Warum sie hier eine Ausnahme gemacht hatten, erschloss sich Eve nicht sofort, aber vermutlich waren sie einfach zu stolz darauf, es quasi als Einzige geschafft zu haben, während der bis dahin größten Krise am Finanzmarkt, der großen Weltwirtschaftskrise, Gewinne zu erwirtschaften.
    Eve hatte zunächst nur in dem Artikel gelesen. Sie wunderte sich nicht, dass an mehreren Stellen in dem Text von den „raffgierigen Blutsaugern“ an der Wall Street die Rede war, denn das entsprach so ziemlich dem Bild, das sie von Brokern und Spekulanten insgesamt hatte. Erst danach betrachtete Eve das abgedruckte Foto genauer. Sie hatte selbstverständlich nicht damit gerechnet, irgendjemanden darauf zu erkennen, schließlich war das Bild 1929 aufgenommen worden. Deshalb traf es sie wie ein Schlag, als sie in der zweiten Reihe der Familienmitglieder Adam entdeckte. Er hatte eine andere, 20er-Jahre-typische Frisur und einen kleinen Oberlippenbart, aber es war trotzdem unverkennbar ihr Adam, der dort zu sehen war. Eve suchte hektisch die Bildunterschrift ab und da stand es, fast gleich zu Beginn der Zeile: zweite Reihe v. links n. rechts, die Söhne der Familie: Samuel und Adam Grando-Báthory.
    Eve holte tief Luft. In ihrem Kopf schwirrte es und ihr Herz wummerte. Das Foto war 83 Jahre alt und Adam sah auf ihm aus wie heute.
    Wie konnte das zugehen. Wie kam er auf dieses Bild?
    Eve las den Zeitungsbericht wieder und wieder. Und jedes Mal stolperte sie beim Lesen über den vielfach verwendeten Begriff „Blutsauger“. 
    Sie flüsterte in der Stille der Bibliothek das Wort vor sich hin: „Blutsauger, Blutsauger!“
    Erinnerungen drängten sich in ihr  Bewusstsein:
     
      Adam, wie er vor einem  Date mit ihr diesen dickflüssigen, roten Sirup trinkt. Adams Lippen an ihrem Hals. Adam, der aus einem Gothic-Club stürmt, nachdem Grace sich eine blutende Platzwunde zugezogen hatte. Der in sich zusammengesunkene Zach, der gerade mehrere Meter durch die Luft geflogen war.
    Wer war Adam?
    Eve holte ihr altes MacBook aus der Tasche und schaltete es ein. Sie wählte sich in das WLAN- Netz des Hunter Colleges ein, öffnete eine Suchmaske und gab den Namen „Grando-Báthory“ ein. Die ersten Ergebnisse hatten ausschließlich mit dem Bankhaus selber zu tun oder hingen in irgendeiner Form mit der Familie zusammen, aber als Eve auf der Seite weiter herunter scrollte, gab es einige Treffer, die sich nur auf Teile des Nachnamens zu beziehen schienen. Als erstes klickte sie auf den Link einer Online-Enzyklopädie, in dem der Begriff „Grando“ vorkam.
     
    Der erste bekanntere angebliche Vampir stammte aus Kroatien, aus dem kleinen Dorf Kringa in Istrien, und soll dort im Jahre 1652 gestorben sein. Er war ein Bauer und trug den Namen Jure Grando. Im Jahre 1672 soll er aus seinem Grab gestiegen sein und des Öfteren das Dorf terrorisiert haben.
     
    Eve schluckte schwer, als sie den Mauszeiger auf den nächsten Link schob, der das Wort „Báthory“ enthielt.
    Ebenso geht der vom Vampir-Mythos abgeleitete Vampirismus auch auf den Aberglauben zurück, das Trinken von Blut, als Essenz des Lebens, sei lebensverjüngend. Sehr bekannt ist in diesem Zusammenhang die als „Blutgräfin“ berüchtigte Erzsébet Báthory, die aus einer ungarischen Adelsfamilie stammte. Sie soll nach dem Tod ihres Ehemannes im Blut von