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Infinity (German Edition)

Infinity (German Edition)

Titel: Infinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Gfrerer
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wollte die Erste sein, die sich wegdrehte.
    »Achtung! Die Laborratte kommt!«
    Schwerpunktkurs Chemie. Schon für normale Montage war Chemie nicht gerade der ideale Start. Aber an diesem ganz speziell miesen Morgen hatte ihr die geballte Ladung an chemischen Formeln gerade noch gefehlt. Gleichzeitig mit Lucie bückte sie sich nach ihren Bücher und Heften. Unter dem Tisch trafen sich ihre Blicke noch einmal.
    »Dein Einfluss auf andere hat ja verheerende Auswirkungen, wie man sieht«, wisperte Lucie.
    Klara zog die Brauen zusammen. »Kannst du nicht einmal dein Lästermaul halten?«
    »Guten Morgen, die Damen!«, dröhnte über ihnen der Bass von Herrn Amann. »Könnten Sie so freundlich sein und sich und Ihre Aufmerksamkeit einen Stock höher begeben?«
    Mit roten Gesichtern tauchten beide über der Tischkante auf.
    »Schlägerbraut!«, giftete Lucie noch einmal.
    »Teufelin!«, zischte Klara zurück.
    In dieser Sache war das letzte Wort eindeutig noch nicht gesprochen. Klara glühte vor Zorn. Sie fühlte die Leere auf Jonas’ Platz wie einen körperlichen Schmerz und sie konnte sich kaum darauf konzentrieren, was Herr Amann an der Tafel vorexerzierte.
    Ein neuer Schlüssel hat eine Masse von 15,0 g. Nach einigen Jahren Verwendung im Garten besitzt er eine Masse von 18,0 g. Welche Masse Eisen wurde in Rost FeO(OH) umgewandelt?
    Während sie mechanisch die Textaufgabe in ihr Heft abschrieb, wanderten ihre Gedanken zum vergangenen Samstag zurück. Was hatte Jonas so plötzlich verwandelt? Was war in seinem Leben anders als früher? Es musste einen Auslöser geben, der diese Aggressionen in ihm geweckt hatte …
    »Nun, Fräulein Schäfer, haben Sie die Lösung gefunden?«
    Klara blinzelte in die spiegelnden Augengläser knapp vor ihrem Gesicht. Nein. Sie war meilenweit von einer Lösung entfernt. In beiden Fällen. Sie senkte den Blick auf ihr leeres Blatt Papier, auf dem sich außer der Aufgabe nur ein paar Kringel und Zick-Zack-Linien befanden.
    »Ich fühl mich nicht gut«, stammelte sie und presste eine Hand gegen ihre Stirn. »Darf ich kurz an die frische Luft?«
    Sie wartete die Erlaubnis des Lehrers gar nicht erst ab, sondern stolperte zwischen ihm und der Tischkante zum Ausgang hin. Als sie die Tür hinter sich zuzog, atmete sie ein paarmal tief durch. Wenn sie sich nicht zusammenriss, würde sie den heutigen Tag nicht überstehen. Ihr wurde bewusst, dass sie den Grund für Jonas’ Verhalten bei sich suchte.
    Lucies Gift wirkte bereits.
    Die hat doch keine Ahnung! Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass Jonas ausgeflippt ist.
    Mit dem Rücken glitt sie die Mauer entlang, bis sie auf dem Fliesenboden zum Sitzen kam. Dabei wiederholte sie den Satz wie ein Mantra vor sich hin. Nach einer Weile gingen ihre Atemzüge wieder gleichmäßig.
    »Was ist mit dir, Klara? Ist dir schlecht?«
    Frau Schenk kam mit schnellen Schritten über den Gang auf sie zu. Klara drückte sich rasch vom Boden hoch und rieb sich die eisigen Handflächen an den Oberarmen warm.
    »Geht schon wieder«, beeilte sie sich zu sagen und versuchte, dabei einen überzeugenden Eindruck zu machen.
    Frau Schenk legte ihr einen Arm um die Schulter. »Wenn du Sorgen hast, kannst du immer zu mir kommen, das weißt du doch«, sagte sie und suchte ihren Blick.
    Klara nickte, bevor sie die Augen zu Boden senkte.
    »Ich hab’s schon gehört«, sagte die Lehrerin nach einem Moment der Stille. »Die Sache mit Jonas.«
    Klaras Magen krampfte sich erneut zusammen.
    »Ich kann mir vorstellen, dass euch alle das ziemlich mitnimmt.«
    Klara rührte sich nicht. Niemand konnte sich vorstellen, wie es ihr ging. Oder wie Jonas sich gerade fühlte. Sie selbst wusste es doch nicht einmal. Schroffer, als sie es wollte, befreite sie sich aus der Umarmung.
    »Ich muss jetzt wieder hineingehen«, nuschelte sie und konnte der Lehrerin dabei nicht ins Gesicht sehen. »Sonst krieg ich einen Rüffel von Herrn Amann.« Sie versuchte ein Lächeln, war sich aber sicher, dass es nicht sehr glaubwürdig wirkte. »Danke für Ihre Hilfe«, fügte sie deswegen noch schnell hinzu. Das Letzte, was sie wollte, war, ausgerechnet die Lehrerin, die sie am liebsten mochte, vor den Kopf zu stoßen. Trotzdem schaffte sie es nicht, ihre wahren Gefühle in Worte zu fassen. Das fiel ihr schon unter normalen Umständen nicht leicht, doch heute war es ein Ding der Unmöglichkeit. Sie nickte noch einmal in Frau Schenks Richtung und flüchtete in den Klassenraum zurück.

    Kaum läutete der Gong

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