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Infiziert

Infiziert

Titel: Infiziert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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explodierten geradezu in jenem spektakulären Juwelenfunkeln, das den kommenden Winter ankündigte. Im Sommer zu sterben wäre gut gewesen. Michigan ist so grün, kaum dass man die größeren und kleineren Städte verlassen hat und sich auf einer der zahlreichen Landstraßen befindet. Die Highways im nördlichen Michigan und der Upper Peninsula ziehen sich
wie ein schmaler schwarzer Schnitt durch ein endloses Meer an Wäldern und Weideland, die sich zu beiden Seiten der Straße erstrecken.
    Weideland, Wälder, Sümpfe, Wasser … Auf der dreistündigen Fahrt vom Mount Pleasant nach Cheboyban gab es kaum größere Unterbrechungen als ein paar überfahrene Tiere und kleine Orte wie Gaylord, die direkt am Highway lagen und kurz ihre wenigen Gebäude und Autos aufblitzen ließen, bevor sie wieder verschwanden und im Rückspiegel verflogen wie die Reste eines geschmacklosen Traums, der sich in den warmen, butterweichen Wellen eines köstlichen Schlafs auflöst.
    Der Sommer war warm, jedenfalls zu Beginn. Später kam während dieser Jahreszeit die wahre Natur von Michigans Sümpfen zum Vorschein, die sich in Form von Schwüle, klebrigem Schweiß und Schwärmen von Moskitos und Kriebelmücken zeigte. Doch selbst das war kein Problem, da man nie weiter als fünf bis zehn Autominuten von einem See entfernt war. Zu Hause saugte einem das kühle Wasser beim Schwimmen durch den Mullet Lake die drückende Hitze aus dem Leib. Die Sonne knallte herab, verwandelte weiße Körper in rote, hinterließ Lichtstreifen im Auge und löste sich auf der Wasseroberfläche schließlich in Millionen unendlich hell strahlender Supernovas auf.
    Der Winter war so bedrückend, wie der Sommer perfekt war. Gewiss, auch er besaß eine eigene Art von Schönheit mit seinen schneebedeckten Bäumen, den weit sich hinziehenden Feldern, die sich in ein weißes Nichts verwandelten, das von Wäldern begrenzt und nur von wenigen Farmhäusern unterbrochen wurde, die sich weich in die Landschaft schmiegten. Doch die Schönheit vermochte nur wenig im
Vergleich zu dem, was wirklich entscheidend war – und das Entscheidende war die Kälte, die einem die Eier abfror. Oben im Norden waren die Winter spektakulär. Doch im Süden des Staates, wo die Bevölkerung unablässig wuchs, sah er die Wälder und Felder nur kurz auf dem Weg zur Arbeit. Hier sorgte der Winter für ein elendes Leben. Kalt. Frostig. Nass. Eisig. Sogar der Schnee sah schmutzig aus. Er wurde an den Straßenrand geschoben, wo er, von Kieselsteinen durchsetzt, als ein Haufen Schneematsch liegen blieb. Manchmal waren die Bäume mit zweieinhalb Zentimetern Schnee bedeckt, der auf jedem Ast und selbst den kleinsten Zweigen lag, doch meistens waren die Bäume verödet, braun, tot und leblos. Deshalb hatte er immer dafür sorgen wollen, dass er nach seinem Tod verbrannt wurde. Er konnte sich nicht vorstellen, eine Ewigkeit in der gefrorenen Erde eines Winters in Michigan zu liegen.
    Und doch spielten sich seine letzten Tage genau in diesem Michigan-Winter ab. Was konnten die Soldaten denn für ihn tun – vorausgesetzt, dass sie ihn überhaupt fanden? Wie weit wäre dieser monoton dröhnende Krebs schon fortgeschritten, der in seinem Kopf schrie wie Sam Kinison auf einem schlechten Acid-Trip?
    Er kratzte die letzten Reiskörner zusammen und schob sie sich in den Mund.
    »Ziemlich gut, was?« Er warf den Teller achtlos auf den Couchtisch. Hey, er war im Begriff zu sterben, also war es sinnlos, dieses Chaos aufzuräumen, oder? Ein verwaschenes hohes Brabbeln lärmte in seinem Kopf.
    wir schmecken nichts nur absorbieren
    Wir schmecken nichts. Ein vollständiger, korrekter Satz.
Wie hatten sie das nur geschafft? Das Vokabular der Beängstigenden Fünf wurde immer größer.
    Er lehnte sich in die vertrauten Kissen seiner Couch zurück. Sein Magenknurren wurde immer schwächer und verschwand schließlich ganz. Er starrte auf den leeren Bildschirm seines Fernsehers und fragte sich plötzlich, was er tun sollte.
    Während all dieser bizarren Ereignisse hatte er sich nie um Unterhaltung kümmern müssen. Entweder hatte er geschlafen, war ohnmächtig gewesen, hatte an sich herumgeschnitten wie ein Irrer aus einem Film von Clive Barker oder hatte mit den Beunruhigenden Fünf gesprochen. Als er das letzte Mal versucht hatte, ein bisschen fernzusehen, hatte ihn der gute alte Columbo in solche Schwierigkeiten gebracht, dass er lieber nicht daran denken wollte.
    Doch wenn der Fernseher nicht mehr in Frage kam, was sollte

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