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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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stimmt.«
    Sie war wirklich der Typ, der immer das letzte Wort haben musste, aber ich hätte mich in den Hintern gebissen, wenn ich ihr das gegönnt hätte. Ich hielt ihnen die Tür auf, und als sie hinter Kemming hinausging, sagte ich mit meinem allerliebsten Lächeln: »Wenn Sie wiederkommen, ziehen Sie doch ein hübsches Kleid an und bringen Sie ein wenig Gebäck mit oder eine Flasche Champagner, sonst lasse ich Sie nämlich ohne richterlichen Beschluss gar nicht erst hinein.«
    Jetzt wurde sie vor Wut richtig knallrot, aber ich schloss die Tür und grinste sie durch die Scheibe hindurch an.
    Am nächsten Morgen stand Ingrid wieder vor meiner Tür, diesmal zu einer christlicheren Uhrzeit, nämlich um zehn. Sie sah frisch und blühend aus. Sie trug ein moosgrünes Sommerkleid, hatte das Haar auf dem Rücken zu einem Pferdeschwanz gebunden und kaum Make-up aufgelegt, als wolle sie bei der Bewerbung als zukünftige Mutter einen seriösen und kerngesunden Eindruck machen.
    Ich bat sie, auf der Terrasse Platz zu nehmen, holte die Kaffeekanne und erkundigte mich nach Tommy.
    »Peter passt auf ihn auf. Ich wollte ihn mitnehmen, dachte dann aber, er würde vielleicht Fragen stellen, wenn er den Heuschober sieht …«
    »Die Fragen werden schon noch kommen.«
    Ingrid nickte und trank mit ernstem Gesicht von ihrem Kaffee. »Einem kleinen Kind in Tommys Alter kann man zwar erklären, dass seine Mutter weg oder sogar tot ist, aber es begreift das Endgültige der Situation noch nicht. Er wird immer glauben, gleich geht die Tür auf, und Mama kommt rein.«
    »Woher weißt du das?«
    »Aus einem Buch über Kinderpsychologie.«
    »Hast du das von gestern auf heute gelesen?«
    Ingrid errötete, als sei es ihr peinlich, bei intellektuellem Getue ertappt zu werden. »In dem Buch steht, womit man rechnen muss. Die Kinder erleben einen Rückschritt in ihrer Entwicklung, man nennt das Regression. Altere Kinder machen dann wieder ins Bett und so. Ich möchte das eben gerne wissen, um darauf reagieren zu können.« Sie lächelte vor sich hin. »Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis er Mama zu mir sagt.«
    »Ich würde das nicht erzwingen«, sagte ich. »Was hast du ihm gesagt?«
    »Noch nichts.« Sie zögerte kurz. »Ich denke, dass es einen guten Eindruck machen wird, wenn ich die Mitarbeiter des Jugendamts frage, wie ich es ihm am besten beibringen soll.«
    Ich runzelte die Stirn. »Einen guten Eindruck?«
    »Ich kann mir natürlich auch etwas ausdenken, dass seine Mutter im Himmel ist oder so.« Ihre Augen nahmen einen flehentlichen Ausdruck an. »Max, vor dir brauche ich mich doch nicht zu verstellen. Ich möchte Tommy adoptieren, und ich will alles tun, um die Chancen zu erhöhen, dass man mich akzeptiert.«
    »Dich und Peter meinst du?«
    »Ja, natürlich. Peter tut Tommy auch sehr gut.« Sie schaute mir in die Augen und errötete wieder: »Es wäre ein Segen für unsere Ehe. So, wie es jetzt ist …« Sie wandte verlegen das Gesicht ab und flüsterte: »Ich langweile mich zu Tode.«
    »Ich glaube nicht, dass das Jugendamt begeistert sein wird, wenn du sagst, dass Tommy dazu dienen soll, dir die Langeweile zu vertreiben.«
    »Ach, das weiß ich doch, und so ist es doch auch gar nicht!«, erwiderte sie heftig. »Schon vom allerersten Tag an war ich Tommys zweite Mutter. Ich habe Jennifer zur Geburt ins Krankenhaus gebracht, ich war dabei, als er geboren wurde, ich habe ihn als Baby versorgt, ich betrachte ihn schon so lange als … na ja, auch als meinen Sohn. Jennifer wäre damit einverstanden.«
    Ich lächelte sie an. »Ich gönne es dir von Herzen, aber wie ich schon sagte: Ich kann da nur wenig für dich tun.«
    »Du kannst eine ganze Menge tun, deshalb bin ich hier. Ich bekomme Besuch von einer Mitarbeiterin des Jugendamts. Sie werden sich sowieso bei den Nachbarn über uns erkundigen, aber ich möchte dich gern ausdrücklich als Zeugen angeben, wenn es dir recht ist.«
    Ich zögerte. Ich war noch immer verärgert wegen Peters unbeholfenem Erpressungsversuch, aber vielleicht wusste Ingrid nichts davon, und es wäre ungerecht gewesen, sie darunter leiden zu lassen. »Wenn du meinst, dass das hilft …«
    Sie zog einen Umschlag aus der Rocktasche. »Worum es geht, ist, dass du mein wichtigster unabhängiger Zeuge bist, der bestätigen kann, dass Jennifer ihren Sohn am liebsten in meiner Obhut wissen wollte. Du hast daneben gesessen, als sie das sagte. Wir haben uns über den Brief unterhalten, den sie mir im Flugzeug nach Aruba

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