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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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geschrieben hat.« Sie wedelte mit dem Umschlag. »Lies ihn ruhig.«
    Ich wehrte mit einer Geste ab. »Meine Zeugenaussage ist nicht rechtskräftig ohne einen zweiten Zeugen. Du warst zwar auch dabei, aber deine Aussage würde nicht gelten, weil du die profitierende Partei wärst. Der Brief kann dir vielleicht helfen, aber ich würde ihn nur dann anführen, wenn es wirklich nötig ist. Du machst viel zu viel Druck und lässt alles so konstruiert aussehen.«
    Ich sah, wie sie erschrak. Sie hatte ein neues Ziel in ihrem Leben gefunden und eine Heidenangst, irgendeinen taktischen Fehler zu begehen. »Meinst du wirklich?«
    »Die Behörden reagieren höchstens gereizt und misstrauisch, wenn du sie mit Beweisen und Argumenten nur so bombardierst. Ich würde ihnen zwar erzählen, was Jennifer gesagt hat, und dass ihr euch über den Brief unterhalten habt. Wenn du ihnen anschließend den Brief zu lesen gibst, ist das mehr als genug.«
    Ingrid lehnte sich zu mir hinüber. »Da siehst du, dass ich dich brauche. Ich habe keine Ahnung, wie ich die Sache am besten in Angriff nehmen soll.« Sie legte ihre Hand auf meine, die auf dem Terrassentisch lag. »Bist du auch nicht böse auf mich?«
    »Warum sollte ich?«
    »Na ja, wegen …« Sie machte ein viel sagende Geste.
    »Weil du nicht mehr aus dem Wasser gerettet zu werden brauchst?«
    Sie machte ein verwirrtes, unglückliches Gesicht, wie ein Schulmädchen, das mit seinem Freund Schluss macht, weil sie jemand besseres gefunden hat, sich aber gleichzeitig darüber ärgert, dass er kaum um sie trauert. »Du weißt schon, was ich meine.«
    »Jetzt mach dir mal keine Sorgen. Aber auch nicht zu viele Illusionen. Tommy hat einen Vater, und wir wissen nicht, ob Jennifer in Kontakt mit ihm stand. Vielleicht existieren sogar Vereinbarungen für Notfälle …«
    Sie nickte heftig. »Deswegen ist es mir so wichtig, dass du ihn für uns ausfindig machst. Wenn dieser Mann nicht gefunden werden will, entdeckt die Polizei ihn nie, aber du vielleicht schon. Bitte, Max!«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ob das nötig ist. Wenn er Tommy jemals anerkannt hat, ist er irgendwo als sein Vater registriert und taucht von selbst auf. Wenn das Kind ein Ausrutscher war und er nichts von ihm wissen will, bleibt er unerkannt und macht euch keine Schwierigkeiten. Er ist nicht dazu verpflichtet, Tommy als seinen Sohn anzuerkennen.«
    Ingrid biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Ich sah, wie sie grübelte und sich Sorgen machte. Ihre innere Anspannung war förmlich greifbar. »Und was ist, wenn dieser Mann es sich später einmal anders überlegt? Das liest man doch immer wieder in der Zeitung, dass die leiblichen Eltern ihre Kinder von den Adoptiveltern zurückfordern? Kannst du dir diesen Albtraum vorstellen? Tommy ist mein Sohn, er geht auf die Grundschule, und plötzlich steht ein Fremder vor der Tür, der behauptet, sein Vater zu sein und sagt, dass er seinen Sohn zurückhaben will. Ich hätte keinen Tag Ruhe.«
    Ich konnte sie durchaus verstehen. Sie hatte jetzt schon Albträume wegen irgendwelcher Komplikationen, die irgendwann einmal auftauchen konnten. »Ich werde es versuchen«, versprach ich.
    Ich hörte das Postauto und die Klappe meines Briefkastens und begleitete Ingrid den Deich hinauf, um meine Post zu holen. Die meisten Deichbewohner besaßen Standard-Stehbriefkästen von der niederländischen Post, und meiner befand sich genau neben Jennifers am Ende der Hecke.
    »Meinst du, bei der Post wissen die schon Bescheid?«, fragte Ingrid, und noch bevor ich etwas erwidern konnte, öffnete sie die Klappe von Jennifers Briefkasten und holte neben derselben grünen Postwurfsendung, wie ich sie in der Hand hielt, einen Umschlag heraus. Sie drehte ihn um und sagte: »Kramer. Kenne ich nicht.«
    Ich nahm ihr den Umschlag aus der Hand. Die Adresse war mit der Hand geschrieben, der Absender auf die Rückseite gedruckt.  J. Kramer aus Amstelveen.
    Ingrid schaute mich an. »Mach ihn ruhig auf.«
    »Das ist doch wohl eher Sache der Polizei.«
    Ingrid warf die Reklamesendung wieder zurück in Jennifers Briefkasten. »Der Polizei? Ich nehme an, Jennifer wäre es egal, ob die Polizei oder du oder ich ihn lesen. Gib ihn mir, dann mache ich es eben.«
    Kramer. Hätte der Absender anders geheißen, wäre es mir nicht in den Sinn gekommen, aber jetzt zwängte ich meinen kleinen Finger unter die Umschlagklappe und dachte an die Genugtuung, die meine Fingerabdrücke Bea Rekké

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