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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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einen war sie hundemüde von der Schufterei des Tages, zum anderen – und das war weit schlimmer – war Uli noch nicht von seinem Familientag bei Exfrau und Söhnen zurück.
    »Hallo, Elfie.« Walde legte nicht allzu viel Enthusiasmus in seine Begrüßung.
    »N Abend, Walde.« Elfie schien aus einem Halbschlaf aufzuwachen. »Wir haben heute einen neuen Rosé bekommen, den solltest du probieren.«
    Walde nickte.
    »Regnet es?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das ist Schweiß. Ich bin ein Stück gelaufen, hätte fast einen Sprayer erwischt.«
    »Ich dachte, es gibt jetzt eine Sonderkommission, die sich um die Schmierfinken kümmert.«
    »Die arbeiten nur tagsüber, nachts mach’ ich das jetzt.« Walde trank sein Glas in einem Zug leer. Elfie schenkte nach.
    Walde bedankte sich und fuhr mit gespreizten Fingern durch sein feuchtes Haar: »Jo würde jetzt sagen, aus deiner Anwesenheit zu dieser späten Stunde ist darauf zu schließen, dass sich Uli noch im Schöße der Familie befindet.«
    »Wenn du damit Sex mit der Ex meinst, könntest du richtig liegen«, sagte Elfie lakonisch.
    Drei Gläser Rosé später war Uli immer noch nicht zurück. Walde hielt es für das Beste, sich von Elfie zu verabschieden, die auf ihrem Hocker vor sich hin döste.
    »Übrigens, wenn Uli wieder über Nacht wegbleibt, kann er gleich bei seiner Ex bleiben«, murmelte sie zum Abschied.
     
    In der Simeonstraße blies Walde ein scharfer Ostwind entgegen. Er war immer noch erhitzt von der Verfolgung. Gerade jetzt konnte er sich keine Erkältung leisten. Er fragte sich, warum er so schlecht drauf war. Hatte er sich von Elfies Laune anstecken lassen? Verdammt noch mal! Ab sofort wollte er nichts mehr vor Doris verheimlichen. Es war eine blöde Geschichte, in die er sich da hineinmanövriert hatte. Dabei hatte er es nur gut gemeint und dann schlecht gemacht oder falsch eingeschätzt, was sich daraus ergeben würde. Walde ging durch die menschenleere Glockenstraße. Wie viele Lkw hatten schon den Erker des Gasthauses Zur Glocke gerammt, wo im Dritten Reich die SA getagt hatte? Wie viele Namen hatte man der gegenüberliegenden Kneipe schon gegeben? Sehr lange war es noch nicht her, dass der Junge unten an der Frittenbude erstochen worden war. Nur ein Stich, aber mitten ins Herz. Im Durchschnitt erforderte der tödliche Treffer bei Messerdelikten ein Zigfaches an Stichen.
    Rechts ließ er die ›Sieh um dich‹ liegen. Gleich morgen wollte er nachsehen, ob hier überhaupt jemand polizeilich gemeldet war. Der neue Rosé aus der Gerüchteküche hatte es in sich. In Vino Veritas. Walde sollte bei Doris auf der Hut sein, bevor der Wahrheitsdrang des Weins zu sehr die Oberhand bekam. Vor ihrer Tür an der Ecke zur Kochstraße zögerte er einen Augenblick, ob er klingeln oder seinen Schlüssel benutzen sollte.
    Er war erleichtert, als es nur wenige Sekunden dauerte, bis der Türöffner summte. Müde stieg Walde die Treppen hoch. Oben erwartete ihn Doris im Nachthemd. Er umarmte sie. Dabei beugte er den Oberkörper nach vorn über ihre gewaltige Bauchwölbung hinweg.
    »Elfie hat schon angerufen.«
    Das kam für Walde vollkommen überraschend, nahm ihm umständliche Erklärungen ab. »Was?«
    »Uli ist wieder da. Das soll ich dir ausrichten und danke, dass du noch ein wenig geblieben bist.«
    »Bitte, keine Ursache«, sagte Walde mechanisch.
    »Das soll ich von Elfie ausrichten.« Doris’ Gesichtsausdruck verdeutlichte, dass sie sich keineswegs persönlich dem Dank anschloss.
    Auf dem Weg zum Bad stolperte er über Doris’ schwarze Katze Minka, die sich zur Begrüßung an seinen Beinen rieb. Er putzte sich besonders gründlich die Zähne, um die Roséfahne zu neutralisieren. Als Walde sich zu Doris ins Bett legte, nahm er als erstes ihr vertrautes Parfüm wahr, das sie nur nachts benutzte. Er reagierte wie immer, schmiegte sich von hinten an sie und streichelte ihren Körper. Alles fühlte sich so vertraut an. Auch wenn er sich in Erinnerung rief, dass nicht nur ihr Bauch an Fülle zugenommen hatte, fand er ihre Beine und Brüste genauso begehrenswert wie vor Monaten.
    »Sorry«, murmelte er. »Alte Gewohnheit, ich will euch beide nicht stören.«
    »Mach’ weiter, wir freuen uns auf Besuch.«

Donnerstag, 28. November
    »Darf ich erfahren, warum Sie meinen Mantel noch festhalten?« Haupenberg, der neben Balzer saß, hatte seinen Dufflecoat nicht ausgezogen und nur den Hut auf die Aktentasche vor sich auf den Tisch gelegt. Er schaute auf seine Armbanduhr.

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