Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
alle Hände voll zu tun. Gegen Mitternacht begann die Zeit der Kneipenschlägereien und eskalierenden Familienkräche. Wenn sich überhaupt eine Streifenwagenbesatzung in fünf Kilometern Umkreis befand, hatte diese vermutlich schon einen weit dringenderen Einsatzbefehl, als nach den Verursachern einer verschmierten Klostermauer zu suchen.
    An der Ecke zum Simeonstiftplatz bemerkte er ein weiteres Graffito unter einer leicht im Wind schaukelnden Lampe. Es waren nur ein paar Striche. Sie schienen trocken zu sein. Walde fand ein Papiertaschentuch in seiner Jackentasche und rieb es über die Farbe. Es blieb nichts daran haften. Falls auch diese Schmiererei vorhin noch nicht da war, konnte das nur bedeuten, dass der oder die Sprayer in der entgegengesetzten Richtung unterwegs waren. Walde lief um die Ecke zum Simeonstiftplatz. Er kümmerte sich nicht um die Leute, die an der Bushaltestelle standen und der vorbeilaufenden hochgewachsenen Gestalt Platz machten. Nach hundert Metern bog er, immer noch der hohen Mauer um das Kloster folgend, in die Kutzbachstraße ein, wo bald das Gemäuer in das Klostergebäude überging, das sich wie eine Trutzburg erhob. Hinter den vergitterten, nur schießschartengroßen Fenstern brannte nirgends Licht.
    Immer noch im Laufschritt eilte Walde an dem Gebäude vorbei, an das sich Wohn- und Bürohäuser anschlossen. In der Bruchhausenstraße verlangsamte er sein Tempo. Möglich, dass die Sprayer bereits hier am Werk waren. Mit großen Schritten ging er an renovierten Jugendstilhäusern entlang. In einem hohen Erker auf der gegenüberliegenden Straßenseite brannte noch Licht. Walde sah Regale, die bis zur Decke des hohen Raumes reichten. Huschte da etwas vor ihm in einen Hauseingang?
    Als Walde auf der Höhe des Hauses war, sah er einen Mann, der etwas in eine Sprechanlage murmelte. Hinter ihm leuchtete das Jugendstilornament einer Haustür auf. Der Mann verschwand im Hausflur.
    Walde ging weiter bis zur Ecke, die wieder auf die Straße zu seiner neuen Wohnung stieß. Dort war niemand auf der rechten Seite zu sehen. Gegenüber der Häuserreihe der Franz-Ludwig-Straße zeichneten sich die Silhouetten der Alleenbäume gegen den rötlichen Nachthimmel über der Stadt ab.
    Walde kehrte im selben Moment um, als der Mann wieder aus dem Hausflur auf die Straße zurücktrat. Als er Walde sah, stürmte er los. Walde hinterher. Während Walde den Gehweg zwischen Autos und Häuserwänden entlanglief, schossen ihm mehrere Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Wie viel Ausdauer hatte der Sprayer? Sollte er versuchen, mit einem kurzen Sprint die Distanz zum Vordermann zu verkürzen, oder sollte er auf seine Ausdauer setzen? Was war, wenn er ihn eingeholt hatte und der Kerl sich wehrte?
    Walde hatte keine Waffe dabei, nicht einmal einen Dienstausweis, um sich zu legitimieren. Inzwischen war der Verfolgte an der Gabelung angelangt, wo er sich für die Moselstraße entschied, die am Kino vorbei zu zwei Kaufhäusern führte. Walde spürte, dass die Straße leicht bergauf ging. Der Abstand war noch in etwa der gleiche.
    Der Sprayer schaute nach hinten. Er hatte eine Kapuze über den Kopf gezogen. Walde konnte sein Gesicht nicht erkennen. Im selben Moment schlug der Läufer einen Haken, kam ins Straucheln und stolperte gebückt ein paar Schritte. Aus einem Hauseingang wurde ein Fahrrad geschoben, mit dem der Verfolgte fast zusammenstieß. Walde konnte rechtzeitig den Bürgersteig verlassen und einen Bogen auf die Straße schlagen. Er hörte wie etwas über den Bürgersteig schlitterte. Der Sprayer hatte sich wieder gefangen und drehte sich im vollen Lauf um. Walde hatte aufgeholt, höchstens zehn Meter trennten die beiden noch. Da sah Walde etwas auf dem Bürgersteig liegen. Er vermutete, dass es sich um eine Spraydose handelte, die bei der Ausweichaktion aus der Tasche seines Vordermanns gefallen war. Er hielt an und bückte sich. Es war ein silberfarbenes Handy.
    Vor ihm hatte der Sprayer die Straße überquert und lief durch die Passage zwischen Kaufhof und Karstadt. Walde nahm die Verfolgung erneut auf. Der Abstand war nun so groß, dass er den Sprayer nach rechts um die Ecke biegen sah, als er noch mehr als hundert Meter vor sich hatte. Walde blieb keuchend an einem Schaufenster stehen, in dem sich auf einem Plakat junge, braun gebrannte Menschen an einem Südseestrand räkelten.
     
    In der Gerüchteküche saß Elfie auf einem Hocker hinter der Theke. Walde wusste sofort, was das zu bedeuten hatte. Zum

Weitere Kostenlose Bücher