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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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der Klasse fanden ihn toll«, sagte ich grantig. Und wusste gar nicht, warum ich so kiebig war. Plötzlich schämte ich mich.
    Max sah mich nach wie vor aufmerksam an.
    »Weißt du, er hatte es sich angewöhnt, mich nach der Schule auf dem Heimweg zu begleiten«, versuchte ich zu erklären. »Mal zu Fuß, mal hat er mich mit seinem Roller gebracht. Obwohl er doch ganz nah bei der Schule wohnte.«
    »Hm«, sagte Max aufmunternd.
    »Es war so«, fuhr ich unbehaglich fort. »Er hat mich mal gefragt, ob ich mit ihm gehen möchte.«
    »Also fand er dich auch toll«, stellte Max fest.
    »Weiß ich nicht. Vielleicht. Irgendwie schon. Sonst hätte er ja nicht gefragt, vermutlich.« Ich dachte an die seltsame Ironie, die die meisten von Volkers Sätzen begleitete. Mit ihr war ich noch nie zurechtgekommen.
    Die Amsel kam zurück und schimpfte lautstark von ihrem Ast im frisch gepflanzten Ranunkelstrauch. Dann tauchte Bonnie mit ihrem gestreiften Pelz unter dem Schmetterlingsflieder auf. Aha. Deshalb das Gezeter. Kurz darauf hörte ich das leise Klappen der Katzentür im Schlafzimmer.
    »Und? Bist du mit ihm gegangen?«
    »Ist das nicht ein saublöder Begriff? ›Miteinander gehen‹«, beschwerte ich mich und grinste ihn an. »Nein. Ich bin nicht mit ihm gegangen.« Ich seufzte theatralisch. »Ich hab’s vermasselt.«
    »Ach was.« Fragend hob Max eine Augenbraue.
    Plötzlich musste ich lachen. »Na ja. Er fragte mich, ob ich mit ihm gehen wollte. Die Antwort wollte er aber nicht sofort. Er gab mir Bedenkzeit bis zum nächsten Tag.«
    »Bedenkzeit? Echt?« Max klang beeindruckt. »Wie cool.«
    »Sehr cool«, sagte ich ironisch. »So cool, dass es klang, als wäre ihm die Antwort völlig egal. Ich dachte, wenn er wirklich interessiert ist, fragt er mich am nächsten Tag, was nun Sache ist, also ob Ja oder Nein. Aber er hat nicht noch mal gefragt.«
    »Oh.« Max lächelte. »Und dann?«
    »Er hat halt nicht noch mal gefragt. Damit ist das Ganze im Sande verlaufen.« Ich hörte das leise Klacken von Krallen auf den Holzdielen. »Komm her, Süße«, lockte ich.
    Bonnie schubberte sich kurz an meiner ausgestreckten Hand, um dann in Richtung Küche zu verschwinden.
    »Was hättest du denn gesagt, wenn er noch mal gefragt hätte?«
    »Na, Ja natürlich. Ich war ziemlich verknallt in den Kerl.« Ich verstummte angesichts dieser Untertreibung. Volker, Mann oh Mann! Völlig high war ich gewesen, als er mich gefragt hatte. Verwirrt, glücklich, wie bekifft, nein, viel besser als bekifft! Und irgendwie doch nicht ganz sicher, ob er es ernst meinte. So richtig richtig ernst.
    Max beobachtete mich schon wieder. Forschend irgendwie. »Und du hast ihn natürlich nicht von selbst angesprochen?«
    »Natürlich nicht! Ich dachte halt, er fragt noch mal und ich brauche ihm dann einfach nur zu antworten.«
    »Dumm gelaufen«, sagte Max trocken.
    »Stimmt. Er hat nicht noch mal gefragt. Und ich bin nicht zu ihm gegangen. Wie schon gesagt: Ich hab’s vermasselt.« Ich musste lachen. Es klang irgendwie kläglich. »Kurz darauf hing er dauernd mit Barbara rum, obwohl die schon einen älteren Freund hatte.«
    »Barbara?«
    »Ja«, schnaubte ich. »Die ach so schöne, tolle, flippige Barbara.«
    »Gebrochenes Herz?« Schon wieder dieser forschende Blick!
    »Gebrochen? Quatsch. Dazu ist es viel zu lange her. So eine Leiche hat doch wohl jeder im Keller. Deine hieß Gabi, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Steffi.« Er schien in sich hineinzuschmunzeln. Seine Augen wurden ganz schmal dabei, und lauter Fältchen bildeten sich in den Augenwinkeln. »Und eine Vera gab es auch.«
    »Ha!« Mit Daumen und Zeigefinger legte ich auf ihn an. »Gleich zwei auf einmal. Männer.« Dann pustete ich den imaginären Rauch eines imaginären Schusses von meinem Zeigefinger.
    »Nicht gleichzeitig. Dazwischen lagen mehrere Jahre.«
    Nachdenklich nippte ich an meinem Tee. Er war inzwischen kalt geworden. »Ich frage mich nur, was aus meinem Leben geworden wäre, wenn ich damals Ja gesagt hätte. Es ist so etwas wie eine …« Ich zögerte.
    »… verpasste Gelegenheit«, ergänzte Max.
    »Ja … Nein … Vielleicht« Ich sah aus dem Fenster. »Wahrscheinlich habe ich damals einen Fehler gemacht«, gab ich schließlich zu. »Statt mit Volker habe ich mich wider besseres Wissen mit einem anderen eingelassen, einem steten Verehrer von der Schule an der Realschulstraße. Der blieb nämlich am Ball und fragte. In regelmäßigen Abständen.«
    Max kraulte Clyde am Bauch, der

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