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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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Abständen rötliche Wolken in den Himmel geblasen wie die großen Thyssen-Werke in Hamborn und Meiderich. Heute blies nichts mehr. Die Königstraße war zu einem breiten Boulevard nur für Fußgänger mutiert und präsentierte sich in modernem, urbanem Flair. Eine großzügige Shopping-Meile mit Bäumen, Brunnen, Straßencafés und Restaurants, auf der selbst an diesem relativ trüben Vormittag überraschend viele Leute flanierten. Ein paar Baukräne, die über den Dächern emporragten, zeugten davon, dass die Stadterneuerung noch nicht ganz abgeschlossen war.
    Geld. Verdammt viel Geld war hier geflossen. Und floss vermutlich immer noch. Ich beschloss, mich noch intensiver mit dieser Stadtsanierung zu beschäftigen.
    Die Ruhrcity-Bank befand sich in einer Straße namens Burgacker nahe der Königstraße. Ein uncharmanter Bau aus den Siebzigern, nicht so modern, wie es sich für eine Bank von heute gehörte. Immerhin hatte sich irgendein Architekt darum bemüht, dem Gebäude mit Hilfe eines geschwungenen gläsernen Vorbaus zu etwas mehr großstädtischem Flair und einem hellen, kundenfreundlichen Äußeren zu verhelfen. Über der großen Drehtür aus Sicherheitsglas lauerten jedoch sichtbar die Videokameras, und neben den gläsernen Türen, die das geschwungene Portal von der eigentlichen Schalterhalle abtrennten, zeugten schwere Gittertüren davon, dass sich hier viel Geld in einer Art Sicherheitsgewahrsam befand. Forsch trat ich an den Informationsschalter und verlangte nach dem Chef.
    »In welcher Angelegenheit?«, erkundigte sich die Frau hinter dem Tresen höflich. Ihre Bluse unter dem altrosafarbenen Kostüm war in dem gleichen Hellrosa gehalten wie ihr Lippenstift. Trotz ihrer Höflichkeit fühlte ich mich seltsam unwohl unter ihrem Blick, irgendwie so, als würde sie mich gerade in bare Münze umrechnen. Welchen Umrechnungsfaktor ermittelte sie wohl zwischen Blauvogel und Euro?
    Ich nahm eine meiner Visitenkarten aus dem Portemonnaie. »Toni Blauvogel. Private Ermittlungen im Rahmen des Vereins für Nachbarschaftshilfe Essen Süd«, stand darauf zu lesen. Auf die Rückseite kritzelte ich den Namen Kurt Olaf Türauf.
    »Geben Sie ihm bitte die Karte«, forderte ich sie freundlich auf, »und richten sie ihm aus, dass ich mich nicht abwimmeln lasse. Ich werde hier so lange sitzen bleiben, bis er mich empfängt. Und wenn er das heute nicht tut, bin ich morgen wieder hier. Und übermorgen. Ich kann verdammt hartnäckig sein, wenn es drauf ankommt.«
    Sie beäugte mich noch einmal abschätzend.
    Dann nickte sie langsam, als wollte sie meine Worte lieber nicht in Frage stellen, griff mit hellrosa lackierten Krallen geziert nach der Visitenkarte und stöckelte zu einem Schreibtisch schräg hinter dem Tresen. Dort flüsterte sie einem Jüngling in Anzughosen und akkurat gebügeltem Hemd etwas ins Ohr und verschwand hinter einer schweren Brandschutztür im Hintergrund der Eingangshalle.
    Der Jüngling gesellte sich zu einer üppigen Hydrokultur neben dem Empfangstresen und behielt mich so argwöhnisch im Auge wie eine ihm unbekannte Spezies.
    Ich unterdrückte ein Grinsen. »Psst!« Ich winkte ihn zu mir heran.
    Er blickte sich kurz um, entschied dann, dass nur er gemeint sein konnte, und kam zu mir an den Tresen.
    Ich winkte ihn noch näher heran. Als er sich zu mir herüberbeugte, richtete ich mit der rechten Hand eine imaginäre Pistole auf ihn.  »Las manos arriba«,  flüsterte ich in guter alter »Butch Cassidy and the Sundance Kid«-Manier.  »Arriba! This is a bank robbery!«
    Er schüttelte abwehrend den Kopf. »Ha, ha! Verarschen kann ich mich auch selbst«, sagte er böse und zog sich wieder in den Schatten der Hydrokultur zurück. Zufrieden registrierte ich, dass er mich nun beäugte, als sei ich eine giftige Schlange. Wenn schon Exot, dann bitte gefährlich.
    Die Kollegin mit dem Faible für Rosa erlöste ihn wenig später und bedeute mir, ihr zu folgen.
    Ein Banker wie aus dem Hochglanz-Werbeprospekt: Dunkler Anzug, nicht schwarz, sondern anthrazitfarben. Schlips in dezenten Blautönen. Hellblaues Hemd, ordentlich gebügelt. Die Haare glatt nach hinten gekämmt. Fester Händedruck und joviales Lächeln.
    »Was kann ich für Sie tun, Frau … äh …« Er warf einen Blick auf die Visitenkarte, die ich der Bankangestellten gegeben hatte.
    »Blauvogel«, half ich nach.
    »Privatdetektivin, soso.« Unschlüssig drehte er die Karte in seinen Händen. Der goldene Ring an seiner rechten Hand wies darauf hin,

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