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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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schlug ich vor.
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Hat Kurt irgendwann mal was von Sauereien im Zusammenhang mit dem Bau des Innenhafens erzählt?«
    »Sauereien? Was denn für Sauereien?« Die Falten auf Matthes Stirn vertieften sich. »Nein. Von so was hat er nichts erzählt.«
    Eine Weile schwiegen wir nachdenklich. Das Schweigen zauberte erneut die Sorgenfalten auf Matthes Stirn.
    »Du, ich muss dann mal«, sagte er schließlich. Er war bereits aufgestanden, als ich dann doch noch fragte.
    »Du bist relativ spät Vater geworden. Wie kommt’s? Bei zwei Kindern gehe ich nicht von einem sogenannten Unfall aus.«
    Augenblicklich zog ein Leuchten über sein Gesicht und vertrieb die Sorgenfalten. »Nein, kein Unfall. Ich habe meine Frau eben erst spät kennengelernt. Und Kompromisse wollte ich nicht. Meine früheren Freundinnen …« Er beendete den Satz mit einem Schulterzucken. »Das war okay und eine Zeit lang auch gut, aber mehr eben auch nicht. Ich war mir nie sicher.«
    »Aber jetzt bist du dir sicher«, stellte ich fest. »Ist das nicht trotzdem schwer, in unserem Alter? Wie alt ist denn deine Frau?«
    »Dreiundvierzig. Sie hatte den Gedanken an Kinder schon aufgegeben. Weil sie auch nie Kompromisse eingehen wollte, was das Thema betrifft. Schwer ist es schon. Nicht die Kinder, die sind eine absolute Bereicherung. Nein, schwer ist es, mit dem Bewusstsein zu leben, dass man diese Verantwortung noch mindestens zwanzig Jahre lang hat und eben nicht mehr der Jüngste ist.« Dieser Gedanke zauberte wieder die tiefen Furchen in seine Stirn. Dann lächelte er erneut. »Die Kinder sind das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Das Glück ist mit den Doofen, wie man so schön sagt.«
    »Stell dein Licht mal nicht so unter den Scheffel«, antwortete ich lächelnd. Ich stand ebenfalls auf und umarmte ihn herzlich. »Schön, dass wir uns mal wiedergesehen haben.«
    Kurz darauf saß mir Gerda gegenüber.
    »Drah di net um, oh oooh, schau, schau, der Kommissar geht um, oh oooh«, sang sie und zwinkerte mir zu. »Zu Ihrer Verfügung, gnä’ Frau Kommissarin. Was wollen S’ denn wissen?«
    Vergnügt wie eh und je, dachte ich amüsiert. Ihre gute Laune war ansteckend. Ich betrachtete sie offen. Stämmig war Gerda immer schon gewesen, und nicht nur deswegen alles andere als klassisch schön. Dennoch war sie so quicklebendig und fröhlich, dass sie immer im Mittelpunkt stand. Das hatte sich nicht geändert.  Eine Frau von Format , tönte die innere Stimme, die heute einfach nicht zur Ruhe zu bringen war.
    »Ihr habt euch im Dezember zum letzten Mal mit der Clique getroffen«, setzte ich an. »Auf dem Weihnachtsmarkt, hat Matthes erzählt.«
    »Stimmt«, bestätigte Gerda.
    »Hast du Kurt danach noch mal gesehen?«
    »Ich war Anfang des Jahres bei ihm zu Hause. Ende Januar, glaube ich. Ich werde nämlich Großmutter.« Ein breites Grinsen zog über ihr Gesicht, und sie schüttelte ihren Pagenkopf.
    »Echt? Hey, gratuliere!«
    »Ja. Unglaublich ist das, ich kann es immer noch nicht fassen. Die Kindersachen meiner beiden hatte ich längst weitergegeben. Kurt aber hatte alles noch aufgehoben. Erstaunlich, nicht wahr?«
    »Du warst also bei ihm, weil du alte Kindersachen von ihm abgeholt hast?«
    »Genau. Meine Tochter war richtig froh darüber. Sie kann jede Unterstützung gebrauchen.«
    »Warum hat denn Matthes die Sachen nicht genommen?«, fragte ich verwundert. »Der hat doch auch kleine Kinder.«
    »Matthes ist nicht darauf angewiesen, seine Rotzigen in Sachen von anno Tobak zu stecken. Der verdient doch genug mit seiner Druckerei.«
    »Druckerei, soso!«
    »Sag mal, was soll denn das?« Gerdas Augenbrauen zogen sich zusammen wie eine schnell aufziehende Regenfront, während sie mich scharf beäugte.
    »Was?«, fragte ich, überrascht über die plötzliche Attacke.
    »Na, dieses abfällige Soso. So, wie du das aussprichst, klingt das nach Klassenfeind.«
    »Hä? Wie kommst du denn darauf? So ein Blödsinn.«
    Doch Gerda ließ nicht locker. »Was ist so schlimm daran, wie jemand seine Brötchen verdient? Wie verdienst du sie denn?«
    »Das tut hier doch absolut nichts zur Sache«, sagte ich hitzig.
    »Eben. Tut es ja auch nicht.« Die Regenwolken waren so schnell aus Gerdas Gesicht verschwunden, wie sie aufgezogen waren. »Deshalb frage ich mich ja auch, warum du bei diesem Thema losgehst wie Schmitz’ Katze. Ines hat mir da auch so was erzählt. Wenn ich dich nicht von früher her sehr anders in Erinnerung hätte,

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