Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
Vom Netzwerk:
und warf die Handys im hohen Bogen nach draußen.
    »Schön habt ihr es hier«, sagte Tobias, als er zurück in den OP kam. »Alles so ergonomisch platziert und mit so viel Bewegungsfreiheit.«
    Zentral im Raum stand der Operationstisch auf beigem PVC-Boden, darüber hingen die OP-Leuchten von der Decke und im Hintergrund standen das Narkosegerät sowie mehrere Instrumentenwagen. Alles war umgeben von weißen Wänden, in denen es keine Fenster gab.
    »Tobias, was willst du von uns?« Steffen Wellner stand die Angst im Gesicht.
    »Ich will euch spüren lassen, wie es ist, wenn man wie ein Ersatzteillager benutzt wird.« Tobias setzte sich auf den OP-Tisch. »Erinnert ihr euch noch an den Tag vor sechs Jahren, an dem ihr mich hier liegen hattet? Ein Kind, dessen Niere unfreiwillig gespendet wurde. Sozusagen von euch. Hattet ihr Spaß daran, mich aufzuschlitzen und mir mein Organ zu stehlen?«
    »Ich kann dir das erklären«, sagte Wellner. »Deine Mutter hat darauf bestanden. Sie hat keine Ruhe gegeben.«
    »Ja, das ist gentlemen-like. Oder sollte ich sagen Wellner-like? Meine Mutter lässt sich jetzt gut beschuldigen. Sie kann ja nichts mehr dazu sagen.«
    »Glaub mir, ich hätte es nie getan, wenn sie mich nicht gezwungen hätte.«
    »Als ob dich einer zwingen könnte. Mach dich nicht lächerlich und steh zu dem Scheiß, den du ständig verzapfst. Ich bin ja nicht der Einzige, den du ausgenommen hast.«
    »Ich hab’s immer gewusst. Irgendwann kriegt er es raus.« Delia fing an zu weinen.
    »Ja, ich hab alles rausgekriegt, weil meine liebe Mutter alles aufgeschrieben hat.« Tobias sprang vom Tisch.
    »Diese blöde Kuh!«, fluchte Steffen.
    »Ganz deiner Meinung.«
    Delia hatte die Beine an ihren Körper gezogen und sie mit den Armen umfangen. Wie ein Päckchen saß sie zitternd auf dem Boden. Tobias betrachtete sie abschätzig.
    »Du bist es doch gewohnt, hier zu arbeiten. Also, mach dich mal nützlich und schwing deine Büffelhüfte zum OP-Tisch.«
    Langsam bewegte sie sich, während ihr unaufhaltsam die Tränen die Wangen hinunterliefen.
    »Wellner, los. Du auch.« Tobias fuchtelte wieder mit der Pistole herum, so dass Steffen sich erhob und seinen Anweisungen Folge leistete. Als beide vor dem Tisch standen, sagte Tobias: »Wellner, du als Chef hast das Privileg, dich hinlegen zu dürfen. Mach’s dir bequem und zieh dein Hemd aus.«
    »Tobias, was hast du vor?«
    »Das ist dann gleich die Überraschung!«, sagte er freundlich, um ihn sogleich anzuschreien. »Zieh jetzt sofort das Hemd aus und leg dich auf den Tisch!«
    Wellner starrte Tobias an. Ihm brach der Schweiß aus, während er langsam das Hemd aufknöpfte. »Du kommst damit nicht durch. Man wird uns suchen.«
    »Und man wird euch auch früher oder später finden.« Zu Delia gewandt sagte er: »Und du schnallst die miese Wanze an Armen und Beinen fest. Genauso, wie ihr das immer mit euern Spendern macht.«
    Als Wellner auf dem OP-Tisch lag und Delia die Bänder um seine Gelenke legte, setzte sich Tobias auf einen Hocker neben dem Tisch.
    »Habt ihr das eigentlich nur wegen der Kohle gemacht oder gibt es euch einen gewissen Kick?«
    »Wir wollten immer nur helfen.« Wellners Stimme klang flehend. »Wir haben nie jemanden umgebracht.«
    »Peter Bielmann, war das niemand?«, schrie Tobias ihn an.
    »Das war ein Unfall. Wirklich.«
    »Ein bisschen Schwund ist immer, oder was?« Tobias ging um den Tisch herum und zog die Bänder straff, so dass Wellner das Gesicht verzog.
    »Ein gewisses Risiko gibt es immer. Aber die Spender wurden gut bezahlt und versorgt. Wir haben damit anderen das Leben gerettet.«
    »Mein Gott, wie peinlich ist denn diese Nummer? Jetzt machst du einen auf selbstlosen Samariter, nur um deine Haut zu retten. Wellner, du bist ein Weichei.« Er suchte Delias Blick. »Was zum Teufel findest du an dem? Ist er gut im Bett? Ich schätze mal, dass er eher der Typ ist, der sich gerne bedienen lässt.« Tobias führte ein paarmal seine Faust zum Mund und steckte dazu seine Zunge in die Backentasche. »Oder bist du einfach nur eine geldgeile Nutte?«
    »Ich wollte das nie machen«, sagte sie leise schluchzend.
    »Dafür hast du lange durchgehalten.«
    »Wirst du uns umbringen?«
    »Ich hab dich immer gut behandelt«, jammerte Wellner vom Tisch. »Tobias, mach dich nicht unglücklich.«
    »Ich bin gerade dabei, mich glücklich zu machen.«
    Tobias rollte mit dem Hocker zu einem Instrumententisch und nahm einen Stauschlauch und eine aufgezogene Spritze

Weitere Kostenlose Bücher