Innere Werte
das macht der Abteilungsleiter, meist allerdings, ohne Kontakt zum Kunden zu haben. Der Teamsprecher erledigt die eigentliche Arbeit.«
»Gut. Dann gehen wir doch zu Herrn Schütz, bis Sie die anderen Informationen haben«, schlug Martin vor und war auch schon aufgestanden. Herr Lötzbeyer führte sie in ein Büro in der ersten Etage, an dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift: Gerhard Schütz, Teamsprecher hing.
Herr Schütz rückte sich zunächst die perfekt gebundene Krawatte zurecht, als er hörte, mit wem er es hier zu tun hatte. Er gab sich alle Mühe, den Herren von der Polizei zu Diensten zu sein. Außer einem Platz wurde ihnen sofort Kaffee sowie die ungeteilte Aufmerksamkeit des Teamsprechers angeboten. Nachdem auch Herr Schütz wusste, worum es ging, strich er sich über die Haare, die vom Seitenscheitel aus sorgfältig und strähnenweise über den sonst recht kahlen Kopf gekämmt worden waren und aussahen, als wären sie festgeklebt. Dann legte er die gefalteten Hände vor sich auf den Schreibtisch. Herr Schütz blickte die Beamten ernst an, bevor sich ein Redeschwall über Martin und Michael ergoss, so dass sie in kürzester Zeit alles wussten, was Peter Bielmann hier jemals gesagt oder getan hatte. Die Informationen waren völlig unspektakulär: Bielmann wollte einen Kredit in Höhe von sechstausend Euro haben, einen sogenannten easy credit , der von der Bero-Bank in der Regel bearbeitet und vermittelt, aber von einer Teambank gewährt wurde. Herr Schütz hatte mit Hilfe eines entsprechenden Computerprogramms, bei dem alle relevanten Kundendaten eingegeben wurden, festgestellt, dass Peter Bielmann nicht kreditwürdig war. Das schien für Bielmann, laut seiner damaligen Äußerungen, ein ziemlich großes Problem gewesen zu sein. Er war nie ausfallend geworden, aber seine Enttäuschung hatte er offen gezeigt.
Martin reichte Herrn Schütz ebenfalls die Telefonliste und wollte wissen, ob er sich an Gespräche mit Bielmann in letzter Zeit erinnerte. Doch der Teamsprecher war sich sicher, nach der Ablehnung des Kredites vor zirka vier Monaten nicht mehr mit Bielmann telefoniert zu haben.
Abschließend fragte Martin: »Hatte Herr Bielmann außer mit Ihnen noch zu anderen Mitarbeitern Kontakt?«
»Nein! Jeder Kunde hat seinen ganz eigenen Berater, der für ihn da ist«, betonte Schütz mit großer Wichtigkeit, wodurch sich jede Nachfrage erübrigte.
Auf dem Weg zurück zu Herrn Lötzbeyer, bemerkte Michael: »Komischer Kauz, oder?«
»Was hast du gegen gut gekleidete, perfekt frisierte, freundliche, entgegenkommende Bankangestellte?«, fragte Martin scheinheilig.
Michael schüttelte schmunzelnd den Kopf.
Der Filialleiter hatte inzwischen interessante Neuigkeiten. Die Gesprächspartnerin von Peter Bielmann in der letzten Woche war Anja Schulte gewesen. Herr Lötzbeyer konnte sich das nicht erklären.
»Wer ist die Frau?«, fragte Martin interessiert.
»Frau Schulte ist auch Teamsprecherin, allerdings im Firmenkundenbereich. Ich weiß beim besten Willen nicht, was die beiden zu bereden hatten.«
»Vielleicht können wir das Frau Schulte selbst fragen?«
»Ja, sicher.« Herr Lötzbeyer erhob sich und führte die Beamten erneut zu einer Bürotür, auf der Anja Schulte, Teamsprecherin stand. Nach einem Klopfen traten die drei ein. Doch der Raum war leer.
»Moment«, sagte Lötzbeyer und beugte sich über den Schreibtisch, wo er einen Blick auf den Kalender warf. »Ah, das ist schade!« Er tippte mit dem Finger auf den heutigen Tag. »Frau Schulte hat einen Außentermin bei einem Kunden, einer Firma, die expandieren will. In ihrem Arbeitsbereich geht es meist um große Summen, die finanziert werden sollen. Da machen wir uns gerne vor Ort ein Bild des Unternehmens.«
»Verstehe. Wann ist sie wohl wieder erreichbar?«
»Wahrscheinlich heute Nachmittag. Ich kann Ihnen für später die Durchwahl geben oder, wenn es Ihnen jetzt eilt, auch ihre Handynummer.«
»Beides wäre gut.«
Lötzbeyer griff nach einem Zettel auf dem Schreibtisch, schrieb die Nummern auf und reichte sie Martin. »Kann ich sonst noch was für Sie tun?«
»Nein, danke. Das war’s vorerst.«
Auf dem Weg zum Präsidium versuchten sie, Frau Schulte auf dem Handy zu erreichen, bekamen aber nur Kontakt zu ihrer Mailbox.
Dieter und Paul waren damit beschäftigt, bei den Krankenhäusern nach einem Patient namens Bielmann zu fragen, als eine Frau den Kopf zur Tür hereinstreckte und nach Martin Sandor fragte. Dieter bat die Dame herein,
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