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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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schon wieder auf dem Sprung.«
    Martin überlegte kurz. Normalerweise mochte er Befragungen am Telefon nicht. Da Gestik und Mimik fehlten, konnte er sein Gegenüber nicht richtig einschätzen. »Ich würde Sie wirklich gerne persönlich sprechen«, sagte er deshalb.
    »Können wir uns auf einen Kompromiss einigen?«, fragte Anja freundlich. »Sie stellen mir jetzt die wichtigsten Fragen, und ich kann anschließend meine Termine wahrnehmen. Wenn Sie dann noch möchten, können wir uns zu einem späteren Zeitpunkt sehr gerne treffen.« Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr sie fort: »Wenn mich Herr Lötzbeyer richtig informiert hat, geht es doch um Peter Bielmann?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Dazu kann ich Ihnen Folgendes sagen: Der Mann war Kunde bei uns und wurde von Herrn Schütz betreut. Zumindest was seinen Kredit anging. Ich habe Herrn Bielmann in der Bank zufällig kennengelernt, als er einen Termin hatte. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte mir von seiner Lage. Als sein Antrag abgelehnt wurde, kam er zu mir. Er brauchte jemanden zum Reden, denke ich. Er war ein ausgesprochen höflicher Mensch und er tat mir leid. Bei seinem finanziellen Problem konnte ich ihm nicht helfen, aber er hat mich mehrfach angerufen.«
    »Was wollte er konkret von Ihnen?«
    »Wie schon gesagt, nichts Bestimmtes. Ich kann mich erinnern, dass wir über das Drachenfliegen sprachen. Das schien wohl seine Leidenschaft zu sein. Ein anderes Mal versuchte ich ihm Möglichkeiten aufzuzeigen, aus seiner misslichen Lage zu kommen.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Ich riet ihm, über das Arbeitsamt eine Fortbildung zu machen, um für den Arbeitsmarkt attraktiver zu werden. Wir überlegten zusammen, welche Berufe für ihn vielleicht interessant sein könnten. Unsere Gespräche waren eigentlich nichts weiter als Smalltalk. Und ich hatte das Gefühl, das ihm das gut tat. Er schien ziemlich allein dazustehen.«
    »Wussten Sie, dass er eine Freundin hatte?«
    »Davon hat er mir nichts erzählt.«
    Martin bemerkte, dass Anja das Wort »er« betont und ihre Stimmlage leicht geändert hatte.
    »Also wussten Sie es nicht?«
    »Nein.«
    »Hat es Sie nicht gewundert, dass er Sie mehrfach angerufen hat? Ich meine, er hätte diese Dinge ja auch mit seiner Freundin besprechen können.«
    »Vielleicht hatte er das Gefühl, dass ich in dieser Angelegenheit die kompetentere Person bin. Manche können mit ihren Partnern nicht über alles reden. Es ist nicht außergewöhnlich, solche Gespräche mit Kunden zu führen. Von der Sorte gibt es mehrere. Die brauchen einfach jemanden, der ihnen mal Mut macht oder sich mal nett mit ihnen unterhält.«
    »Haben Sie sich jemals mit ihm getroffen?«
    »Nein.« Das kam sehr schnell.
    Zu schnell, schoss es Martin durch den Kopf.
    »Außer den Telefonaten hatten wir keinen Kontakt.« Egal, was Katrin Buhr dem Kommissar erzählt hatte, im Zweifelsfalle würde Anja alles abstreiten. Irgendwelche Notizen konnten ebenso gut auf Wunschdenken beruhen und mussten nicht bedeuten, dass die Treffen tatsächlich stattgefunden hatten.
    »Hat er Ihnen etwas von medizinischen Untersuchungen oder Eingriffen erzählt?«
    »Ich wüsste nicht.« Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Wie gut, dass dieser Kommissar nicht vor mir sitzt, dachte sie dankbar. »Warum fragen Sie?«
    »Nicht weiter wichtig. Ist Ihnen sonst irgendetwas aufgefallen? Hat er sich im Laufe der Gespräche irgendwie verändert? Hat er vielleicht Angst gehabt?«
    »Lassen Sie mich überlegen.« Es entstand eine kurze Pause. »Herr Bielmann hat auf mich immer einen gleichbleibenden Eindruck gemacht. Natürlich war er zunächst enttäuscht, als der Kredit abgelehnt wurde, aber ansonsten war er positiv eingestellt und zuversichtlich. Ängstlich schien er mir überhaupt nicht zu sein.«
    »Gut. Dann würde ich sagen, widmen Sie sich wieder Ihren Kunden.«
    »Das ist nett von Ihnen.«
    »Wenn ich noch etwas wissen muss, melde ich mich nochmal.«
    »Sehr gerne.« Warum fragte er nicht nach den fünftausend Euro und der Affäre, von der sie Katrin Buhr erzählt hatte? Sollte sie der Polizei etwa noch nichts gesagt haben? Oder war das irgendeine strategische polizeiliche Vorgehensweise, bei der man das Ass erst beim zweiten Gespräch aus dem Ärmel zog?
     
    Martin hatte ein komisches Gefühl, als er auflegte. Da war etwas in ihrer Stimme gewesen, das er nicht zu deuten vermochte. Seltsame Schwankungen im Tonfall. Und warum fragte Anja Schulte nicht, was genau mit Peter Bielmann

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