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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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ihr Leben lang als Freunde betrachtet hatte. Einen plausiblen Grund dafür fand sie nicht. »So ein Unsinn«, sagte sie sich laut, »denk an die Horstmanns!« Verfolgungswahn schien doch ansteckend zu sein. »Horstmanns? Wen meinst du?«, fragte Susi.
    »Ach nichts. Hat mit dir nichts zu tun. Ich hab mich nur mit einen! lokalen Virus infiziert.«
    »Oh, das tut mir Leid, ist es schlimm? Hast du Schmerzen?« Schmerzen? Ja, die hatte sie. Es tat weh. Vor BOSS hatte sie Angst, Schlangen flößten ihr Respekt ein, Haie konnten sie in Panik versetzen, aber nie hatte sie das verschwommene Gefühl der pauschalen Bedrohung durch die schwarze Bevölkerung mit den anderen Weißen geteilt. Es gab Momente, in denen sie sich vor einem Einzelnen gefürchtet hatte, wie in der Nacht, als Maxwell kam, um sie zu erstechen, aber nie hatte sie einen Menschen schwarzer Hautfarbe automatisch als gefährlich angesehen.
    Oh, verdammt, warum hatte sie lans Angebot abgelehnt? Das Bedürfnis, seine Stimme zu hören, zu sagen, Liebling, verzeih mir, ich habe das nicht so gemeint, ich brauche dich, überwältigte sie. »Je-remy, halt an der nächsten Telefonzelle!«, rief sie impulsiv. »Wozu denn das?«, murrte Isabella. »Ich will Zeit für meine Freundin haben und dann vor der Dunkelheit zu Hause sein.«
    »Ich will wissen, wie es Sammy geht«, log Henrietta. »Sammy ist hart im Nehmen, die bringt so schnell nichts um! Außerdem kannst du ihr von hier aus auch nicht helfen.« Isabella verschwand wieder hinter ihrem Buch.
    Viele Kilometer der grünen Hügel Zululands flogen vorbei, die wogenden Zuckerrohrfelder wie ein endloses grünes Meer, so weit das Auge reichte. Von der Straße aus sahen sie gelegentlich weiße Farmgebäude, die sich in den tiefen Schatten ausladender Bäume duckten. Langsam aber wurde die Landschaft afrikanisch - die Zuckerrohrfelder machten trockenen, gelben Grasflächen Platz, bizarre Sisalagaven, wilde Banane und iLalapalmen wuchsen in feuchten Senken, und immer häufiger entdeckte sie Zuluhütten, rund wie Bienenkörbe aus Grasmatten oder mit rötlichen Lehmwänden und dicken Mützen aus Gras, umgeben von kleinen Maisanpflanzungen.
    Eine Telefonzelle fanden sie nicht. »Keine Telefonzelle, Madam«, bemerkte Jeremy, »soll ich nach
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    Eshowe reinfahren? Da gibt es ein Postamt. Dauert aber eine halbe Stunde.
    Mindestens.«
    Sie würden mehr als eine Stunde verlieren. Viel zu viel. Isabella hatte Recht.
    »Nein, fahr weiter, umso eher sind wir wieder zu Hause, und umso eher kann ich lan um Verzeihung bitten.« Sie bogen von der Schnellstraße ins Hinterland ab, und etwas später rumpelten sie von der geteerten Straße über ein paar Meter Schotterpiste auf eine Sandstraße, die von dichtem Busch gesäumt war. In den tiefen Reifenspuren, die wohl in der Zeit der heftigen Frühlingsregen entstanden waren, trockneten die Reste eines Schauers, der kaum die Oberfläche der hart gefahrenen Erde durchnässt hatte. Ein Schmet-terlingsschwarm stieg von einer winzigen Pfütze auf, bunt wie eine Konfettiwolke.
    »Sind die aber hübsch«, rief Susi, »sieh mal, der gelblich schwarze dort mit dem Schwalbenschwanz - wie heißt der?« »Keine Ahnung«, antwortete Henrietta,
    »weißt du es?«, wandte sie sich an Isabella, die bisher kaum die Augen von ihrem Buch gehoben hatte.
    Isabella warf einen kurzen Blick zurück auf den gaukelnden Falter. »Papilio polistratus«, antwortete sie und las weiter. »Du kennst dich aber gut aus«, bemerkte sie verblüfft. »Hm«, machte Isabella, ohne hochzusehen.
    Von einem Telefondraht am Wegesrand äugte ein blauschillernder Eisvogel herunter. Henrietta entspannte sich, ließ die ruhige, grüne Landschaft auf sich wirken. Manchmal machte sie Susi auf ein Tier aufmerksam, einmal sprang eine Herde kreischender Paviane über den Weg, mehrere Muttertiere trugen ihre Jungen auf dem Rücken, und der größte Affe, ein Männchen mit eisgrauem Fell, hielt am Straßenrand Wache.
    Isabella las. Die Sonne stieg höher, es wurde heißer. Henrietta sah auf die Uhr. »Jeremy, wann erreichen wir die Farm von Miss Isabellas Freundin? Wir sind schon fast drei Stunden unterwegs.« »Gleich, Madam, gleich.« Jeremy wechselte den Gang, um eine kleine Anhöhe zu bewältigen.
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    Isabella klappte ihr Buch zu, sah sich stirnrunzelnd um. »Das kann unmöglich der richtige Weg sein - hast du dich verfahren, Jeremy?« »Nein, Madam - wir nehmen eine Abkürzung.« Mit mürrischer Miene beobachtete Isabella einen

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