Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
Vom Netzwerk:
drückten lebhafte Anteilnahme aus. Henrietta erzählte. Sie erzählte von dem schwarzen Sicherheitsoffi-515
    zier und gab seine Begrüßungsworte wieder. »Es ist unglaublich«, seufzte sie,
    »ich bekomme schon wieder einen Kloß im Hals, wenn ich nur daran denke!«
    »Vielleicht haben die ja Sternchen neben den Namen von den Leuten, die aus dem Exil zurückkehren«, mutmaßte lan, »bis heute wissen wir nicht, warum, was die wirklich gegen uns hatten.« »Ich dachte, das wüsstet ihr?«, fragte Neu erstaunt. »Ich dachte, er hätte es euch gesagt.«
    »Wer?« Henriettas Kehle wurde auf einmal merkwürdig eng. Der Tag war angenehm warm und windstill, nirgendwoher konnte dieser kalte Hauch kommen, der ihr jetzt über die Haut strich. »Vilikazi! Das war ganz einfach. Er und seine acht Freunde benutzten lans Fabrik als Basis für ihre ANC-Aktivitäten. Eure Bekanntschaft ging bis zum Anfang der sechziger Jahre zurück. Das genügte. Du hast zumindest als passiver Anhänger des ANC gegolten, und Vilikazi war Mitglied des militanten Flügels der Partei, des Umkhonto we Sizwe, des Speers der Nation. Ist euch das wirklich nie klar geworden?«
    Sie konnten nur stumm den Kopf schütteln.
    »Es ist eine simple Sache der Arithmetik. Zählt doch einmal alles, was ihr so im Laufe der Zeit getan habt, zusammen. Eins«, er hob einen Finger, »Henrietta hat Sarah vor der Polizei versteckt, zwei«, der zweite Finger kam hoch, »sie hat Mary zur Flucht verhelfen, als sämtliche Agenten von BOSS sie suchten, und dass - drei - Cuba Mkize ohne ihr Wissen in ihrer Fabrik untergekrochen war, wird ihr niemand geglaubt haben. Nummer vier wäre Kwa Mashu, das betrifft euch beide. lan hat sich für seine Leute ständig mit allen möglichen einflussreichen Leuten angelegt, jedem auf die Zehen getreten, ohne zu beachten, wessen es waren. Nie habt ihr eine Gelegenheit ausgelassen, laut zu sagen, was ihr denkt. Und eure Flucht 1968 hat schon damals endgültig den Eindruck zerstört, dass ihr aus Versehen in alles hineingerutscht seid.« Er lächelte anerkennend. »Wenn ich daran denke, wie elegant ihr zwei damals die Polizei ausgetrickst habt, könnt ich mich immer noch freuen wie ein Schneekönig. Ich bin si-516
    cher, sie hatten euch als leichte Beute angesehen, und dann - wupps, wegwart ihr! Dass ihr obendrein nicht nur euren gesamten Haushalt, sondern auch noch eure Katze mitgenommen habt, vor ihrer Nase, ich glaube, dafür haben einige der Herren empfindlich gelitten! Hoffentlich!« Er hob beide Hände, alle Finger waren jetzt gespreizt. »Euer Konto war wirklich schwer im Minus, was BOSS
    betraf. Als Vilikazi mit seinen Leuten sich bei lan in der Fabrik eingenistet hatten, haben die bloß alle eure Vergehen zusammengezählt, die Summe aller Dinge genommen.«
    Das letzte Stück des Puzzles fügte sich, und das Bild stand vollständig vor ihnen. Bestürzt schauten lan und sie sich an. Von dem Tag an, als Vilikazi vor dem Fabriktor stand, hatte BOSS Bescheid gewusst. Nicht die Sache mit dem Wildhüter, die war ein privater Rachefeldzug des Vaters des Toten, hatte ihnen diese unnachgiebige Verfolgung damals, die Eintragung im Computer, die ihnen 1989 fast zum Verhängnis wurde, eingebracht - es war Vilikazi gewesen, ihr Freund.
    »Sarah hat es gewusst, sie muss es gewusst haben.« Ihre Stimme klang müde.
    »Sie ist seine Frau, meine schwarze Schwester, die mich immer heimlich besuchte, und Imbali war eine der Anführerinnen der Soweto-Aufstände.«
    Sie wurde in einen Strudel gegensätzlicher Gefühle gerissen. Das Gefühl, getäuscht worden zu sein, das Gefühl von Verrat und Vertrauensbruch war das stärkste, und sie wehrte sich dagegen, aber konnte nicht verhindern, dass ihr die heftige Erregung deutlich vom Gesicht abzulesen war. »Und wir haben dich auch noch mit hineingezogen, als wir dir das Muthi des Sangomas gaben, das Vilikazi uns für Imbali zusteckte und das am Ende zu ihrer Flucht beitrug. Wir haben von dir verlangt, es zu ihr ins Gefängnis zu schmuggeln.« Neu winkte ab.
    »Ich lass mich nicht manipulieren, ich habe genau gewusst, was ich tat, liebe Freundin, mach dir keine Gedanken. Vielleicht kann ich es dir leichter machen, wenn ich dir sage, dass ich es weder für Vilikazi noch für euch oder Imbali getan habe, auch nicht für mich, sondern weil ich nicht anders konnte.« Er spielte mit dem
    517
    Salzfass, rollte es auf der Tischdecke hin und her. »Vilikazi und Sarah haben ihr eigenes Leben riskiert«, fuhr er fort, »und

Weitere Kostenlose Bücher