Ins dunkle Herz Afrikas
Bemerkung, dass Frau Horstmann noch von ihnen hören werde. Sie notierten noch die Namen der Cargills, und Henrietta sah im Geiste, wie sie die routinemäßig durch ihre Computer jagen würden. Cargill, lan und Cargill, Henrietta würden dann da stehen, und sie würden über die Sache mit Cuba Mkize lesen und vielleicht auch von Kwa Mashu, und sie würden wissen, dass sie 1968 ausgetrickst wurden, als sie ihnen entwischt waren, denn sie glaubte nicht für einen Moment, dass BOSS ihre Akten vernichtet hatte. »Die wühlen jetzt den ganzen Dreck wieder auf«, flüsterte sie lan ins Ohr.
»Unsinn«, sagte er, »wir reden zu Hause darüber, jetzt müssen wir erst Marina versorgen.« Er rief einen Arzt, scheuchte Henrietta in die Küche, um heißen Tee zu machen, und geleitete Marina dann, einen Arm um sie gelegt, vorsichtig ins Schlafzimmer und half ihr ins Bett. Erst als der Arzt endlich gekommen war, verabschiedeten sie sich von ihr. Henrietta musste sich beherrschen, nicht mit der Haustür zu knallen,
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als sie Horstmanns Haus verließen. »Findest du nicht, dass du ein bisschen übertreibst mit deiner Fürsorge für Marina?«
»Sie ist krank, hast du das nicht gesehen? Und sie war allein, völlig hilflos.« Er streifte sie mit einem gereizten Blick. »Du bist doch nicht etwa eifersüchtig? Das wäre lächerlich.«
»Ich?« Ihr Lachen klang metallen. »Nein, nein, woher denn!« Sie hätte ihn am liebsten angeschrien, natürlich bin ich eifersüchtig, verdammt, ganz fürchterlich, so sehr, dass ich nicht schlafen kann! Aber sie biss sich auf die Lippen. »Und die Leute von der Kripo? Was ist, wenn die etwas in den Akten finden?«
»Denk dran, was Dr. Kruger damals geschrieben hat«, sagte er, offensichtlich ungeduldig mit ihr, »sie brauchen solche Leute wie uns.
Die haben das sicher gelöscht. Er ist schließlich der Generalstaatsanwalt gewesen. Du bildest dir da was ein.« Er drehte ihr den Rücken zu und löschte das Licht.
Sie war sich da nicht so sicher. Dr. Kruger war sehr plötzlich von einem Herzinfarkt dahingerafft worden, ganz konventionell während der Nacht im Tiefschlaf, und Pietersen, der neue Generalstaatsanwalt, war noch eine Steigerung von Dr. Kruger, der bisher den Re-kord im Fällen von Todesurteilen gehalten hatte. Hart, gefühlskalt, ohne Familie, ohne Hobbys, so beschrieb in Neu.
Sie lag neben ihm im Bett, draußen knatterten die Palmen in dem starken Winterwind, sein Rücken war wie eine abweisende Mauer.
Laudos rollten ihr Tränen aus den Augenwinkeln in ihre Haare und durchnässten das Kissen. Nichts und niemand war es je gelungen, sich zwischen sie und lan zu drängen. Sie stand dieser Situation völlig hilflos gegenüber.
»Ich versteh ihn nicht«, klagte sie Tita am nächsten Tag und schluckte brav den übersüßen Kaffee, den diese ihr stets eintrich-terte, wenn sie sich aufgeregt hatte. Den Cognac, der unweigerlich folgte, lehnte sie ab. »Sie ist nicht einmal sein Typ.«
Tita nahm sie in den Arm. »Da muss etwas anderes dahinter stecken lan hat doch nur Augen für dich!«
Ihr war ganz elend, es war als stünde zwischen lan und ihr plötzlich eine gläserne Trennwand. Sie konnte ihn sehen, hören, sie konnte mit ihm sprechen, aber sie konnte ihn nicht erreichen.
Ein paar Tage danach, sie war den ganzen Vormittag in der kleinen Weberei in Mount Edgecombe gewesen und hatte mit Maggie, der geschicktesten der Frauen, neue Muster ausprobiert, empfing Augusta sie zu Hause schon an der Tür. »Master und Madam von nebenan warten drinnen«, informierte sie sie, ihre Hände an ihrem bunten Kittel abwischend, »sie sagen, Madam habe sie zum Tee eingeladen.« Ihr Ton trug den Vorwurf, dass sie das wohl vergessen habe, ihr mitzuteilen.
»Ich habe sie nicht eingeladen. Du sollst niemanden ins Haus lassen, wenn ich nicht da bin, das weißt du!« Henrietta war laut geworden.
Augusta senkte beleidigt die Lider, schob die Unterlippe vor, schwang herum, dass ihr gewaltiges Hinterteil auf und ab wogte, und watschelte in die Küche. Empört brabbelte sie in sich hinein, gestikulierte wild mit den Händen, als rede sie mit Geistern, und knallte dann vernehmlich mit der Küchentür.
Wütend auf sie und die Horstmanns lief Henrietta ins Wohnzimmer.
»Was wollt ihr?«, zischte sie Jack und Marina an.
Jack grinste. »Bei uns ist es etwas ungemütlich, wir brauchen ein paar Tage Unterschlupf.«
Die Polizei war also hinter ihnen her. Oder Mad Milton Miller, was schlimmer wäre. »Nicht hier,
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