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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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angebeteten Ehefrau Dr. Piet Krugers, Generalsstaatsanwalt, baute du Toit Hotels, investierte mit ihr ein Vermögen in Cousine Carlas Golfhotel. Carla, die sie so sehr hasste, dass sie vor einem Anschlag auf ihr Leben nicht zurückgeschreckt war. Gemeinsam hatten sie eine Schlammlawine ausgelöst, unter der sie und lan fast begraben worden waren. Nein, von Geschäftspartnern hatten sie die Nase voll. Gründlich, lans Bewerbung hatte Erfolg, man bot ihm die Betriebsleitung einer großen Fabrik für die Herstellung von Kunststoffteilen an. Für mehr als vierhundert Leute war er verantwortlich, für über vierhundert Männer und Frauen aller Hautfarben und Religionen. Nur die fünf Oberschichtführer waren Weiße, ein Drittel der Arbeiter waren indischer Herkunft, Muslims und Hindus, aber der überwiegende Teil gehörte verschiedenen afrikanischen Stämmen an. Ein paar Kapmalaien, die keiner Gruppe angehörten, arbeiteten im Versand. »Ich fühl mich wie ein Raubtierdompteur«, scherzte lan. Am Tage, als er seine Stellung antrat, fand sich eine Gruppe von acht Schwarzen vor dem Fabriktor ein, angeführt von einem grinsenden Vilikazi. »Bitte, Master«, rief er mit einem Augenzwinkern, »bitte, 71
    hat der Master Jobs für uns? Wir sind alles gute, arbeitswillige Männer mit kräftigen Muskeln und ehrlichen Herzen!« Brüllend vor Lachen über seinen eigenen Scherz klappte er vornüber. »Das ist der Boss, verstanden!«, informierte er seine Freunde dann streng. Jeder Stamm benannte einen eigenen Sprecher, und diese Sprecher wiederum bestimmten Vilikazi als ihre Stimme.
    Auch die anderen Volksgruppen hatten ihre Vertreter. Und zum Sprecher aller gegenüber der Geschäftsleitung aber wurde lan gewählt. Neu war mehr als erstaunt. »Ich kenne keinen anderen Weißen, der in einer derartigen Position ist.« In seiner Stimme schwangen Respekt und Bewunderung. »Sie müssen dir außergewöhnliches Vertrauen entgegenbringen.«
    lan setzte sich enthusiastisch für seine Arbeiter bei der Geschäftsführung ein, kämpfte verbissen um jeden Cent Lohnerhöhung, um jede noch so kleine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, und bald besaß er keinen Freund mehr in der Chefetage.
    Besonders Mrs. Ruth Snell, der Leiterin des Personalbüros, missfiel sein Einsatz außerordentlich. Sie wurde seine Intimfeindin. Mrs. Snell, eine Frau unbestimmbaren Alters mit ausgehungerter Diätfigur und einer Vorliebe für mädchenhafte Kleider mit enger Taille und Spitzenblüschen, war die ältere Schwester des Inhabers und schon sehr lange geschieden. Zwei Tatsachen, die sie den Männern nie vergab. Ihre scharfe Zunge benutzte sie wie ein Messer, mit dem sie erbarmungslos alle Männer ihrer Umgebung sezierte. »Seien Sie vorsichtig«, zischte sie ihn eines Tages am Ende einer Lohnkonferenz an, als er zäh um höhere Löhne und bessere Versorgung im Krankheitsfall gekämpft hatte, »ich hab empfindliche Nerven, und Sie trampeln dauernd darauf herum!«
    Wütend schüttelte sie ihre langen braunen Locken und rauschte aus dem Konferenzzimmer. Dass lan erst ihre Flirtversuche und dann ihre Angriffe mit sanfter Ironie parierte und unbeirrt für seinen Standpunkt eintrat, erschütterte sie offenbar in ihren fest in der südafrikanischen Ideologie verankerten Grundfesten. Sie begann ein Dossier über ihn anzulegen und ließ es ihn wissen. »Ich krieg Sie!«, versprach sie ihm und zeigte 72
    ihre Zähne in einem Lächeln, so hart, so kalt, so scharfkantig wie ein Brillant.
    »Sie hat sich neuerdings so grünes Zeugs auf ihre Augenlider geschmiert, Viperngrün, passend zu ihrem Charakter«, spottete er, »sie sieht aus wie ein Clown. Gott sei Dank kann sie mir nichts anhaben. Solange wir gut produzieren und die Zahlen stimmen - und die sind wirklich sehr erfreulich -, sind meine Argumente stärker.« In diesem Punkt irrte er sich, aber das erfuhr er erst viele Jahre später auf sehr schmerzhafte Art.
    Vilikazi und seine Männer waren nicht nur wissbegierige Arbeiter, sondern sie sorgten auch für Disziplin unter den Kollegen. Ohne sie wäre auch das Problem mit der großen Produktionsmaschine nicht gelöst worden.
    »lan ist ausgerastet«, sagte sie zu Tita, als sie zusammen am Strand lagen,
    »und du weißt, wie lange es dauert, bis er einmal wütend wird. Es ging um irgendeine Klappe, die ständig offen stand, wenn sie geschlossen sein sollte, und dass dann Schrott produziert wurde. Genauer kann ich dir das auch nicht erklären.«
    »Dass dein lan einen

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