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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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wütenden Pavianherde nahm sogar ein Leopard Reißaus.

    Sie verkantete sich mit dem Rücken gegen einen Ast, bis sie einigermaßen sicher stand. Es war ihre einzige Chance. Sie fing Mickys flackernden Blick ein, streckte ihre Arme so hoch sie konnte, aber sie war noch immer gut eineinhalb Meter unter ihm. »Micky, lass den Ast ganz langsam los, ich fang dich auf!«
    Er sah an ihr vorbei in den Abgrund unter seinen Füßen, und plötzlich schien er gelähmt. »Hab Angst«, flüsterte er und umklammerte ihn fester.
    Das aufgeregte Kreischen der Herde kam näher, bedrohlich näher. »Micky«, ihre Stimme war ganz ruhig, »ich bin hier und fang dich auf, du brauchst keine Angst zu haben. Schnell, Kleines. Bitte!« Er wimmerte.
    »Madam, sie kommen!«, kreischte Augusta.
    »Tita, bring die Kinder rein, schnell, Augusta, hol meinen Revolver aus meinem Nachttisch und schieß auf die Affen!«, brüllte Henrietta. Ihr kam nicht einmal in den Sinn, dass Augusta vielleicht nicht wusste, wie man einen Revolver benutzt. »Micky, sieh mich an!«, befahl sie. Furchtsam blickte Micky ihr in die Augen. »Jetzt lass los!« Er lockerte seinen Griff etwas, aber nicht genug.
    Impulsiv griff sie nach dem Ast und schüttelte ihn. Micky schrie auf, fiel wie eine reife
    Frucht, und sie sah, dass sie ihn nicht auffangen würde. Ihr Herzschlag setzte aus.
    Dann passierte alles gleichzeitig. Micky fiel ins Geäst, Augusta schoss, der Schuss knallte, ein Affe schrie im Todeskampf. »Micky!« Tita kam aus dem Haus gerannt. »Oh, lieber Gott, Micky!«
    Im Fallen drehte sich Micky, schlug gegen einen Ast, der seine Fallrichtung änderte und landete so auf Henriettas Brust, die das instinktiv geahnt hatte.
    Sie griff zu und erwischte ihn an den Beinen. Er hing kopfüber in ihrem Griff, krebsrot und strampelnd vor Angst und Panik, verschluckte sich beim Schreien, hustete, spuckte, aber sie hielt ihn fest.
    Ein paar Minuten später standen sie sicher auf dem Boden. Tita fiel vor Micky auf die Knie und vergrub ihr Gesicht in seinem Haar. Die aschfahle Augusta, den Revolver mit beiden Händen umklammernd, zielte noch immer auf die kreischende Affenherde, die einen Totentanz um den Gefallenen in ihrer Mitte aufführte. Sie stießen ihn an, hoben seine schlaffen Arme hoch, berochen ihn.
    Als er sich nicht rührte, näherten sie sich, drohend ihre Zähnen zeigend, den Menschen.
    Die Affenmutter verließ trotz ihrer offensichtlichen Angst ihren sicheren Platz im Busch, sprang herunter, und mit Riesensätzen, nur ein, zwei Meter an den Menschen vorbei, schoss sie nach oben in das Blättergewölbe des alten Mangobaums und schlang ihre Arme fest um ihr Junges.
    Die Augen der beiden Mütter trafen sich für einen Moment über die Köpfe ihrer Kinder hinweg, die blutunterlaufenen der Affin und die weit aufgerissenen der Menschenmutter. Alle Aggression war aus dem Körper der Pavianmutter gewichen.
    Sie stieß einen Ruf aus, einen sanften, gurrenden Laut, das Geschrei der Herde verstummte, ihr Angriff stoppte. Über Titas Gesicht huschte ein Lächeln der Erleichterung, die Äffin zog ihre Oberlippe hoch. Sie bleckte nicht ihr Furcht erregendes Gebiss, eindeutig nicht, die Winkel bogen sich nach oben, dabei schob sie das Kinn etwas vor.
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    »Ich schwöre dir, sie hat auch gelächelt«, berichtete sie lan, der die Schürfwunden an ihren Armen und Beinen, die sie bei ihrem überstürzten Abstieg davongetragen hatte, untersuchte. »Das muss desinfiziert werden!«. Er holte Jod, und nach einer schmerzhaften halben Stunde saßen sie auf der Terrasse, Henrietta an beiden Unterarmen bandagiert. »Geh morgen zu Anita Allessan-dro, damit sie sich das ansieht. Affen übertragen sicher alle möglichen unangenehmen Krankheiten. Musst du eigentlich immer die Heldin spielen?« Er reichte ihr ein paar Aspirin und einen Orangensaft.
    »Du warst nicht da, Tita außer Gefecht, und es war keine Zeit, die Polizei zu holen, was also hätte ich machen sollen? Es ist ja nichts passiert, und die paar Kratzer sind nicht schlimm. Anita wird darüber lachen.« Anita Allessandro war ihre Hausärztin. Sie kannten sich schon seit 1960.
    Aber er war besorgt. »Eine Pavianherde in der Nachbarschaft ist einfach zu gefährlich. Vielleicht haben sie unsere neuen Nachbarn gefuttert. Vermutlich sind die noch nicht lange in Afrika und wissen nicht, dass man Affen nicht füttern darf, sonst hat man bald eine ganze Herde im Garten.«
    »Horstmanns? Als sie einzogen, habe ich Frau Horstmann kurz

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