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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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gesehen. Ich werde sie morgen einladen und fragen.« An der Peripherie ihres Blickes bemerkte sie eine verwischte Bewegung. Trotz Windstille schlugen die Büsche auf dem Nachbargrundstück geisterhaft bis auf den Boden. Schattenhafte, geduckte Figuren huschten im bläulichen Mondlicht durch die Zweige, saßen auf dem Zaun, der ihr Grundstück von dem anderen trennte. Sie packte lans Arm. »Sieh mal, da! Da sind sie wieder.«
    »Ich hol den Revolver, rühr dich nicht.« Er schlich ins Haus. Laudos glitt er kurz darauf wieder in den Liegestuhl neben ihr. »Wo sind sie?« »Noch drüben, und ich glaube nicht, dass sie zu uns herüberkommen werden. Sie scheinen etwas auf dem Boden zu suchen ...« Schweigend beobachteten sie die Affen, die sich nur mit leisen, kurzen Rufen miteinander verständigten. Dann schien einer der Paviane gefun-188
    den zu haben, wonach sie suchten. Er bellte einmal, und alle anderen strömten zu ihm. Aufgeregt sprangen die Tiere auf dem Boden herum, warfen Blätter hoch, scharrten die Erde, stießen spitze, hohe Schreie aus. Ihr silbergrauer Pelz glänzte. Ein riesiger alter Pavian, dessen weißer Bart weithin leuchtete, hielt etwas gepackt und zerrte es hinter sich her, etwas Schweres. Alle anderen Affen folgten ihm. Sie zogen davon, langsam, gemessenen Schrittes und mit gebeugtem Rücken, bei jedem Schritt stützten sie sich auf ihre Arme. Nur das Rascheln ihrer Schritte im Laub störte die Stille. »Wie ein Trauerzug.«
    Gebannt starrte sie hinunter, lan lehnte sich vor. Eine Wolke zog rasch über die Mondscheibe und warf trügerische Schatten. »Ich glaube, du hast Recht. Es ist ein Trauerzug. Sie haben ihren toten Kameraden geholt, sieh dir das an, sie schleifen ihn hinter sich her.«
    »Die armen Tiere - ich wollte sie nur aufhalten.« Noch immer gellte der Schrei des getroffenen Affen in ihren Ohren, aber gleichzeitig hörte sie Mickys Wimmern, sah seine schreckensweiten Augen. Traurig beobachtete sie die gespenstische Szene. Die Paviane entfernten sich, und bald entschwand der letzte ihren Blicken, nur sachte erzitternde Buschkronen begleitete ihren Weg, und für eine kurze Zeit konnten sie die leisen Rufe der Davonziehenden noch hören. Dann war es wieder ruhig. Schweigend räumten sie zusammen und gingen dann ins Bett.
    Am nächsten Tag ging sie hinüber zu den Horstmanns, die sich schräg unterhalb des Grundstücks der Cargills, das wie eine Stupsnase aus einem Gesicht aus dem wellig zum Meer abfallenden Hang wuchs, ein Grundstück gekauft hatten. Dort, wo man sich die Wangenknochen vorstellte, stand das Nachbarhaus. Vor zwei Wochen war es fertig geworden, und letzten Dienstag waren Horst-manns eingezogen. Eine hohe, weiße Mauer, über und über berankt mit dornigen Bougainvilleas, umgab ihr Haus. Auf ihr Klingeln hin 189
    wurde sie von einer metallischen Lautsprecherstimme nach ihrem Namen gefragt.
    »Henrietta Cargill von nebenan.«
    Sekunden später glitt das Tor zurück, Frau Horstmann kam ihr lächelnd entgegen. Sie war eine schöne Frau. Schwarze, schulterlange Haare, dunkelbraune Augen, kurvenreiche Figur. Deutsch sah sie eigentlich nicht aus.
    »Frau Cargill, wie nett, kommen Sie herein.« Sie sprach deutsch.
    Vor ihrem Haus standen mehrere Autos, drei Männer lehnten an einer schwarzen Limousine. Obwohl sie T-Shirts und Jeans trugen, keine Uniform oder dergleichen, bekam Henrietta den Eindruck, dass es Soldaten waren. Vielleicht war es die Lässigkeit ihrer Haltung im Kontrast zu ihren wachsamen Blicken, mit denen sie die Besucherin musterten. Es lag keinerlei sexuelle Anzüglichkeit darin, schnell, aber gründlich schienen sie diese zu überprüfen, dann ein kurzer stummer Blickkontakt untereinander, und sie setzten ihr leises Gespräch fort. Frau Horstmann schwang ihre runden Hüften, schenkte den Männern einen verführerischen Augenaufschlag und führte sie an ihnen vorbei ins Haus.
    Verblüfft blieb sie stehen. Grüner, hochglänzender Marmor bedeckte Fußboden und Wände, das Sonnenlicht wurde durch seegrüne, hauchfeine Vorhänge gedämpft, mehrere tiefe Sessel und zwei überbreite Sofas, alle in Schwarz, umringten den ausladenden Glastisch. Am anderen Ende des Raumes, der so groß war, dass man ein Einfamilienhaus darin hätte unterbringen können, stand ein etwa vier Meter langer Esstisch mit polierter grauer Granitplatte. Vor der langen Fensterfront wucherten großblättrige Pflanzen. Nirgendwo auch nur ein einziges Buch. Es war, als bewegte sie sich in einem

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