Ins Leben zurückgerufen
können?«
Pascoe untersuchte die Wände. »Zu schwer«, sagte er. »Die Alben konnte man in einer Aktentasche verschwinden lassen. Es hätte außerdem zu lange gedauert, die Alben durchzusehen, wohingegen man diese Fotos schnell eins nach dem anderen ansehen konnte, wenn man …«
Er brach seinen Satz ab, näherte seine Augen bis auf 20 Zentimeter der Wand und suchte sie langsam ab.
»Hast du schon mal an eine Brille gedacht, Peter?«
»Ich suche … Hier ist es! Sieh, an dieser Stelle ist ein Loch. Da hat jemand einen Haken entfernt.«
»So ist da also ein Loch in der Wand. Aber da ist kein Platz für ein Bild, das entfernt worden wäre.«
»Doch! Schau her. Die Fotos in dieser Reihe sind umgehängt worden, um die leere Stelle zu vertuschen, doch die Abstände stimmen nicht ganz, und siehst du, man kann einen schwachen Rand auf dem Anstrich sehen. Hier hing ein etwas größeres Foto.«
Und als er zu diesem Schluß gekommen war, erinnerte er sich, was es gewesen war. Miss Marsh und ihre jungen Herren in Beddington College. Das Foto, das sie ihm noch gezeigt hatte, als er gehen wollte.
Er erzählte es Dekker, der erwiderte: »Klammerst du dich jetzt schon an Strohhalme?«
»Nicht an Strohhalme, aber vielleicht an Teekuchen. Schau dir das Backblech an. Wie viele Teekuchen, würdest du sagen, hat sie gebacken? Von diesen beiden und den Spuren auf dem Blech zu schließen, würde ich sagen, wenigstens sechs. Einer ist auf ihrem Teller, halb gegessen. Das läßt noch drei übrig, von denen wir nicht wissen, was mit ihnen geschehen ist.«
»Sie hatte vielleicht einen guten Appetit.«
»Vielleicht. Oder vielleicht setzte sie sich mit ihrem Besucher hin, bot ihm eine Tasse Tee an … Die Teekanne! Laß mal sehen.«
Pascoe nahm die Kanne in die Hand, nahm den Deckel ab, fischte in der Kanne herum.
»Drei Teebeutel«, sagte er triumphierend. »Sie hat eine ganze Kanne gemacht. Sie hat ihrem Besuch Tee und Kuchen angeboten!«
»Na und?«
»Was für ein Mensch spült seine Tasse und seinen Teller und macht sich mit einer Aktentasche voll Fotos vom Acker, wenn seine Gastgeberin einen Herzanfall hat? Was er nicht machen konnte, war natürlich die Kette vorlegen, wie Miss Marsh es mit Sicherheit getan hätte.«
Dekker schüttelte den Kopf.
»Peter, mir fallen ein Dutzend simpler Erklärungen ein.«
»Mir auch«, gab Peter Pascoe zu. »Ich bitte dich ja nur, bei diesem Fall gründlich zu sein. Sorg dafür, daß der Spaten wirklich tief angesetzt wird, wie unter verdächtigen Umständen, und nicht nur eine schnelle Überprüfung wie bei natürlicher Todesursache. Laß bitte beispielsweise nachsehen, wie viele Teekuchen sie genau gegessen hat. Sag dem Pathologen, er soll die Rosinen zählen.« Er zerkrümelte einen der Teekuchen mit den Fingern. »Siehst du, sechs … sieben … acht … Ich wette, sie hat sie ziemlich gleichmäßig verteilt! Würdest du das für mich tun?«
»Warum nicht?« erwiderte Dekker. »Ich habe nur etwa mehrere tausend bessere Sachen zu tun. Fährst du jetzt heim zu einem warmen Abendessen? Glückspilz!«
Pascoe schaffte ein Lächeln, doch seine kriminalistische Euphorie verebbte rasch, als er in Richtung Osten fuhr. Er wollte sie wiederbeleben, indem er vor einer netten Landgaststätte anhielt, die er kannte, um ein Steak und ein Bier zu sich zu nehmen. Doch das letzte Mal war er mit Ellie dort gewesen, und er ließ sein Essen und Bier zur Hälfte stehen.
Es war noch ziemlich früh, als er nach Hause kam. Keine Post, keine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Er gab sich keine Chance, in Grübeln zu verfallen, sondern spülte zwei Schlaftabletten mit einem Glas Whisky hinunter und ging schnurstracks zu Bett.
Acht
»… Ihr wißt, es spricht so allerlei gegen Euch! … Wißt Ihr, von Euch ist wirklich viel zu viel vorhanden.«
D alziel kam zu sich.
Er hatte Schmerzen, aber nicht im Nacken, wo es ihn erwischt hatte, sondern in der Brust, was viel erschreckender war.
War es soweit? Des Dicken endgültiger Abgang?
Er bewegte sich behutsam, dann dachte er: Scheißspiel. Wenn ich schon dran bin, dann aber schnell! Und stand mit einem Ruck auf.
Der Schmerz verschwand. Er blickte aufs Bett hinunter und sah, warum. Religion, schon immer zum Kotzen, war nun auch noch schlecht für die Brust. Er hatte auf einer Bibel gelegen.
Nun begann ihm der Kopf weh zu tun. Er schaute auf seine Armbanduhr. Etwa 15 Minuten war er weg gewesen. Um ihn herum deutete alles auf eine überstürzte
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