Ins Leben zurückgerufen
zurückgerufen‹,
und man kann unter ihnen alles verstehen.«
S o war es am Ende doch weder das beste Verbrechen noch das schlimmste Verbrechen gewesen, sondern nur ein weiterer Mord, der nichts zu Ende brachte, außer einem Leben.
Der Tod seiner ersten Frau belastete Westropps Gemüt kaum, als er in den Armen seiner zweiten verschied. Vielleicht hatte er sich in den letzten Tagen seines Lebens sogar zum ersten Mal verschwommen eingestanden, daß er, nachdem der massive Schock der Ereignisse auf Mickledore Hall überwunden war, durchaus erleichtert gewesen war, einen Vorwand zu haben, um von dem ermüdenden Geschäft des Verrats Abschied zu nehmen.
Er hatte sich Dalziel gegenüber verteidigt, doch in Wahrheit fiel es ihm schon seit langem schwer, sich an die Gründe für seinen Entschluß zu erinnern, sein Land zu verraten – obendrein zu einer Zeit, als man dort noch viel besser leben konnte als heute, da er keinerlei Neigung mehr verspürte, es zu verraten.
Er öffnete ein letztes Mal die Augen, um das ehrliche, liebevolle, trauernde Gesicht Marilous zu sehen, und wußte schlagartig, daß sein Schweigen, das er immer für einen Schutz für sie gehalten hatte, in Wahrheit der größte Verrat von allen war. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, doch sein Leben, so darauf erpicht, zu entfliehen, entwich wie ein Pfeil, und sein Körper mußte sich mit der etwas allgemeineren Sühne begnügen, zu guter Letzt zu ein wenig echt hannoveranischem Staub zu werden, der sich mit den ehrenhaften Überbleibseln der patriotischen Märtyrer Williamsburgs mischen würde.
Es war ein stilles Begräbnis.
Westropps Familie war vertreten, erstens durch seinen Sohn Philip (der sich später als CIA -Mann hervortun sollte, dessen Spezialität es war, befreundete Regimes zu destabilisieren, damit sie dankbar blieben) und zweitens durch einen geschmackvollen Kranz roter und weißer Rosen mit blauen Bändern, der über die britische Botschaft geschickt worden war und an dem eine Karte ohne Unterschrift mit der Aufschrift steckte
In unseren Gedanken bei diesem traurigen Anlaß.
Marilous Familie wurde von ihrem Sohn vertreten, jedoch nicht ihrer Tochter.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, war William auch nur deshalb da, weil er sich auf dem Weg nach New York befand, um das Interesse seines amerikanischen Verlegers am
Goldenen Zeitalter des Mordes
zu wecken, und er den Umweg auf seine Spesenrechnung setzen konnte. Der Mord auf Mickledore-Hall wurde in dem Buch nicht mehr abgehandelt, obgleich das letzte Kapitel über die Pferderennen in Chester nach wie vor mit den Worten begann:
Es war das beste Verbrechen, es war das schlimmste Verbrechen,
was ein Beweis dafür ist, daß ein Schriftsteller bei seiner verzweifelten Suche nach Veröffentlichung alles opfert außer einer hübschen Formulierung.
Auch Scott Rampling war gekommen. Jahrelang hatte er seine Macht mißbraucht und Westropps Telefonate abhören und seine Post öffnen lassen, um einen Hinweis auf das verräterische Foto zu finden. Als Testamentsvollstrecker Westropps ging er die Unterlagen des Toten genauestens durch. Nichts. Gerade als er sich in völliger Sicherheit wiegte, warf ihm ein Berater im Weißen Haus ein Foto auf den Schreibtisch und sagte: »Ich dachte, das würdest du dir vielleicht gern einmal ansehen, Scott.«
Er brachte kein Wort heraus, sein Darm fühlte sich nach Durchfall an, seine Blase war schmerzhaft voll.
Der Mann fuhr fort: »Es kam vor einiger Zeit per Fax. Wahrscheinlich ein Scherzbold, aber wir haben es rumgereicht, und ein, zwei Leute werden das Gefühl nicht los, daß ihnen der Kerl mit dem Ständer irgendwie bekannt ist. Vielleicht lohnt es sich, daß du deine Leute dransetzt.«
»Mach ich«, sagte Rampling.
Kurze Zeit später hatte er sich eine Brille zugelegt und einen Schnauzer wachsen lassen, und den Mitgliedern seines exklusiven Sportvereins in Washington fiel auf, daß er nicht mehr wie früher alle Tage in die Sauna ging und hinterher ins kalte Wasser sprang.
Jay Waggs kam weder zum Begräbnis, noch schickte er Blumen. Das Durcheinander in seiner Jugend hatte dazu geführt, daß er sich nie seiner Motive sicher war, doch er hatte zu seiner Überraschung eine Zuneigung zu Cissy Kohler in sich entdeckt, die ihn zögern ließ, sie den Demütigungen des kreativen Journalismus auszusetzen. Doch solange sie nicht mitmachte, bestand keine Möglichkeit, Hesperides das zu liefern, was er ihnen schuldete, und so hatte er sich nach Kanada
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