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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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nichts», sagte Frances. «Ich erwische sie ein anderes Mal.»
    Deacon war verlegen. Er hatte Frances noch nie gemocht. Hatte schon immer gedacht, daß sie Arger bedeutete. Das Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit. Frances hatte ihn noch nie gemocht.
    Es folgte ein Schweigen. Deacon wußte nicht, warum sie da war. Woher sollte er auch? Frances ließ ihn ein bißchen schmoren. Sie war nicht gekommen, um ihn aufzuheitern.
    «Was können wir für Sie tun?» fragte er schließlich und rieb sich die Hände. Das machte er immer, wenn er verlegen war, sich die Hände reiben. «Oder wollten Sie nur mal Guten Tag sagen?»
    «Nein. Ganz und gar nicht», sagte Frances. «Ich habe etwas für Sie.» Sie öffnete die Handtasche und nahm das Messer heraus. Deacon sah es an. Er sah Frances an. Er sah wieder das Messer an. Als wäre es ein Präsent, ein Geschenk oder vielleicht etwas, das sie sich einmal ausgeliehen hatte und jetzt zurückbrachte. Als er Frances das zweite Mal ansah, stach sie ihm ins Gesicht.
    Er sagte etwas. Er schrie nicht. Er sagte etwas Undeutliches, dann hob er seine Hand ans Gesicht und nahm sie wieder fort. Er starrte das Blut auf seiner Hand an.
    Frances stach erneut zu. In den Hals, und dann zweimal in die Brust. Er stürzte zu Boden, und sie kniete sich neben ihn, ließ ihn die Messerspitze spüren, bis er zu atmen aufhörte, dieses gurgelnde Geräusch machte, das sie schon gehört hatte.
    Sie nahm den Zettel aus ihrer Handtasche und legte ihn auf seinen Bauch. Sie sah auf die Uhr. Sie hatte immer noch eine Stunde, bevor Jane zurückkehrte.
    Frances setzte sich in einen Sessel und wartete. Das konnte sie, einfach die Leiche ausblenden, obwohl sie doch genau vor ihr lag. Sie konnte das, weil sie einmal geliebt worden war, von ihrem Vater und von Graham. Frances’ Vater hatte sie immer gewinnen lassen, als sie noch ein Kind war. Sie spielten Monopoly oder irgendwelche Kartenspiele; was immer es nun war, er ließ sie gewinnen. Er konnte gar nicht anders, er liebte sie so sehr.
    Sie hörte von draußen den Wagen kommen, das Zuschlägen der
    Fahrertür. Jane Deacon kam nicht herein. Statt dessen blieb sie in der Tür stehen und brüllte: «Terry?»
    Die Haustür stand offen. Jane rief noch ein paarmal.
    Frances ging zur Haustür. Jane Deacon war bereits fort. Frances sah sie die Sackgasse hinunterlaufen. Und da war er wieder. Der alte Cortina mit dem Mann. Er war ihr hierher zurück gefolgt.
    Frances verließ das Haus und nahm den Fußweg am Ende der Sackgasse. So war das Leben eben. Frances hatte Geduld. Sie würde einen nach dem anderen ausschalten. Sie würde sich nicht verleiten lassen, etwas zu überstürzen. Geduld zahlt sich immer aus.
     



Kapitel 12
     
    Die Blondine rief ihn Samstag morgen an. «Spreche ich mit Mr. Turner?»
    «Ich habe keine Beziehung zu diesem Namen», sagte er.
    «Hier spricht Mrs. Deacon.»
    Wußte sie denn nicht, daß er Privatdetektiv war? «Wie geht’s Ihnen?»
    «Ich muß Sie sehen», sagte sie. «Ist das möglich?»
    «Bei Ihnen?»
    «Nein. Ich bin bei Terrys Bruder.»
    «Heute nachmittag könnte ich vorbeikommen.»
    «Nein. Nicht hier», sagte Jane Deacon. «Die ganze Familie wird dasein, und...»
    «Dann bei Betty’s», sagte Sam. «Um zwei. Da gibt’s einen ausgesprochen guten Kaffee.»
     
    Sie kam in dem blauen Kaschmirkostüm, trug etwas Schwarzes, Glänzendes unter der Jacke. Ihre Augen waren verquollen, aber sie hatte sich im Griff. Sam rief die Kellnerin und bestellte ihr einen Kaffee. «Ich brauche Hilfe», sagte sie.
    Sam sah ihr direkt in die Augen. «Gebongt», sagte er. «Ich bin arbeitslos.»
    «Terrys... Tod. Ich glaube, ich hätte es sein sollen.»
    «Terry hat mir die Geschichte von wegen Ihres Seitensprungs nur erzählt, weil er wollte, daß ich auf Sie aufpasse?»
    «Ja.»
    «Er wußte von dem Porträt?»
    «Ja.»
    «Warum? Wenn Sie einen Leibwächter brauchen, dann engagieren Sie sich einen Leibwächter. Sagen Sie dem Mann, worin seine Aufgabe besteht, und dann kann er das erledigen. Hätte ich gewußt, daß ich ein Leibwächter bin, wäre ich vorbereitet gewesen. Ich hätte das Haus vielleicht von jemand anderem überwachen lassen. Hätte sie beide schützen können. Vielleicht hätten Sie dann noch einen Mann.»
    Sie senkte den Blick auf den Tisch. Zog ein Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte sich die Augen ab, auch wenn gar nichts aus ihnen herauskam. Sam berührte ihren Arm. «Ich will ja nicht unhöflich sein», sagte er, «aber Sie haben mich

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