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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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kriegen Sie auch keinen», sagte der Inhaber. «Sind Sie Mitglied in einem Schießverein?»
    «Ich gehe in zwei Singlesvereine», sagte Sam. «Reicht Ihnen das?»
    Der Mann lachte nicht. «Ich kenne doch Ihr Gesicht, oder?»
    «Vielleicht aus dem Fernsehen», sagte Sam. «Oder aus der Lokalpresse.»
    «Ja, Sie sind doch der Typ, der hinter dem Messerstecher her ist. Ich hab Sie in den Nachrichten gesehen. Was haben Sie vor, wenn Sie den Burschen finden?»
    «Ich brauche eine Kanone», sagte Sam. «Oder ein paar flotte Laufschuhe, häh?»
    Darüber lachte er. Sam fand, den Spruch müßte er schon mal gehört haben. Der Inhaber holte einen Stuhl aus der Ecke und brachte ihn in sein Büro. «Kommen Sie, setzen Sie sich», sagte er. «Ich setz den Kessel auf. Verrat Ihnen, wie’s aussieht.» Der Witz hatte offenbar Wunder gewirkt.
    Sam folgte ihm ins Büro. Waffenteile über den ganzen Raum verteilt. Munitionsschachteln. Stapel Zielscheiben. Auf einem großen Plakat an der Wand stand: WÜRDE, MUT, REINHEIT, EHRE. DAS ZEITALTER DER SCHWÄCHLINGE HAT DIESE WORTE IN VERRUF GEBRACHT. Auf dem Schreibtisch des Mannes stand ein gerahmtes weiteres Zitat: «Ohne die Jagd wird der Mensch von der Natur abgeschnitten, treibt in der rauhen See der menschlichen Lebensbedingungen.» Jose Ortega y Gasset. Sam schaute sich nach einem Hakenkreuz um, konnte aber keines entdecken.
    «Wenn Sie eine Waffe haben wollen», sagte der Mann, «müssen Sie Vollmitglied eines Schützenvereins sein. Sie beantragen die Mitgliedschaft, Sie gehen regelmäßig hin, und nach sechs Monaten werden Sie dann regulär aufgenommen. Danach können Sie einen Waffenschein beantragen.»
    «Ich habe keine sechs Monate Zeit», sagte Sam.
    «Wenn Sie einen Waffenschein beantragen», fuhr der Inhaber fort, «kommt die Polizei und wird Sie jeden Tag vernehmen. Wenn Sie irgendwelche Vorstrafen haben, wird Ihr Antrag abgelehnt. Sie müssen einen Bedarf nachweisen. Sie müssen einen Ort nachweisen, wo Sie die Waffe benutzen können. Personenschutz wird nicht als Bedarf akzeptiert.»
    «Hören Sie», sagte Sam. «Jeden Tag wird irgendwer abgeknallt. Ich habe den Eindruck, daß sich jeder eine Waffe besorgen kann.»
    «Nicht legal.»
    «Wen interessiert’s, ob es legal ist oder nicht?»
    «Mich», sagte der Inhaber. «Ich bin ein staatlich zugelassener Waffenhändler. Wenn ich Ihnen ohne Waffenschein eine Waffe verkaufe, machen sie mir den Laden zu.»
    «Ich will nur eine kleine», sagte Sam.
    Fast hätte der Bursche gelächelt. «Ich möchte Ihnen ja gern helfen», sagte er, «aber mir sind die Hände gebunden.»
    «Was ist mit dem Schwarzmarkt?»
    «Der boomt», antwortete der Inhaber. «Der legale Handel befindet sich in einer tiefen Rezession. Der Schwarzmarkt floriert. Verbrecher kaufen Waffen nicht legal.»
    «Hören Sie», sagte Sam. «Ich brauche eine Kanone. Es ist mir scheißegal, woher sie kommt.»
    Der Inhaber schob Block und Kugelschreiber über den Tisch. «Ich kann Ihnen nicht helfen», sagte er. «Lassen Sie mir Ihren Namen und Telefonnummer hier, falls mir noch etwas einfallen sollte. Wenn ich Ihnen helfen könnte, würde ich es tun. Aber ich handle nicht mit illegalen Schußwaffen.»
     
    Das Telefon klingelte, als Sam in die Wohnung zurückkehrte. «Ich habe gehört, Sie suchen was», sagte eine Stimme, die er nicht erkannte.
    «Wo?» fragte Sam.
    Die Stimme gab ihm die Wegbeschreibung zu einem Fernfahrercafé an der A64. «Es muß heute sein», sagte die Stimme. «Ich werde in einer halben Stunde dort sein.»
    Sam fand das Lokal mühelos. Es war größer, als er es sich vorgestellt hatte. Draußen standen zwei Lastwagen. Drinnen ließ sich ein Trucker einen Teller Eier mit dick geschnittenem Speck schmecken, während ein anderer an einem einarmigen Banditen spielte. Eine Kellnerin mittleren Alters stand hinter einer Kasse am Ende der Selbstbedienungstheke. Sie sah Sam an, als er durch die Tür kam, kaute aber weiter an ihren Nägeln herum.
    Sam besorgte sich einen Becher Tee, der wie heißer Orangensaft aussah, und ging damit zum hintersten Tisch in der Raucherecke. Er trank einen Schluck Tee, würgte und schob den Becher von sich. Steckte sich eine Zigarette an und wartete. Die einzigen Geräusche kamen von dem Spielautomaten - ein unaufhörliches Geblöke - und von dem Teekessel ein beinahe rhythmisches Dampfausstoßen.
    Zehn Minuten verstrichen, bevor die Tür sich öffnete und ein junger Fahrer hereinkam. Er trug einen khakifarbenen Overall über

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