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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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darin.
    Terry Deacons Kleiderschrank war vollgestopft mit Anzügen und Jacken und nur zwanzig Paar Schuhen, ein bescheidener Mann. Eines dieser kleinen Gestelle für Krawatten.
    Nachttische mit Lampen und Büchern. Auf seiner Seite Paul Scotts The Raj Quartet, das er nie mehr auslesen würde. Auf ihrer Seite John Fowles’ Mantissa. Sam nahm es in die Hand und schlug es am Lesezeichen auf. «Immer noch auf einer Lehne sitzend», las er, «läßt sie eine Hand zärtlich über seine Brust gleiten und zieht einen kleinen Kreis um seinen Bauchnabel.» Sam legte das Buch zurück auf den Nachttisch. Wenn sie unanständige Romane lesen will, wen interessiert’s, es ist ein freies Land. Wenigstens war’s das mal. So heißt es zumindest.
    Der Hauptraum im ersten Stock war ein Arbeitszimmer. Großer, antiker Schreibtisch, persönliche Unterlagen, unbeantwortete Briefe, Zwei Füllfederhalter. Firmenbriefpapier, Umschläge. Die Wände bedeckt mit Flachordnern, Firmenunterlagen, allesamt ordentlich beschriftet.
    Das hintere Zimmer war Bad und Toilette. Riesige, blaue Badewanne. Separate Dusche. Ein Heizkörper über die gesamte Breite des Raumes. Stapelweise Handtücher in Primärfarben.
    «Der Kaffee ist fertig», rief Jane Deacon die Treppe hinauf.
    «Ich komme», antwortete Sam. «Sehe mir nur gerade das Bad an.» Er ging zu ihr hinunter in die Küche.
    «Es ist immer heißes Wasser da», sagte sie. «Sie können es benutzen, wenn Sie mögen.»
    «Auf dem Weg hierher», sagte Sam, «sind wir an einem Burschen vorbeigekommen, der mit einem Hund in einem Hauseingang lebt.»
    «Ach du liebe Zeit», sagte sie. «So was müßte verboten werden.»
    Sam nahm den Kaffee und fügte einen Tropfen Milch hinzu. Er war nicht sicher, ob sie damit meinte, der Bursche sollte verjagt oder Obdachlosigkeit abgeschafft werden. Er beschloß, es dabei bewenden zu; lassen. «Könnte sein, daß ich die Dusche mal ausprobiere», sagte er.
    Sie zeigte ihm, wo Kaffee und Tee standen, der Brotkasten war, der Kühlschrank. «Nehmen Sie, was immer Sie brauchen», sagte sie. «Sie könnten im Verlauf der Nacht hungrig werden und Lust bekommen, an etwas zu knabbern.»
    Sam lächelte, behielt seine Gedanken aber für sich.
    «Wir werden das Zimmer nach vorne hinaus benutzen», sagte er, «wenn das für Sie in Ordnung ist.» Er ging zur Küchentür, die auf den Garten hinaus führte. Sie besaß ein gutes Schloß und Riegel oben und unten. «Hier kommt niemand rein. Können wir die Tür verriegelt lassen?»
    «Ich benutze sie ohnehin nur, wenn ich in den Garten will», sagte sie. «An Wochenenden, tagsüber. Von dort kommt man nicht auf die Straße.»
    «Ich muß leider über das Finanzielle reden», sagte Sam. «Keine Ahnung, wie lange diese Sache dauern wird, aber die Kosten addieren sich langsam. Gus kostet Geld. Mir fehlt das Kapital, um alles vorzuschießen.»
    «Kein Problem», sagte sie. «Im Augenblick fühle ich mich einfach besser, wenn Sie da sind. Man spricht darüber, daß das Management die Firma übernimmt. Das bedeutet für mich eine halbe Million, vielleicht auch mehr.»
    «Mein Gott», sagte Sam.
    «Und dann ist da noch die Versicherung. Terry hat mich finanziell sehr gut abgesichert.»
    «Klingt so», sagte Sam. «Falls Sie mal daran denken sollten, wieder zu heiraten, würde ich mich gern anbieten.»
    Sie lächelte, spielte einen Moment an der Tischkante. «Ich hätte gedacht, daß Sie inzwischen längst vergeben sind.»
    «Ich hatte Angebote», sagte er, «aber von niemandem, der sich mich wirklich leisten konnte.»
    «Waren Sie schon mal verheiratet?»
    «Von Zeit zu Zeit. Ich habe nie gelernt, wie man das macht. Am Ende läuft es immer schief.»
    «Gehen Sie deshalb zur Männergruppe?»
    «Wollen Sie meine Lebensgeschichte hören?»
    «Tut mir leid. Ich bin aufdringlich.»
    «Finde ich gar nicht», sagte er. «Ich verbringe eine Menge Zeit damit zu denken, ich hätte es hingekriegt, und dann noch mehr Zeit mit dem Wissen, daß es doch wieder schiefgelaufen ist. Zur Männergruppe bin ich gegangen, weil ich nicht genau wußte, wie man Esperanto ausspricht.»
    «Finden Sie die Leben anderer Menschen nicht interessant?»
    «Ja, doch. Von anderen Menschen. Ich finde es interessant, wenn Menschen ihre Gewohnheiten ändern. Was mir bislang nicht geglückt ist. Ich versuch’s immer noch.»
    «Das sehe ich», sagte sie.
    Sam wußte nicht, was er dazu sagen sollte.
     
    Sie ging nach oben, um zu baden und sich umzuziehen. Sam setzte seinen

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