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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Rundgang durch das Haus fort. Das Zimmer nach vorne hinaus hatte er bereits gesehen. Beim letzten Mal hatte eine Leiche darin gelegen. Jetzt war dort ein Läufer, wo Deacon gelegen hatte. Er warf einen Blick darunter, um sich zu vergewissern, daß die Leiche weg war. Da war ein Fleck, an dem jemand geschrubbt hatte, aber die Spur davon würde für immer bleiben. Es war ein großes Zimmer: Klavier mit einem Foto von Deacon darauf, Fernseher, Stereoanlage. Drei Regalbretter mit CDs. Klassische, alte Musik. Die Greatest Hits des Mannes. Etwas von den Beatles. Nicht besonders viel, um sich die Nacht zu vertreiben, sofern er sich nicht bilden wollte. Okay, er hatte es auch früher schon getan und konnte es wieder tun. Nächstes Mal würde er ein paar seiner eigenen Bänder mitbringen. Er verstaute die Walther PPK hinter der Stereoanlage. Hatte keinen Sinn, Jane die Waffe sehen zu lassen. Wollte ihr keine Angst einjagen.
    Der mittlere Raum war zum Sitzen da. Bücherregale nahmen eine ganze Wand ein, die Bücher waren sorgfältig alphabetisch geordnet. Ein paar Hemingway, haufenweise Agatha Christie. Simenon könnte einen Versuch wert sein.
    Wieder in der Küche, trank Sam einen Schluck Kaffee. Eiskalt. Er spuckte ihn wieder in die Tasse zurück, kippte ihn in den Ausguß und spülte die Tasse aus. Sich CDs und Bücher anzusehen sagte überhaupt nichts darüber, welche ihr und welche Deacon gehörten. Wer konnte schon sagen, wer von beiden Klavier spielte?
    Sam wurde nicht schlau aus der Blondine. Er sah sie an, diese Frau, die ihren Mann verloren hatte, mein Gott, erst vor wenigen Tagen, und es war, als hätte sie bereits aufgehört zu trauern. Als Brenda ihn verließ, hatte Sam Monate gebraucht, die meisten davon wie weggetreten und benommen, und sie geisterte ihm immer noch durch den Kopf. Über Donna würde er nie wegkommen. Was war das also? Sind die Menschen so unterschiedlich? Kann diese Frau mit der tollen Figur und dem kleinen Mund nach ein paar Tagen alles einfach so abschütteln, es irgendwie wegstecken und wieder ins Rampenlicht treten? Die Show muß weitergehen.
    Sam schüttelte den Kopf. Sie arbeitet wieder. Sie hat bereits das Geld gezählt. Hat sogar einen Läufer über die Scheißblutflecken gelegt. Hatte sie ihren Mann geliebt? Muß wohl eher eine dieser Rücken-an-Rücken-Vereinbarungen gewesen sein, eine Cosmopolitan -Scheinehe, jeder Partner deponiert unmittelbar nach der Feier seine Gefühle in einem Eimer aus rostfreiem Stahl. Sobald einer von beiden auch nur in die Nähe des Eimers kommt, hat der andere einen guten Grund zur Scheidung.
    Er hörte Jane Deacon aus dem Bad kommen und den Flur zu ihrem Schlafzimmer hinuntertapsen. Einige Minuten später verlagerte sie sich in das mittlere Zimmer, um ihre Buchführung zu machen oder irgendwas. Sich vergewissern, daß sie auch ja den Marktpreis für die Firma erhielt.
    Sam erkannte, daß Jane Deacon ihn runterzog, und sagte sich, er solle damit aufhören. Er wußte einen Scheißdreck von ihr. Sie konnte durchaus völlig in Ordnung sein, konnte ihre Gefühle nur gut verbergen. Wenn das der Fall war, würde es sich zeigen. Früher oder später würde sie zusammenbrechen und alles rauslassen.
    Gegen zehn kam sie herunter. Der lange Bademantel berührte den Boden, die Hausschuhe hatten keine Absätze. Unter dem Bademantel schimmerte etwas hervor, das wie grüne Seide aussah. Sie hatte kein Make-up aufgelegt und sah sogar noch besser aus. Ein Anflug von dunklen Ringen unter den Augen, sie schlief nicht genug. Wachte nachts auf. Wachte in der Vergangenheit auf, und dann fiel ihr wieder ein, daß es nicht die Vergangenheit war, es war ständige Gegenwart. Knipste das Licht an und wußte sofort, daß es im Dunkeln besser war.
    «Mit Ihnen alles okay?» fragte sie. «Ich habe gar nicht bemerkt, wie spät es schon ist.»
    «Ich sollte mich entschuldigen», sagte Sam. «Ich habe Ihnen vorhin schwer zugesetzt. Das hätte ich nicht tun sollen, manchmal geht meine negative Einstellung mit mir durch. Tut mir leid.»
    Sie schürzte die Lippen, runzelte die Stirn, ließ es dabei bewenden. «Ich hab’s nicht persönlich genommen», sagte sie. «Sie haben ein Recht auf Privatsphäre. Seit Terrys Tod habe ich versucht, Bilanz zu ziehen. Ich sehe mein ganzes Leben von einem Standpunkt, an dem ich noch nie gewesen bin. Manchmal ist es schwer, mich selbst wiederzuerkennen. Als ich mich nach Ihnen erkundigt habe, da habe ich mich eigentlich nach mir selbst erkundigt.»
    «Ich

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