Ins offene Messer
lächerliches synthetisches Zeugs. Sie spürte, wie Frances sich aus dem Sessel auf der anderen Seite des Zimmers erhob und zu ihr kam. Genau in dem Augenblick, als sie den Hut auf den Kopf setzte, spürte sie einen Schmerz in ihrem Gesicht. Ihr erster Gedanke war, daß es eine Hutnadel sein mußte, die sie nicht bemerkt hatte, konnte schon gut sein, denn jetzt tropfte Blut von ihrem Gesicht auf ihre Hände. Dann dachte sie, irgendwas wäre auf sie gefallen. Es war ein schrecklicher Schmerz, und das Blut, also, es tropfte nicht nur, es strömte. Während sie noch verwirrt war wegen dem, was passierte, während sich der Gedanke in ihren Kopf schlich, daß sie vielleicht Hilfe brauchte, empfand sie einen weiteren Schmerz im Hals, und sie schaute auf und sah Frances mit dem großen Messer in der Hand. Frances lächelte, als wäre eigentlich alles bestens.
Dieses Messer mußte auf sie gefallen sein, aber von wo? Jean hatte das Messer noch nie zuvor gesehen, es mußte Frances’ Messer sein. Und sie schaute zu, wie Frances das Messer wieder herunterzog, diesmal unterhalb ihres Halses, in die Brust, zwischen Kehle und Brüste. Und wieder und wieder, und Jean schaute zu. Frances sagte irgendwas, das keinen Sinn ergab, irgendwas über einen Hut, und die ganze Zeit, während sie das sagte, stieß dieses Messer wieder und wieder in Jean, zerfetzte sie, öffnete sie, und da war Blut auf dem Kissen und dem Teppich, und je mehr Frances redete, desto weniger verstand Jean, was hier passierte, und sie konnte sich auch nicht mehr aufsetzen. Sie stürzte nach vorn, runter vom Kissen, mit dem Gesicht in das Blut auf dem Teppich, und jetzt stach Frances ihr in den Rücken, und Jean wußte, daß sie nichts dagegen tun konnte. Plötzlich hörte sie wieder Leonard Cohen, erkannte den Song aber nicht.
Ihr Kampfgeist war erloschen. Sie entspannte sich und hörte zu, wie ihre Lunge versuchte zurechtzukommen, das Atmen war unregelmäßig, es war wie nichts, das sie schon mal erlebt hatte. Der Schmerz in ihrem Rücken verebbte, und sie schloß die Augen, wußte nicht, warum, wußte jedoch mit absoluter Sicherheit, daß der Augenblick gekommen war.
Frances saß rittlings auf der Leiche. Sie schaute sich nach ihrem Hut um und hob ihn vom Boden. Ein paar Blutspritzer darauf. Sie rieb den Hut am Rock der toten Frau ab und sah ihn wieder an. So gut wie neu. Sie setzte ihn auf.
Sie stieg von der Leiche und ging zu dem Sessel hinüber, nahm dort Platz. Ihr Messer ragte immer noch aus dem Rücken der Frau. Frances lächelte, dachte, das ist eine blöde Stelle, es zurückzulassen, wuchtete sich aus dem Sessel und holte das Messer. Sie wischte es ebenfalls an Jean Blackburns Rock ab und verstaute es wieder in ihrer Handtasche.
Jetzt mußte sie nur noch darauf warten, daß der Ehemann nach Hause kam, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wie Graham es ausgedrückt hatte.
Sie ließ sich wieder in den Sessel sinken, schloß die Augen, es würde noch einige Zeit dauern, bis er von der Arbeit zurückkehrte, vielleicht um fünf, sechs Uhr. Frances würde bereit sein.
Die Cassette war zu Ende, und das Gerät schaltete sich aus. Frances war froh, das zu hören, sie hätte keine Ahnung gehabt, wie man es ausschaltete, und sie hätte es sowieso nicht angerührt, sie wollte nichts in diesem Haus anrühren. Sie wußte nicht, wer das war auf dieser Cassette, sie wußte nur soviel: er konnte nicht singen. Entweder das oder er hatte eine Halsentzündung.
Kapitel 48
Sam setzte Geordie bei Celia ab und fuhr bei Wanda vorbei. Sie trug wieder Jeans, die Mädchen spielten oben, kamen aber heruntergestürzt, als sie Sam kommen hörten. Kelly sagte: «Oh, prima, Picknick», als sie sah, wer es war.
Samantha, älter und weiser, sagte zu ihrer Schwester: «Wir machen nicht immer ein Picknick, wenn er kommt.» Sah dann aber Wanda an, um zu sehen, ob sie recht hatte.
Wanda zuckte die Achseln. «Warum nicht?» sagte sie. «Vielleicht hat Sam auch Lust auf ein Picknick. Aber wir werden es am Küchentisch veranstalten.»
Kelly sah Samantha hochnäsig an.
«Ich wollte mich bedanken», sagte Sam.
«Ich bin nicht geblieben», sagte Wanda und holte Kekse aus dem Schrank, Saft aus dem Kühlschrank, «weil ich dachte, ihr wolltet lieber allein sein.»
«Ja. Du hattest recht. Aber ich schulde dir eine ganze Menge. Ich bin dir sehr dankbar.»
«Du schuldest mir gar nichts.» Sie nahm Teller vom Abtropfbecken und stellte sie auf den Tisch.
«Ich hole die
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