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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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mußten auf ihre klingenden Nachnamen schottischer oder irischer Herkunft verzichten und solche annehmen, die dem Lord Protec-
    tor besser gefielen und von Städten, Farben, Blumen oder Berufen hergeleitet wurden.
    Auf Jamaika zahlten die Zuckerpflanzer 1500
    Pfund für jeden dieser Sklaven, und bis zu zweitausend, wenn es sich um ein schönes Mädchen handel-
    te.
    Mit dem steigenden Rumkonsum wurden aber auch
    die Plantagen immer größer, was den Bedarf an Ar-
    beitern in die Höhe schnellen ließ. So entwickelte sich in England ein regelrechter Handel mit geraub-ten Kindern niedriger Herkunft, die man als
    Schmuggelware in die Kolonien schickte. Gleichzeitig stand auf das lächerlichste Delikt, das noch nicht einmal bewiesen sein mußte, eine Mindeststrafe von vier Jahren Zwangsarbeit auf den Zuckerplantagen.
    Natürlich kassierte die Krone einen saftigen Anteil an dem Preis, den die »Importeure« für diese
    menschliche Fracht bezahlten. Dann entschlossen
    sich die Königin, der Herzog von York und Prinz
    Rupert dazu, die Royal African Company zu grün-
    den, die Sklaven auf dem schwarzen Kontinent ein-
    fing. Es hatte sich nämlich erwiesen, daß Afrikaner die harte Arbeit in drückender Hitze eher aushielten als Weiße.
    In einem Zeitraum von etwas über zwanzig Jahren
    führte das königliche Unternehmen an die 80 000
    schwarze Sklaven zum durchschnittlichen Preis von 17 Pfund pro Kopf ein. Der Handel war allgemein
    soweit akzeptiert und einträglich, daß sich sogar Lloyds einschaltete, die menschliche Fracht versicherte und zehn Pfund für jeden Kranken zahlte, der
    »ins Meer zu werfen war, damit er die übrige La-
    dung nicht anstecken konnte«.
    Der grausame Menschenhandel wäre auf diese
    Weise wohl noch lange weitergegangen, hätte nicht ein Jahrhundert später ein gewisser Kapitän Col-lingwood aus Liverpool nahezu tausend Männer,
    Frauen und Kinder ins Meer werfen lassen. Das war der Mehrheit des bis dahin »verständnisvollen« Par-laments dann doch zu viel.
    Als Sebastián Heredia bei Tagesanbruch fast wi-
    derstrebend das warme Bett der feurigen Astrid verließ, war er überrascht, daß es in den Straßen von Port-Royal trotz der frühen Morgenstunde vor Leuten geradezu wimmelte. Jetzt waren es aber keine
    Huren und Betrunkene mehr, sondern Geschäftsleu-
    te, die in der Morgenkühle ihre Transaktionen ab-
    wickelten, bevor sie vor der Tropenhitze in ihre vornehmen Häuser flüchteten.
    England war zwar mit anderthalb Jahrhunderten
    Verspätung in der Neuen Welt gelandet, das aber mit der Geschäftstüchtigkeit eines Privatunternehmens, dessen Aktivitäten nicht ständig von bürokratischen Blutsaugern der Casa de Contratación von Sevilla
    abgewürgt wurden.
    Während man in der übrigen Karibik zur höheren
    Ehre Gottes und der Krone eher schlecht als recht lebte, machte man auf Jamaika und Barbados lieber Geschäfte zur höheren Ehre der Menschen. Das
    »weiße Gold«, der Zucker, versetzte Berge, während die Seeräuberei inzwischen die Meere zum Kochen
    brachte.
    Das Geld wechselte mit faszinierender Geschwin-
    digkeit den Besitzer, und der Geruch des schnöden Mammons zog Menschen aus allen möglichen Ländern an. Denen ging es nicht mehr so sehr um das
    schnelle Geld mit Seeräuberei, Glücksspiel oder
    Prostitution: Sie wollten lieber auf »ehrlichere«
    Weise reich werden, auch wenn das länger dauerte.
    »Ein kühles Herrenhaus mit Gärten, Meerseite und
    weit weg von indiskreten Blicken?«‘ wiederholte der beflissene kleine Mann mit strohgelbem Spitzbart
    und kreisrunden Brillengläsern die Frage von Sebastian Heredia. »Ihr seid an die richtige Adresse geraten, Senor. Wir sind auf solche Aufträge spezialisiert. Übrigens war Seine Exzellenz, Kapitän Henry Morgan, einer unserer besten Kunden.«
    »Das wußte ich«, entgegnete der Margariteno, dem
    das große, dunkel getäfelte Büro, das man offenbar Tisch für Tisch und Stuhl für Stuhl vom Themseufer hierher versetzt hatte, befremdlich schien. »Darum bin ich hier. Man hat mir versichert, daß Ihr alles, was Ihr nicht habt, bauen lassen könnt. Ist das
    wahr?«
    »So wahr wie eine gerechte Sonne auf uns scheint.
    Unsere Architekten sind ohne Zweifel die besten der Insel. An welche Summe hattet Ihr gedacht?«
    »Was nötig ist.«
    »Was nötig ist?« wiederholte das Männchen mit
    breitem Grinsen und lächelte ihm verschwörerisch
    zu. »Eure Geschäfte gehen sicher blendend.« Er rieb sich ein ums andere Mal die Hände, was ihn

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