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Insel der glühenden Sonne

Titel: Insel der glühenden Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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und er machte es sich zur Aufgabe, alles über Van Diemen’s Land zu erfahren – über die Regierung, das Klima, die Eingeborenen und die Zustände in der Strafkolonie. Die meisten Informationen bezog er aus Bibliotheken und von Behörden, doch der engagierte Pastor suchte auch das Gespräch mit Seeleuten, die Hobart und die Umgebung aus eigener Erfahrung kannten.
            So gelang es ihm, die Gefangenen durch seine Berichte zu beruhigen. Er erklärte ihnen, Hobart sei eine zivilisierte Stadt, in der viele Sträflinge auf Baustellen und Farmen arbeiteten. Mehr noch, sie würden im Gefängnis sogar Unterricht erhalten.
            »Nur die wirklich Schlimmen werden in Gefängnisse gesperrt, die sich nicht von den englischen unterscheiden. Die Leute haben die Wahl.«
            Er verschwieg jedoch, dass Offiziere wie Mannschaften seine Schilderungen zwar bestätigten, aber mit einem Schauder von den anderen Seiten der Strafkolonie berichteten … der Misshandlung hilfloser Gefangener, den Auspeitschungen, Tretmühlen und Erniedrigungen der weiblichen Sträflinge.
            »Wer tut denn so etwas?«, fragte der Pastor verwundert. »Wer sind die Peiniger? Woher holt man sie?«
            »Das sind Ihre Mitmenschen«, meinte ein Offizier. »Von unseren britischen Inseln. Die Disziplin auf unseren Schiffen ist gewiss mehr als streng, und Auspeitschungen werden gelegentlich als unumgänglich betrachtet. An diesem Ort hingegen sind sie an der Tagesordnung; sechzig Hiebe und mehr gelten als normal. Aber, Herr Pastor, es gibt auch eine noch teuflischere Strafe …«
            »Und welche?«, fragte er atemlos.
            »Isolationshaft. Einen Monat, sechs Monate, das macht alle fertig. Sie ist die am meisten gefürchtete Strafe von allen.«
            Der Pastor würde nicht von diesen Maßnahmen sprechen, sondern weiterhin die Notwendigkeit betonen, sich um eine Arbeit außerhalb der Gefängnismauern zu bemühen.
            »Man sagte mir, manche Leute, die sich durch gute Führung auszeichnen, würden das Gefängnis kaum von innen sehen.«
            »Das ist durchaus möglich«, stimmte ihm der Offizier zu, »sofern sie den Gemeinheiten der Aufseher entgehen können.«
            Von der Kanzel herunter wetterte der Pastor gegen die Deportationen. Er behauptete, sie stellten nicht nur eine doppelte Strafe dar, sondern verstießen auch gegen das Gesetz. Er drängte die Regierung, Geld für die Wiedereingliederung Gefangener bereitzustellen, und rief Freiwillige auf, dorthin auszuwandern, damit die Menschen in Würde nach Van Diemen’s Land reisen konnten. So würde man die ungeheuren Personalkosten für Aufseher und ganze Regimenter einsparen, die sich häufig zur Misshandlung und Peinigung ihrer Gefangenen hinreißen ließen.
            Cooksons Ruf als Kämpfer für die Abschaffung der Massendeportationen erregte die Aufmerksamkeit seines Bischofs, der ihn streng ermahnte und verlangte, er solle seine öffentlichen Äußerungen auf religiöse Fragen beschränken. Als der widerspenstige Priester nach einem Jahr immer noch in dieser Weise predigte, wurde der Bischof zum Erzbischof zitiert, der ihm erklärte, Cookson liege völlig falsch. Die Gefangenen würden in den Kolonien dringend gebraucht, und zwar nicht nur in Van Diemen’s Land, sondern auch in Neusüdwales und anderen Gegenden, wo der Bedarf an billigen Arbeitskräften groß sei. Wie sonst sollten die Kolonien gedeihen? Man sehe sich nur Amerika an! Wäre das Land ohne seine Sklaven ebenso schnell reich geworden? Sicher, die Sklaverei in den britischen Kolonien hatte man abgeschafft und das mit Recht, aber Männer aus den Gefängnissen zu holen und sie beispielsweise auf dem Land arbeiten zu lassen, sei ein wahrhaft menschenfreundliches Unternehmen.
            »Diese simple Logik kann ein harmloser alter Herr wie Cookson jedoch nicht begreifen. Hoch stehende Persönlichkeiten sind beunruhigt wegen seiner dilettantischen Einmischung in Wirtschaftsfragen. Dieser Bursche weiß einfach nicht, wovon er redet.« Der Erzbischof gähnte. »Das Beste ist, Sie schicken ihn in Pension. Dann sind alle zufrieden.«
            Der Bischof zog sich zurück. Pastor Cookson würde auch im Ruhestand weiter agitieren. Das Gespräch mit Seiner Exzellenz hatte ihm ein gewisses Magengrimmen verursacht. Es hatte mit dem zu tun, was der Erzbischof über billige Arbeitskräfte gesagt hatte, aber er

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