Insel der glühenden Sonne
Warboy.«
»Das ist doch lächerlich. Wie soll das möglich sein?«
»Die Wege des Herrn sind unergründlich. Weder ich noch Sean wissen etwas. Aber er sagt, der Gouverneur hat ihn begnadigt, und er ist jetzt frei.«
»Warum hat man mich nicht informiert?«
Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich habe mir eher Sorgen gemacht, dass er herkommen könnte. Aber Sean sagt, das passiert nicht, er ist ein guter Mann und hat ihr vergeben.«
»Hat man den Täter denn gefunden?«
»Das scheint niemand zu wissen. Ich glaube, wir sollten um des Mädchens willen alles vergessen, Mr. Warboy.«
Er verließ das stickige Wohnzimmer und trat auf die Veranda, wo eine angenehme Brise wehte. Vermutlich hatte sie Recht, aber er würde gern einmal mit Shanahan darüber reden.
Seine Kutsche wartete noch im Schatten einer schönen alten Ulme.
»Ich muss gehen.«
»Ich sage Penn Bescheid.«
Beide neigten respektvoll den Kopf, als sie sich von ihm verabschiedeten, und Barnaby setzte den Hut auf.
»Sagen Sie Shanahan, das mit der Arbeit freut mich. Sehr.«
Marie strahlte. »Mich auch, Mr. Warboy. Wir sind stolz auf ihn.«
Vier Sonntage darauf holte Sean sie wieder einmal zur Messe ab.
»Ich habe einen Brief von meinem Freund Willem bekommen. Er ist jetzt auf dem Weg nach England. Zunächst hatte er zwei Gefährten. Einer sei gestorben, Gott gebe seiner Seele Frieden. Er litt unter furchtbaren Wunden im Gesicht und auf der Brust, die sich entzündet hatten. Die Ärzte sagten, es seien unheilbare Tumore.« Er seufzte. »Der arme George. Er ist in Sydney gestorben, das liegt in Neusüdwales. Dabei war er so gut wie frei. Sein anderer Gefährte sei nach Amerika aufgebrochen.«
»Singer?«
»Ja. Er hat es auch geschafft.«
»Ich bin so erleichtert. Es war die Überraschung meines Lebens, als ich ihn von der Fähre steigen sah.«
»Er hat eine Nachricht unter Willems Brief gesetzt. Typisch Singer, muss immer das letzte Wort haben. Sollen sie ihre verdammten Tore selber schließen. « Sean lachte. »Er wird immer ein Rebell bleiben.«
»Was hat er mit den Toren gemeint?«
»Ach, ist nur ein Witz, ich erzähle es dir ein anderes Mal. Wo ist Penn, wir müssen jetzt los.«
Sie saß gern vorn in der Kirche, um besser zu sehen, und sang mit, ob sie die Lieder kannte oder nicht, was Marie sehr peinlich fand. Kurzum, Penn hatte großen Gefallen am Sonntagsgottesdienst.
Als sie die Kirche verließen, schritt Penn stolz durch die kleine Gemeinde, in der Hand den gelben Sonnenschirm, den Sean ihr gekauft hatte, und die Leute lächelten ihr zu. Wie durch ein Wunder passte der Schirm zu den winzigen gelben Rosen, die Marie auf Manschetten und Kragen ihres weißen Musselinkleids genäht hatte.
Sie gingen zum Buggy, und Sean wollte ihr gerade beim Einsteigen helfen, als Penn ein großes Känguru auf der Straße sitzen sah.
»Ach, wie süß!«, rief sie und rannte los, die abschüssige, kiesige Straße hinunter.
Marie schrie, sie solle stehen bleiben, doch es war schon zu spät. Penn stolperte, stürzte und rutschte kopfüber in einen Graben.
Das Känguru floh in den Busch, als Marie und Sean herbeirannten, gefolgt von den Kirchenbesuchern, die helfen wollten.
Es schien nichts gebrochen zu sein, doch Penn wirkte betäubt, hatte zahlreiche Schnitte und Prellungen davongetragen, das Kleid war zerrissen. Sean hob sie sanft auf und trug sie zum Buggy.
Eine Frau trat vor. »Ich heiße Bea Warner und bin Hebamme. Sie ist schon sehr weit, da kann ein Sturz gefährlich sein. Wollen Sie sie zu mir bringen? Ich wohne in dem Bauernhaus am Fuß des Hügels.«
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar«, sagte Marie verunsichert. »Sollen wir Sie mitnehmen?«
»Danke.« Die Frau wandte sich an vier Kinder, die ihnen zusahen. »Ihr lauft schon mal nach Hause, verstanden? Und zwar ohne Umwege.«
Mrs. Warner bettete Penn auf das dicke Plumeau eines schmalen Eisenbettes.
Sean wartete nervös im Flur, bis die Kinder
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