Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
Erinnerung.
Hoffentlich kamen die Delfine auch so, hoffentlich bemerkten sie ihre Not und warteten draußen vor den Felsen.
Das Felsentor lag vor ihnen. Nur noch wenige Schwimmzüge und sie würden ins offene Meer gelangen.
»Wir schaffen es niemals bis nach Kreta!« Ein verzweifelter Unterton lag in Philines Stimme.
»Die Delfine ... Sie kommen bestimmt.« Eleni wagte einen kurzen Blick über ihre Schulter. Sie wollte sehen, ob ihnen jemand folgte, wem das Gesicht aus dem Wald gehörte ...
Sie sah gerade noch, wie eine dunkle Gestalt am Strand in die Wellen tauchte. Was auch immer es war – es raste unter Wasser auf sie zu.
»Oh Shit!« Die Panik in ihrem Bauch überschlug sich, ihr Körper stürzte voran und schwamm so schnell wie nie zuvor.
Einen Moment später sah sie die Delfine. Sie kamen auf sie zugejagt. Fünf glänzend graue Tiere, auf deren nasser Haut das Sonnenlicht funkelte.
Klicker erreichte sie als Erster. Er tauchte unter Elenis Körper und hob sie an. Blitzschnell griff sie nach seiner Rückenflosse und wurde von seiner Schwimmbewegung mitgerissen.
Erst jetzt warf Eleni einen Blick zur Seite. Philine schwamm auf Renas Rücken.
Sie hatten es geschafft! Die Tiere trugen sie in rasendem Tempo fort von der Insel.
Aber was für eine Kreatur hatte sie verfolgt? Die Frage ließ Eleni nicht los. Vorsichtig blickte sie über die Schulter nach hinten. Auf einem der kleineren Felsen stand ein Junge! Seine schwarzen Haare glänzten in der Sonne und die Haut an seinem Oberkörper schimmerte in einem dunklen Braun. Nur um seine Hüften trug er ein Kleidungsstück, eine kurze Hose ... oder etwas Ähnliches ... Doch das Sonderbarste an ihm waren seine Beine: Sie besaßen eine blaue Färbung.
Eleni versuchte zu erkennen, wie sie so blau sein konnten ... bis ihr klar wurde, dass es eine Tätowierung sein musste. Eine großflächige blaue Tätowierung, die sich um beide Beine herumwand.
Elenis Hände rutschten beinahe von der Delfinflosse ab, doch sie konnte sich nicht von seinem Anblick losreißen: Vor dem Hintergrund der riesigen, finsteren Insel wirkte der Junge verloren und einsam.
Was, wenn er sie deshalb verfolgt hatte? Weil er nicht länger allein sein wollte? Womöglich hatte er keine Delfine, die ihn von hier wegbrachten, und er war für immer auf dieser Insel gefangen.
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, so schnell zu fliehen.
Philine stieß einen seltsamen Laut aus. Im selben Moment bemerkte Eleni eine weitere Bewegung, weit hinten am Strand.
Dort stand ein schwarzes Pferd. Ein sonderbares Pferd mit einem seltsamen Gebilde an seinem Rücken. Auf einmal faltete sich das Gebilde auseinander. Es war ein breites Gefieder, riesige Flügel, die sich zu beiden Seiten ausstreckten, bevor sie sich wieder auf dem Rücken zusammenlegten.
Ein überraschtes Geräusch entwich Elenis Kehle. Diese Kreatur am Strand war kein Pferd – es war ein Pegasus. Ein schwarzer Pegasus.
K APITEL Z EHN
P hiline hatte kaum noch Kraft, als sie durch die Bucht auf ihren Strand zuschwammen. Ihre Arme fühlten sich schwer und müde an. Dennoch war sie froh darüber, dass die Fensterläden ihres kleinen Hauses geschlossen waren. Dann war ihr Vater nicht da und sie musste ihm wenigstens nicht erklären, warum Eleni und sie so erschöpft waren.
Doch kurz darauf bemerkte sie, dass jemand am Strand stand und ihnen aufgeregt zurief: »Der Tempel! Wir haben den Tempel gefunden!« Es war Kimon. Seine Arme wirbelten durch die Luft und winkten ihnen zu.
Der Tempel? Philine erinnerte sich daran, was Eleni ihr in der letzten Nacht über die Ausgrabung erzählt hatte. Die Archäologen machten sich Sorgen, weil sie den Tempel noch nicht gefunden hatten. Auf den Luftbildern hatte es wohl so ausgesehen, als würden die Mauern nur knapp unter der Oberfläche liegen. Aber inzwischen hatten sie schon mehr als einen Meter tief gegraben, ohne etwas zu finden.
Philine ertastete den weichen Sandboden unter ihren Füßen und richtete sich in den Wellen auf. Ihre Beine fühlten sich an wie Butter und sie hörte, wie Eleni neben ihr keuchte.
»Habt ihr gehört?« Kimon lief lachend auf sie zu. Das Wasser spritzte an seinen Beinen hinauf. »Wir haben endlich die Mauern gefunden!« Er blieb vor ihnen stehen und blickte zwischen ihnen hin und her. Eine Sekunde später fiel er Philine um den Hals.
Sie strauchelte unter der plötzlichen Begrüßung. Aber Kimon hielt sie fest und zog sie an sich. Ein aufgeregtes Gefühl strich durch ihren
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