Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
tanzten sie zu zweit weiter. Es machte Spaß, mit Kimon zu wetteifern. Seine Darbietungen wurden immer artistischer und er schien nach etwas zu suchen, was Philine nicht nachmachen konnte. Aber sie baute den Radschlag ein, den er vormachte und tanzte für einen Moment neben ihm auf den Händen. Erst als er zwei saubere Flickflacks schlug, musste sie passen. Doch schließlich rächte sie sich mit einer Sprungpirouette, die sie beendete, indem sie im Spagat landete.
Kimon lachte und schüttelte abwehrend die Hände.
Philine sprang wieder auf und einen Moment später standen sie schwer atmend voreinander. Erst jetzt bemerkte sie,dass alle anderen stehen geblieben waren und ihren Wettkampf beobachteten. Das Lied endete, und ihr Publikum brach in Applaus aus.
Für einen Moment sah Philine sich irritiert um: Sie entdeckte ihren Vater, der auffällig dicht neben Arjana stand und ihr mit stolzem Lächeln zunickte. Nicht weit von ihnen entfernt waren Eleni und Leándra. Sie jubelten und klatschten mit erhobenen Händen. Eleni wirkte noch immer erschöpft, aber ihre Augen leuchteten.
Auch Vasili johlte ihnen vom Rand der Tanzfläche aus zu, und Philine konnte nicht sagen, ob er ihnen damit Beifall zollte, oder ob er sich über seinen kleinen Bruder lustig machen wollte.
Falls es Letzteres sein sollte, gelang es ihm nicht, denn Kimon interessierte sich nicht dafür. Sein Blick gehörte nur Philine. Er strahlte über das ganze Gesicht, sein schwarzer Lockenschopf war zerwühlt und einzelne Strähnen klebten auf seiner Stirn. Hatte er immer schon so niedlich ausgesehen?
Die Musik hatte wieder eingesetzt. Es war ein langsames Lied. Ihr Publikum löste sich auf und die meisten gingen von der Tanzfläche, um eine Pause zu machen.
Philine konnte auch zu langsamer Musik tanzen. Sie hätte tausend Ideen, welche Bewegungen dazu passen würden – aber Kimon griff nach ihrer Hand und zog sie an sich. Philine hielt überrascht die Luft an, während er sie in den Arm nahm und seinen Kopf auf ihre Schulter legte. Seine weichen Locken streichelten ihre Wange und sein aufgeregter Atem strich durch ihren Nacken. Philine glaubte zu fühlen, wie sein Herz raste – aber vielleicht war es auch ihr eigenes.
Wie lange kannte sie Kimon nun schon? Seit ihrer Einschulung? Oder schon länger? Sie hatte ihn immer schon gemocht, aber dass es sich so anfühlen konnte, wenn er sie im Arm hielt ... Sie kuschelte sich an ihn, legte ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen.
Das Lied endete viel zu früh. Für eine Sekunde hoffte sie, dass noch so ein Lied kommen würde, aber Kimon ließ sie bereits los, trat einen hastigen Schritt zurück und stieß ein verlegenes Räuspern aus. »’tschuldigung, wenn ich dich überfallen habe.« Ein rötlicher Schimmer huschte über seine Wangen.
Philine wollte ihm sagen, dass es okay war. Aber ehe sie einen Ton herausbrachte, hörte sie Vasili: »Hey, Bruder!«, rief er von Weitem über den Festplatz. »Wir sprechen uns, wenn wir nachher allein sind!«
Philine musste grinsen. Von nun an konnte Kimon seine Vasili-und-Zoe-Witze wohl vergessen.
Kimon murmelte: »Ich brauche dringend was zu trinken. Du auch?«
Philine nickte. »Auf jeden Fall. Eine große Flasche Cola, bitte.«
Kimons Blick streifte sie für eine Sekunde, dann verschwand er mit einem eiligen Hopsen zwischen den Erwachsenen, die um die Tanzfläche herumstanden.
Philine sah ihm nach und hoffte, dass er rasch zurückkommen würde.
Die Musik wurde wieder schneller und die Leute kehrten auf die Tanzfläche zurück. Philine wich zur Seite und suchte nach Eleni. Sie fand ihre Freundin etwas abseits, im Halbdunkel hinter dem Kreis der Fackeln. Eleni saß mit ausgestrecktenBeinen auf dem Boden und lehnte mit dem Kopf an Leándras Knien, die hinter ihr auf einem Felsen saß. Auch Alexos und Kosta waren bei ihnen und teilten ihre Weinflasche mit Elenis großer Schwester.
Kosta lachte, als Philine auf die kleine Gruppe zuging und Alexos prostete ihr zu. »Flotter Tanz!« Er lächelte anerkennend.
Philine fühlte sich plötzlich ein ganzes Stück erwachsener. Sie setzte sich neben Eleni auf den Boden und genoss das warme Gefühl, das noch durch ihre Brust sickerte.
Eleni richtete sich auf und für einen Moment leuchteten ihre müden Augen. »Was war das denn gerade?«
Philine seufzte und zog ihre Freundin an sich. »Was ziemlich Schönes.« Sie sprach so leise, dass nur Eleni sie hören konnte. Für einen Moment hielt sie Ausschau, ob Kimon
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