Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
Delfinlaute durch ihre Kehle. Sie wollte die Tiere zu sich rufen. Nur mit ihnen würde sie es bis zu der Insel schaffen. Und wenn die Strömung sie noch weiter ins Meer trieb, würde sie ohne Hilfe noch nicht einmal mehr nach Kreta zurückkommen.
Aber so sehr sie auch rief – die Delfine kamen nicht. Wie sollten sie auch? Die Nymphen hatten sie angegriffen und unter Wasser gezogen.
Dennoch rief Eleni immer wieder nach Klicker ...
Etwas Schnelles raste schließlich in den dunklen Wellen auf sie zu. Sie erkannte glitzernde, schlagende Flossen. Doch es waren nicht die Delfine. Es waren die Nixen! Sie hatten sie gefunden!
Eleni ahnte, wie sinnlos es wäre, sich zu wehren. Also sollte es wohl so sein – wenn die Nixen sie einfingen, würde sie wenigstens erfahren, was mit Philine ...
Etwas Kräftiges packte ihre Beine, griff nach ihrem Oberkörper und zog sie unter Wasser. Eleni strampelte, kämpfte, versuchte wieder hochzukommen. Aber die Arme umklammerten sie so fest, dass sie keine Chance hatte. Das Wasser drückte in ihre Nase, drängte sich gegen ihren Mund. Eleni geriet in Panik. Sie musste endlich wieder atmen! Aber die Kreatur hielt ihren Oberkörper umschlungen. Eleni spürte den kräftigen Schlag der glatten Schwanzflosse, nur wenige, schnelle Bewegungen, mit denen das Biest sie in die Tiefe riss.
K APITEL F ÜNFZEHN
E leni konnte den Mund nicht länger geschlossen halten.
Ihre Lippen schnappten auf, stießen die letzte verbrauchte Luft ins Meerwasser hinaus und bildeten Tausende kleiner Blubberblasen. Doch noch ehe sie wieder einatmen konnte, legte sich etwas Weiches auf ihren Mund und schloss sich um ihre Lippen. Warme Luft strich über ihre Zunge. Ganz tief füllten sich ihre Lungen mit Sauerstoff. Sie wurde ruhiger und öffnete die Augen.
Es war dunkel, finster in der Tiefe des nächtlichen Meeres. Ein schemenhaftes Gesicht war direkt vor ihr, bläuliches Licht funkelte aus nachtschwarzen Augen. Der Mund der Kreatur löste sich von ihrem. Eleni fürchtete, dass der Drang zu atmen und ihre Panik zurückkehren müssten. Aber nichts dergleichen geschah. Die Luft in ihren Lungen reichte aus.
Eleni konnte nicht viel von dem Gesicht erkennen. Aber sie begriff, dass es nicht die Hesperiden waren. Auf dem Gesicht lag ein Lächeln – und die Form der Augen kam ihr bekannt vor ... Es war der Inseljunge! Plötzlich wusste sie es! Es war Makaio, der ihr tagelang nicht aus dem Kopf gegangen war. Er hatte sie nach unten gezogen, nicht die feindlichen Hesperiden.Sie war nicht entführt worden – er hatte sie gerettet!
Elenis Herz fing an zu hüpfen, in wilden kleinen Sprüngen, die ihre Sterbensangst verblassen ließen. Makaio hatte ihr die Luft gegeben, die sie brauchte. Sie war in Sicherheit!
Über ihnen zischte etwas entlang. Eleni fühlte den Druck des Wassers, der wellenförmig gegen ihren Körper presste, als würde das Meer von unzähligen rasenden Kreaturen durchschnitten. Die Nixen! Sie waren dort oben und suchten nach ihr, wollten sie fangen und entführen! Plötzlich hörte der Fischschwanz des Jungen auf zu schlagen. Er legte den Zeigefinger auf ihren Mund und für einen Moment verharrten sie ganz still. Sie sanken immer tiefer und warteten, bis das Wasser über ihnen wieder ruhig wurde.
Schließlich zogen Makaios Hände sie erneut näher. Mit wenigen Schlägen gewann seine Schwanzflosse an Tempo. Sie jagten auf einen dunklen Höhleneingang zu, der zwischen Felsen am Meeresgrund lag. Als sie hineintauchten, wölbte sich ein finsterer Tunnel um sie herum. Eleni klammerte sich an den Jungen und verschloss die Augen vor dem brennenden Salzwasser.
Wohin brachte er sie? Sie kannte ihn doch eigentlich gar nicht. Woher sollte sie wissen, ob er sie nicht ebenfalls entführt hatte?
Eleni wagte es nicht, daran zu denken. Das konnte nicht sein! Er hatte sie schon einmal vor den Hesperiden gewarnt. Warum sollte er jetzt mit ihnen gemeinsame Sache machen?
Die Höhle, durch die sie offenbar schwammen, dehnte sich endlos. Aber irgendwann tauchten sie aus dem Meer auf. Warme Luft streichelte Elenis Gesicht. Sie schnappte miteinem glucksenden Laut danach, konnte kaum glauben, dass es wirklich Luft war, bis der Atem mit einem langen Seufzer in ihre Lunge strömte.
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie noch immer nichts sehen konnte. Nur das Plätschern der Wellen durchdrang die Finsternis und schlug von weit entfernten Wänden auf sie nieder. Sie schienen in einem großen Raum zu sein.
Noch ehe sie weiter
Weitere Kostenlose Bücher