Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
hineinschien und das Licht durch das Wasser bis hierher geleitet wurde.
Aber dieser Ort hier war nicht in Italien. War sie auf Kreta?
Nein! Dieser Ort musste auf der Insel sein. Auf der unbekannten, geheimnisvollen Insel, die in einer Sturmnacht aus dem Meer aufgetaucht war. Auf Atlantis!
Der Inseljunge! Sie war an seiner Schulter eingeschlafen ... Doch jetzt war er verschwunden.
Hektisch blickte Eleni sich um.
Eine Sekunde später entdeckte sie ihn. Er saß auf einem Felsen am Rand des Wassers und beobachtete sie. Anstelle des Fischschwanzes hatte er seine Beine angewinkelt und umklammerte sie mit den Armen. Die bläuliche Schlange schlängelte sich darum, hob träge ihren Kopf und zischelte Eleni zu.
Dieser sonderbare Junge hatte sie gerettet! Von ihm hatten sie erfahren, dass die Nixen in Wirklichkeit Hesperiden hießen. Wenn irgendjemand Antworten auf ihre wichtigsten Fragen geben konnte, dann war er es.
»Warum haben die Hesperiden Philine mitgenommen?« Elenis Stimme krächzte. Es fiel ihr schwer, den alles entscheidenden Satz hervorzubringen: »Ich meine, ist sie ... tot?«
Der Junge hob die Hand, machte eine beschwichtigende Geste und legte den Zeigefinger an die Lippen. Mit lautlosen Bewegungen stand er auf, sprang von seinem Felsen auf den unterirdischen Strand und kniete sich vor Eleni in den Sand.
Plötzlich war sein Gesicht ganz nah, ein bläuliches Funkeln blitzte in seinen schwarzen Mandelaugen. Oder warenes die Reflexionen des Wassers? Er beugte sich an ihr Ohr und flüsterte: »Die Hesperiden warten nur darauf, das Vibrieren unserer Stimmen im Wasser wahrzunehmen. Jedes laute Wort reicht aus, um das Meer in Schwingungen zu versetzen und uns zu verraten. Wir müssen so schnell wie möglich fort von hier. Sonst haben sie uns.«
Er stand wieder auf, fasste nach ihrer Hand und zog sie mit sich. Eleni folgte ihm in das leuchtende Wasser, sah ihm zu, wie er sich nach hinten fallen ließ. Er schwamm mit den Armen und schlug die Beine in einer eigentümlichen Bewegung vor und zurück. Die Schlange kroch um seine Oberschenkel, verband sie miteinander, bis sich seine Beine in einen Fischschwanz verwandelten. Mit einer eleganten Seitwärtsrolle drehte er sich auf den Bauch und streckte Eleni die Hand entgegen.
Während er sie zu sich zog, fing ihr Herzschlag wieder an zu flattern. »Wir müssen Philine retten«, flüsterte sie. Wenigstens das musste sie ihm noch sagen.
Eine steile Sorgenfalte huschte über Makaios Stirn, aber er nickte.
Gleich darauf tauchte er unter, zog Eleni mit sich und hielt sie an den Händen. Das Wasser hüllte ihn in strahlendes Licht. Seine braune Haut schimmerte und seine schwarzen Haare tanzten schwerelos um seinen Kopf. Er öffnete die Lippen zu einem Lächeln, doch in seinen Augen lag ein wehmütiger Blick. Eleni konnte die Worte nicht entschlüsseln, die er mit seinem Mund formte.
Schließlich kam der Moment, in dem sie atmen musste. Doch dieses Mal geriet sie nicht in Panik. Nur ein wohliges Gefühl durchströmte ihre Brust, als Makaios Gesicht auf siezutrieb. In seinem Blick lag ein verwirrtes Zögern, für einen kurzen Moment, ehe er seinen Mund auf ihren legte.
Eleni schloss die Augen. Wieder drang die Zauberluft in ihren Mund, füllte ihre Lungen und stillte ihren Atemdurst. Aber dieses Mal fühlte sie vor allem einen kleinen, flatternden Vogel, der sich vor Aufregung in ihrer Brust überschlug. Es war ein schönes Gefühl, sie wollte es festhalten und alles andere vergessen.
Makaio löste sich von ihrem Mund, zog sie wieder in die Arme und schwamm mit ihr ins leuchtende Meer hinaus.
Plötzlich schämte Eleni sich für das glückliche Gefühl. Philine war in Gefahr! Es war der falsche Moment, um sich über den ersten Kuss eines Jungen zu freuen.
Abgesehen davon war es gar kein Kuss! Es war nur ein merkwürdiges Mittel, um sie vor dem Ertrinken zu retten.
Der Junge schwamm rasend schnell, manchmal so nah an Felsen und bunten Korallenriffen vorbei, dass es besser war, so dicht wie möglich bei ihm zu bleiben. Schwärme von schillernden Fischen stoben vor ihnen auseinander und die Schwämme und Pflanzen wichen unter ihnen zur Seite.
Schließlich drängte ihnen eine Wasserströmung entgegen, wurde bald so reißend, dass Eleni sich kaum noch halten konnte. Auch Makaios Arme pressten sich fester um ihren Rücken. Eleni konnte spüren, wie sein Herz immer schneller schlug, während seine Schwanzflosse gegen die Strömung ankämpfte. Das Meer unter ihnen wurde
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