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Insel der Rebellen

Insel der Rebellen

Titel: Insel der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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andere Schiffe, stahl alles, was Wert hatte, und metzelte die Besatzungen nieder. Wir wissen nicht genau, wie groß die Schätze waren, die er erbeutete, wie viele Schiffe er versenkte und wie viele seiner eigenen Schaluppen vor Tangier oder den Nachbarinseln versanken, aber wir können mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass seit mehr als zweihundert Jahren ein unentdeckter Tory-Schatz auf dem schlickigen Grund der Bucht liegt. Diese Schlussfolgerung beruht auf einfacher Logik.
    Piraten, die wie Wheland ohne Skrupel und zu allem fähig waren, überfielen nicht nur Unschuldige , sondern zögerten auch nicht, sich gegenseitig zu berauben und niederzumachen, vorausgesetzt natürlich, das Ganze ging ohne Gefahr für sie selbst ab. Tauchte also ein anderes Piratenschiff auf, bis obenhin beladen mit der Beute aus dem Überfall auf eine Plantage, griff Wheland dieses Schiff an - es sei denn, er musste mit einer zahlenmäßigen Überlegenheit der gegnerische Seite rechnen. In dieser Hinsicht unterschieden sich Wheland und seine Piratenmannschaft kaum von den Drogendealern unserer Zeit. Wenn Drogendealer heute auf dem Weg von New York nach Miami in Virginia Halt machen, ist es keineswegs ungewöhnlich, dass ein Dealer, der Schusswaffen oder Heroin von einem anderen kauft, anschließend eine Pistole zieht und seinen Geschäftspartner niederschießt. Der Sieger bekommt nicht nur die Beute, sondern auch das Geld oder die Konterbande, die als Bezahlung gedacht war. Eine zusätzliche Prämie sind das Bargeld oder die Drogen aus den Taschen des Opfers, seine Goldketten, Diamantringe und sein Fortbewegungsmittel.
    Wie Highway-Piraten sind Drogendealer einfach Piraten zu Lande. Wenn es Ihnen einen Augenblick lang gelingt, sich eine Bande von Drogendealern vorzustellen, für die sich das Rad der Zeit zurückdreht bis ins 18. Jahrhundert und die sich plötzlich auf ein Schiff vor der Küste von Tangier Island versetzt sehen, so können Sie sich bestimmt ausmalen, wie eine Begegnung mit einem anderen Schiff damals ausgesehen haben mag. Ich kann Ihnen versichern, dass ein solcher Kampf zwischen Drogendealern auf dem Wasser kaum anders vonstatten gegangen wäre als Whelands Angriff auf ein anderes Piratenschiff. Ja, lassen wir Wheland doch einfach in die Rolle de s zeitreisenden Drogendealers schlüpfen. Die Geschichte hätte sich dann so oder ähnlich abgespielt:
    In einer kalten Oktobernacht setzt sich Joseph Wheland in seinen schwarzen Mercedes mit Spoilern, dunkel verglasten Scheiben, goldglänzenden Radkappen, Veloursbezügen, aufgemöbeltem Soundsystem und Klimaanlage. Eine Zigarette rauchend und angenehm zugedröhnt vom Gras, verlässt er New York und fährt in einem Konvoi von weiteren Fahrzeugen, in denen sich seine bewaffnete Gang befindet, in Richtung Richmond. Wheland ist auf der Straße als Wheelin' Bone bekannt, denn er ist immer in seinem Auto unterwegs und interessiert sich weder für Basketball noch für Bodybuilding - ein hagerer Typ von eher schmächtiger Gestalt. Aber sein Äußeres ändert nichts daran, dass alle Menschen, auch andere Piraten, es mit der Angst zu tun bekommen, wenn sie hören, Wheland sei in der Nähe.
    Wheelin' Bone und seine Bande erreichen Richmond in den frühen Morgenstunden, parken zwischen den Müllbergen in einer Straße des heruntergekommenen Viertels Gilpin Court und steuern zielstrebig auf eine Wohnung zu, in der sich ein ortsansässiger Drogendealer und Landpirat namens Smack aufhält. Als Smack aus dem Fenster sieht und Wheelin' Bone erblickt, eine schmale Gestalt in einem langen schwarzen Mantel, schwarzen Nike-Turnschuhen und einem schwarzen Trainingsanzug, auf dem Totenschädel und Knochen abgebildet sind, wird Smack nervös.
    »Scheiße, ich weiß ja nicht«, sagt er zu ein paar seiner Leute.
    »Der sieht aus, als is er auf Ärger aus. Mann, der hat 'ne Uzi unterm schwarzen Mantel. Guck da, das is de r Lauf.«
    »Glaubst du nich, das is'n Knopfloch?«
    »Komm, lass uns auf Nummer sicher gehn.«
    »Scheiße noch mal, gehn wir auf Nummer sicher«, stimmt Smack zu. »Machen wir sie durch die Tür alle.«
    Kurz darauf hört man das metallische Klicken der Sicherungen - und dann passiert das Unerklärliche. Wheelin' Bone und seine Bande wollen gerade an die Tür klopfen, als sie plötzlich mit einem merkwürdigen Knistern statischer Elektrizität in einem weißen Lichtblitz verschwinden. Das ängstigt Smack und seine Piraten, und sie antworten mit einer wütenden Kugelsalve, unter der

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