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Insel der Rebellen

Insel der Rebellen

Titel: Insel der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Tangier Island leben und die Bucht kennen wie ihre Westentasche, die besten Aussichten haben, den Tory-Schatz zu finden und zu bergen.
    Nach meiner Überzeugung gehört der Schatz den Fischern dieser Insel und sollte ihnen auch überlassen werden. Die wirtschaftliche Situation auf Tangier leidet erheblich unter den strengen Fangquoten für Krebse und dem Rückgang der Krebspopulation, die seit einigen Jahren zu beobachten ist. Daher bitte ich die gesamte Bevölkerung Virginias, einschließlich der Regierung, sich dem Krebskorb fern zu halten, der durch eine gelbe Boje etwa 10,1 Seemeilen von Tangiers Westküste markiert ist. Geben Sie der Gerechtigkeit eine Chance und zügeln Sie Ihre Habgier. Bedenken Sie, dass den meisten von uns das harte und mühsame Leben dieser Fischer erspart bleibt. Schließlich mussten ihre Vorfahren vor langer Zeit ohnmächtig hinnehmen, dass Joseph Wheland sein Winterquartier auf der Insel aufschlug, da wäre es doch nur gerecht und angemessen, wenn die heutigen Bewohner gewissermaßen als Entschädigung den Schatz dieses schrecklichen Piraten bekämen. Das wäre doch ein schönes Beispiel für ausgleichende Gerechtigkeit.
    Leider sind Anne Bonny und Wheland ihrer wohlverdienten Strafe entgangen. Und auch Blackbeard erlitt nicht das Schicksal, das man ihm gegönnt hätte. Dass er in Stücke zerteilt und sein Kop f am Dollbord aufgespießt wurde, war milde im Vergleich zu der Art und Weise, wie man andernorts mit Piraten verfuhr. Bevor die Piraterie in modernen Zeiten romantisiert und als bewaffneter Raub verharmlost wurde, galt sie als Kapitalverbrechen schlimmster Art. Blättern Sie einmal in dem zweibändigen Werk The Terrific Register: or Record of Crimes, Judgments, Providences and Calamities aus dem Jahre 1825, und Sie werden schockiert und betroffen verstehen, was ich meine.
    Nehmen wir als ein Beispiel unter vielen das Schicksal, das die russischen Piraten auf der Wolga erwartete, die in früheren Jahrhunderten derart von Piraten heimgesucht wurde, dass die Händler wertvolle Waren nur noch auf dem Fluss transportieren konnten, wenn das Schiff von einem bewaffneten Konvoi begleitet wurde. Wurden diese Wolgapiraten, die nicht annähernd so blutrünstig waren wie Bonny, Wheland oder Blackbeard, lebend gefasst, mussten sie mit ansehen, wie die Soldaten ein Floß bauten, auf dem ein mit Eisenhaken versehener Galgen errichtet wurde - ein Anblick, bei dem den Delinquenten höchst ungemütlich zumute gewesen sein dürfte.
    Die gefangenen Piraten wurden nackt ausgezogen und an den Rippen in diese Galgen gehängt, während das Floß auf seine lange Reise geschickt wurde, sodass alle Anwohner den grässlichen Anblick vor Augen hatten und die Schmerzensschreie vernahmen. Zeigte man in den Dörfern oder Städten, an denen das Floß vorbeitrieb, auch nur einen Anflug von Mitleid, indem man den Schurken Wasser oder Alkohol reichte oder sie durch einen Schuss von ihren Leiden erlöste, wurde die mitleidige Seele für ihre gute Tat mit dem gleichen langsamen und qualvollen Tod wie di e Piraten bestraft. Diese Drohung war so wirkungsvoll, dass niemand einzugreifen wagte. Als es einem Piraten einmal gelang, sich von seinem Haken zu befreien, und er nackt und kraftlos nach all dem Schmerz und Blutverlust einem Schäfer begegnete, nahm dieser einen Stein und schlug dem Piraten mitleidlos den Schädel ein.
    Sicherlich hat der Schäfer nach der Rückkehr in sein Dorf mit dieser grausamen Tat geprahlt, denn sonst hätte das Ereignis nie seinen Weg in die historischen Dokumente gefunden. Damit will ich nicht sagen, dass ich ein Befürworter der Selbstjustiz bin oder vorschlage, man sollte die Todesstrafe durch Folter verschärfen. Ich heiße auch nicht gut, wie die Russen mit den Piraten verfuhren, aber ich finde, dass Bonny, Blackbeard, Wheland und ihre blutrünstigen Seeräuber gehöriges Glück hatten, dass sie nicht in Russland gefasst wurden.
    Sehr wahrscheinlich hat nun ein Stück Eisen aus einer von Whelands Granaten zur Entdeckung mindestens eines seiner Schiffe geführt. Nur schwer lässt sich ausmalen, welche Geheimnisse und Schätze seit Jahrhunderten auf dem Grund der Bucht ruhen - an dem Ort, den nun die erwähnte gelbe Boje markiert. Natürlich weiß ich, dass einige Historiker felsenfest behaupten, es gebe keinen Beweis für den Tory-Schatz, aber ich möchte doch meine Leser und Gouverneur Crimm daran erinnern, dass Wheland keine Liste mit den Schiffen und Plantagen hinterließ, die er

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