Insel der Rebellen
Arzneimittelbehörde die Pharmaunternehmen noch warteten, weshalb sie diese Dr. Faux mit Vergnügen für experimentelle Zwecke überließen. Der Zahnarzt tastete mit seinen behandschuhten Fingern nach der Watte in Fonny Boys Mund.
»Hast du sie schon wieder runtergeschluckt?«
»Jo.«
»Na, dä wirst du wohl ein paar Tage lang Verstopfung haben. Warum hast du die Tür abgeschlossen, und was hast du mit dem Schlüssel gemacht?«
Fonny Boy tastete in seiner Tasche nach dem Schlüssel, um sich davon zu überzeugen, dass er ihn noch hatte. Fehlanzeige. Was hab ich bloß damit gemacht?, überlegte er, während seine Augen durch das Zimmer irrten und draußen auf der Straße die Schritte und verärgerten Stimmen lauter wurden. Aufgeregt gab Fonny Boy dem Zahnarzt eins auf die Nase, nicht wirklich schlimm, aber doch so kräftig, dass Blut floss.
»Au!« Überraschung und Schmerz entlockten Dr. Faux einen Aufschrei. »Was fällt dir ein?«, entrüstete er sich, während die Fischer von draußen riefen, Fonny Boy solle die Tür aufsperren.
»Gaht nöd«, rief der zurück. »I han där Schlüssel nöd mär. Ond i weiß nöd, wo i ihn hingtan han.«
»Warum hast du mich geschlagen?« Erschreckt und wütend tupfte sich Dr. Faux die Nase mit einem Taschentuch ab.
Ganz sicher war sich Fonny Boy nicht, aber es schien ihm geboten, seine Autorität mittels Gewalt zu beweisen. Die Vorstellung, dass die Fischer mitbekommen würden, wie er den Zahnarzt brutal überwältigt hatte, gefiel ihm ausnehmend. Sein Vater würde stolz auf ihn sein, doch als draußen die Unruhe wuchs, wünschte Fonny Boy, er könnte sich erinnern, was er mit dem Schlüssel angestellt hatte.
»He! Do muscht dä Tür uffbräche!«, rief er der aufgeregten Meute zu.
Das taten die Fischer und lärmten drinnen unter drohendem Schwenken ihrer Ruder und Zangen weiter.
»Virginia z' Tüfel! Z' Tüfel mit Virginia!«, ertönte ihr wütender Schlachtruf. »Do isch nix mit d' feschte Land, Dentischt, hascht ghört? Du bisch us Gfangnä!«
»Wart emol, jatz kriegscht wäs!«
»Jawoll! Jawoll!«
»Hascht ghört, Dentischt? Wie isch's in däm Stuhl?« »Kriegscht was uff d' Mul!«
»Hätt är scho!«, sagte Fonny Boy mit stolzgeschwellter Brust.
»Än uff d' Nos, do isch ä kopeischtä ganga!«, schnitt er auf.
»Mer sollt äm jede Zahn einzel ziehe! Denk' bloß an all d' Zähn, d' er us gzoge hätt!«
»Wi kunnt än z' Fische usse nämm! Schöns Päkche us äm mache ond dä Kräbs z' fresse gäbe!«
»Ond das isch kei schä Tod, das sog i di.«
»Soll mi doch dä Bösi holn, wenn ä das nöd verdienet hätt! Hörscht?«
»Jetzt wartet mal!« Dr. Faux protestierte so laut, dass die Fischer einen Augenblick verstummten, während er im Behandlungsstuhl kauerte und sich die Nase rieb.
»Ich hab's ja gehört! Wenn ich euch recht verstehe, wart ihr zuerst sauer auf Virginia, und jetzt bin ich plötzlich dran. Ihr müsst euch schon entscheiden!«
»Mer sin zornig uff jäd von dä feschte Land«, entschied einer von ihnen. »Do isch nöd oner, dä us nöd übern Tisch zogn hätt.«
»Nun, wenn ihr euch einig seid, dass ihr mich kidnappen wollt«, meinte Dr. Faux, und seine Gedanken überschlugen sich auf der Suche nach einem Ausweg und vielleicht auch einem kleinen Vorteil für ihn selbst, »kann euer Plan nur funktionieren, wenn ihr den Gouverneur benachrichtigt. Sonst weiß niemand, dass ich hier bin. Was nützt es euch dann, mich hier festzuhalten? Und was eure unfairen und undankbaren Vorwürfe gegen mich und meine Behandlungsmethoden angeht, da kann ich nu r sagen, dass ich jahrelang hier herausgekommen bin und nur euer Wohl im Auge gehabt habe. Ohne mich hättet ihr gar keinen Zahnarzt gehabt.«
»Besser koan als di.«
»Sonscht hätt mi Frau no all d' Zähn. Ond i krieg Schmerzn in dä Zähn, wenn usse Wind isch, und das sind dä Zähn, dä du muocht hascht!«
»Na, villicht solltn mer nomal überlege.« Einer der Fischer hatte Bedenken und lehnte sein Ruder an die Wand. »Mer wollet do kei Ärger.«
»Genau«, stimmte Dr. Faux zu. »Ihr Fischer wollt doch nur euer Recht. Klar seid ihr wütend auf den Gouverneur, und das kann euch niemand verübeln. Bestimmt geht das Ganze wieder auf eure Kosten. Ich weiß ja nicht, was diese Linien darstellen sollen, aber sie dienen sicher nicht euren Interessen.«
»No, nix, was dobi ussekummt fur us.«
»Hört bloß nöd uff si Gschwätz!« Jetzt ergriff Fonny Boy das Wort. »Er kummt au vun de feschte Land.
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