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Insel der Rebellen

Insel der Rebellen

Titel: Insel der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Pony beobachtete, wie der Küchenchef durchs Esszimmer und auf eine Seitentür zuging, während das Wasser aus dem Eimer tropfte, in dem die Krebse un d der Fisch eifrig Pläne schmiedeten. Regina folgte ihm auf den Fersen und blieb stehen, als sie Andy erblickte.
    »Nun wird es doch kein leichtes Abendessen«, sagte sie.
    »Macht nichts«, antwortete Andy höflich. »Ich denke, wir sollten uns bald Ihren Vater angeln, damit ich mit ihm reden kann.«
    »Soll das eine geschmacklose Anspielung auf den Fisch sein?«
    Sie blickte ihn finster an.
    Er kannte sie kaum und wäre daher nie auf den Gedanken gekommen, irgendwelche Anspielungen zu machen, aber Regina hatte nicht den geringsten Zweifel, dass sich dieser attraktive Mann über sie lustig machte. Das taten sie alle.
    Erst jetzt bemerkte Andy den Fisch, der in dem überfüllten Eimer schwamm, und erkannte seinen Fehler. »Tut mir Leid. Ich habe die Forelle jetzt erst gesehen. Sonst hätte ich gewiss das Wort angeln nicht erwähnt. Ich wollte wirklich nicht geschmacklos sein. Es ist nur so, dass ich heute Abend wirklich sehr gern mit dem Gouverneur sprechen würde.«
    »Sie können mich Regina nennen.«
    Nein, konnte er nicht. Diesen Namen konnte er unmöglich aussprechen, ohne sich unwohl und peinlich berührt zu fühlen.
    »Wie wär's mit Reggie?«
    »Niemand hat mich je Reggie genannt.«
    Seine freundliche Anteilnahme brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie musste sich am polierten Mahagonigeländer festhalten, das in elegantem Schwung nach oben in die Privaträume der First Family führte, wo Maude Crimm gerade ihr Haar mit Spray fixierte, nich t gerade glücklich mit ihrem Spiegelbild, das ebenfalls Haarspray versprühte.
    Sie war einmal sehr schön gewesen. Als Maude und Bedford sich das erste Mal auf einem Faberge-Ball begegnet waren, hatte sie zwar ausgeprägte Formen besessen, war dabei aber doch zierlich gewesen, mit vollen roten Lippen und ausdrucksvollen veilchenblauen Augen. Maude hatte gerade in einer Vitrine eines der juwelenbesetzten Eier bewundert, die nicht unwesentlich zur Revolution der Bolschewiki und zum rätselhaften Schicksal Anastasias beigetragen hatten, als Bedford Crimm IV, frisch gewählter Senator des Staates Virginia, galant an ihrer Seite erschien und durch ein Vergrößerungsglas auf ihre prächtigen Rundungen starrte, die ein großzügig geschnittenes Dekollete nur dürftig verhüllte.
    »Meine Güte, nun schauen Sie sich das an«, sagte er. »Ich habe mich immer gefragt, warum es unbedingt Eier sein mussten. Warum nicht etwas anderes, wenn man schon mit so edlen Metallen und kostbaren Juwelen hantiert?«
    »Wofür hätten Sie sich denn entschieden?«, fragte Maude schüchtern.
    Crimm und sein scharfer Verstand eroberten sie im Sturm, und es schien ihr, dass sie die Faberge-Sammlung bislang viel zu unkritisch hingenommen hatte. All die Jahre hatte sie nie die Frage nach dem Warum gestellt.
    »Na, ich hätte auf keinen Fall ein Ei gewählt«, erwiderte Crimm mit sonorer, gewichtiger Stimme, in der der Rhythmus des alten Südens mitschwang. »Ein Thema des Bürgerkriegs vielleicht.« Er dachte nach. »Vielleicht Kanonen aus Gold oder die Konföderiertenflagge aus Platin, Rubinen, Diamanten und Saphiren - alldem, wa s Sie um ihren edlen Schwanenhals tragen sollten.« Er strich mit einem dicken Finger über ihre Kehle. »Eine lange Halskette mit einem großen Diamanten, der fast in Ihrer Brust versinkt.« Er zeigte ihr, wo. »Und der dort weich und warm versteckt bliebe und sie kitzelte, wenn sie es am wenigsten erwarteten.«
    »Ich habe mir schon immer einen großen Diamanten gewünscht«, sagte Maude, schaute sich nervös um und hoffte, dass sie von niemandem in dem überfüllten Raum beobachtet wurde.
    »Sie sehen aus, als würden Sie ebenfalls einen großen Diamanten tragen«, sagte sie und blickte bedeutungsvoll auf den Schritt seiner Frackhose.
    »Der Diamant ständiger Bereitschaft.« Er kicherte.
    »Ich verstehe«, sagte sie. »Wissen Sie, ich bin selbst Sammlerin, Senator Crimm.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »O ja. Und ich weiß ein bisschen Bescheid über Lupen.« Er fand sie immer beeindruckender. »Man hat sie bereits in den Höhlen auf Kreta benutzt, und ein chinesischer Kaiser verwendete einen Topas, um die Sterne zu beobachten. Das war viele tausend Jahre vor Christi Geburt, können Sie sich das vorstellen? Und ich wette, Sie wissen nicht, dass sogar Nero durch einen Smaragd betrachtete, wie sich die Gladiatoren gegenseitig

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