Insel der Rebellen
sitz ich im Knast.«
»Das muss ganz schön hart für Sie sein.«
»Es ist nicht fair«, gab Pony zu. »Die letzten sechs Gouverneure, Gouverneur Crimm allein dreimal, haben versprochen, mir Straferlass zu gewähren, aber dann sind sie wieder zu beschäftigt und verschwenden keinen Gedanken mehr daran. Das ist das Problem mit der Beschränkung auf eine Amtszeit, wenn Sie mich fragen. Die Leute denken nur daran, was nach der Gouverneurszeit kommt.«
Andy trat in die Eingangshalle, und Pony schloss die Tür.
»Genau«, stimmte Andy zu. »Von dem Augenblick an, wo sie gewählt sind, denken sie darüber nach, was sie hinterher tun, weil sie wissen, dass sie nur vier Jahre im Amt bleiben. Die Hälfte der Zeit verbringen sie mit Wahlkämpfen oder Jobsuche.«
Pony nickte und fühlte sich ermutigt durch die Tatsache, dass endlich mal jemand verstand, was es bedeutete, für den Dienst in der Villa eingeteilt zu sein. »Sind Sie wegen der Crimm-Mädchen eingeladen? Ich frag nur, weil Sie eigentlich nich aussehen wie denen ihr Typ.«
»Nicht dass ich wüsste«, sagte Andy, von plötzlichem Misstrauen gegenüber den wahren Motiven dieser Einladung ergriffen.
Auch Regina war misstrauisch.
»Diese Krebse sind nicht tot!«, schrie sie. »Einer hat mich gerade angesehen. Seine Augen haben sich bewegt. Wie soll ich Viecher essen, denen die Augen so aus dem Kopf quellen? Das ist ja nicht mit anzusehen. Die müsse n doch ständig was ins Auge kriegen, und dann haben sie noch nicht mal Augenlider.«
»Das ermöglicht ihnen, sich im Sand zu vergraben und trotzdem zu sehen«, erklärte Trader ihr. »Es hat gute Gründe, warum ihre Augen beschaffen sind wie das Periskop eines U-Boots.«
Das U-Boot brachte er bewusst ins Spiel, um sich hinter dem Rücken des Gouverneurs über dessen Gesundheitszustand lustig zu machen. Seinem Chef bezeugte Trader nur noch Respekt, wenn es sich nicht vermeiden ließ, und er hatte es sich längst zur Gewohnheit gemacht, vor dem Personal der Villa über den Gouverneur herzuziehen, wenn er nicht da war oder nicht zuhörte.
»Schaffen Sie sie runter an den Fluss und lassen Sie sie frei«, befahl Regina Figgie. »Und den Fisch auch. Der glotzt mich auch an. Und nehmen Sie ihm vorher den verdammten Haken aus dem Maul. Wenn Sie ihn mit dem Haken freilassen, verfängt sich das arme Ding noch irgendwo und ertrinkt. Ich will gebackene Schinkenbrötchen mit Butter und Minzmarmelade, verstanden? Und was ist mit dem Rest von dem Auflauf passiert, den wir nicht aufgegessen haben? Dem Erdnussbutter-Auflauf?«
Sie ließ Wasser über die Krebse und den Fisch laufen, was diese ein Stück weit ins Leben zurückrief, und gab laute Befehle.
»Da steht ein Eimer in der Ecke«, sagte sie. »Der, in dem sie hergebracht wurden. Pack sie alle wieder rein. Und bring ja nie wieder Krebse oder Fische in diese Villa. Ich kann auch kein Wild mehr sehen. Woher weißt du überhaupt, dass die Indianer die Hirsche nicht vergiften, um sich an uns zu rächen? Die schleppen die toten Viecher bei uns an, und dann sollen wir ihnen auch noch dankba r sein.«
»Sie sollten nicht Indianer sagen, Miss Reginia. Sie heißen jetzt Native Americans, und ich finde es sehr freundlich von ihnen, dass sie uns das Wild schenken.« Küchenchef Figgie war verärgert und ließ sich nicht im mindesten von ihr einschüchtern.
»Native Americans, ja?« Reginas Gesicht wurde rot vo r Wut.
»Ach, tatsächlich? Dann kann ich euch ja auch gleich Eingeborene nennen.«
»Das trifft wohl kaum zu.« Figgie blickte Regina direkt in die kleinen, kalten Augen. Wie Rosinen, dachte er, die langsam von aufgehendem Hefeteig verschluckt werden. »Und sollten Sie jemals irgendeinen Angestellten der Villa als Eingeborenen bezeichnen, melde ich Sie der NAACP 1 . Ist mir egal, ob Sie die Tochter des Gouverneurs sind.«
1 National Association for the Advancement of Colored People, Nationale Vereinigung zur Förderung Farbiger.
»Bring sofort diese Krebse raus!«, schrie Regina. »Sie verrecken und fangen an zu stinken.«
Die Krebse schwenkten freudig ihre Scheren, als Küchenchef Figgie sie und die Forelle vorsichtig aus dem Waschbecken nahm und in den Eimer setzte. Er nahm eine Drahtschere und schnitt den Haken ab, damit er ihn vorsichtig aus dem verletzten Fischmaul ziehen konnte.
Pony hatte weniger Glück. Ihn hatte man nie vom Haken gelassen. Ach, wie glücklich wäre er, wenn Figgie ihn in einem Eimer zum James River hinunterbringen und dort freilassen würde.
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