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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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könnte, keinen Schritt mehr vor die Tür wagte. Sie, die in ihrem ganzen Leben nie Angst gehabt hatte, war ihm ausgeliefert.
    Sie war allein in fremden Städten unterwegs gewesen, auf belebten Straßen und in einsamen Gassen, sie hatte Berge bestiegen und Urwälder durchquert. Mit ihrer Kamera als Schutzschild hatte sie nie eine Spur von Angst empfunden. Und jetzt
zitterten ihre Knie wie Wackelpudding – nur wegen einer Handvoll Fotos.
    Die Angst hatte sich langsam aufgebaut, das gestand Jo sich jetzt ein. Sie war in den letzten Wochen größer geworden, hatte sich in ihr vorangebohrt, nach und nach. Jo fühlte sich hilflos, ausgeliefert, so verdammt allein.
    Sie riß sich von der Tür los. So wollte, konnte sie nicht leben. Sie würde es einfach ignorieren, verdrängen. Es tief in sich vergraben. Und sie war weiß Gott eine Expertin im Verdrängen von Traumata, kleinen oder großen. Und dies hier war nur eines mehr.
    Sie würde ihren Kaffee trinken und sich an die Arbeit machen.
     
    Gegen acht hatte sie den ganzen Kreislauf passiert: Sie hatte sich durch die Müdigkeit gekämpft, war durch nervöse Energie und schöpferische Ruhe geglitten, um wieder bei der Müdigkeit zu landen.
    Sie konnte nicht mechanisch arbeiten, noch nicht einmal bei den einfachsten Handgriffen in der Dunkelkammer. Es war ihr wichtig, jeden Schritt mit voller Aufmerksamkeit zu erledigen. Und dazu mußte sie ruhig sein, mußte sie sowohl die Wut als auch die Angst in den Griff bekommen. Bei ihrer ersten Tasse Kaffee redete sie sich ein, den Sinn der Fotos erkannt zu haben. Jemand bewunderte ihre Arbeiten und wollte ihre Aufmerksamkeit erwecken, wollte ihren Einfluß für sein eigenes Werk nutzen.
    Das machte Sinn.
    Manchmal hielt sie Vorträge oder leitete Workshops. Außerdem hatte sie in den vergangenen drei Jahren drei größere Ausstellungen gehabt. Es war nicht sonderlich schwierig oder ungewöhnlich, ein Foto von ihr zu machen – oder mehrere.
    Das war sicher eine Erklärung.
    Wer auch immer es war, er war einfach nur kreativ. Er hatte den Augenbereich vergrößert, zurechtgeschnitten und ihr die Fotos als eine Art Serie geschickt. Obwohl die Abzüge aussahen, als seien sie erst kürzlich gemacht worden, gaben sie keinerlei Aufschluß darüber, wann oder wo genau die Aufnahmen
entstanden waren. Die Negative konnten ein Jahr alt sein. Oder zwei. Oder fünf.
    Definitiv hatten sie ihre Aufmerksamkeit geweckt, aber sie hatte überreagiert, es zu persönlich genommen.
    In den letzten Jahren hatte sie immer wieder Arbeitsproben von Bewunderern ihrer Bilder bekommen. Normalerweise waren Briefe dabei, in denen ihre Fotos gelobt wurden, bevor die Absender zur Sache kamen und sie um Tips oder Unterstützung baten oder ihr ein gemeinsames Projekt vorschlugen.
    Ihr beruflicher Erfolg war noch relativ jung. Sie hatte sich noch nicht an den Druck und die Zwänge gewöhnt, die der kommerzielle Erfolg und die Erwartungen mit sich brachten und die wirklich zur Last werden konnten.
    Während sie ihren nervösen Magen ignorierte und den inzwischen eiskalten Kaffee schlürfte, gestand Jo sich ein, daß sie nie gelernt hatte, mit diesem Erfolg umzugehen.
    Ich hätte alles viel besser im Griff, dachte sie und ließ den hämmernden Kopf über ihren schmerzenden Schultern kreisen, wenn mich die anderen in Ruhe das machen ließen, was ich am besten kann.
    In ihrer Dunkelkammer hingen feuchte Abzüge zum Trocknen. Sie hatte den letzten Stapel Negative entwickelt und legte einen Kontaktbogen unter die Lampe auf ihrer Arbeitsplatte. Mit einer Lupe studierte sie Bild für Bild.
    Einen Moment lang fühlte sie Panik und Enttäuschung. Die Bilder waren allesamt unscharf, verschwommen. Verdammt, verdammt, wie konnte das sein? War es der ganze Film? Sie bewegte sich, blinzelte und sah das vergrößerte Bild von hohen Dünen und Schilf plötzlich klar werden.
    Halb aufstöhnend, halb lachend lehnte sie sich zurück und ließ ihre verspannten Schultern kreisen. »Nicht die Abzüge sind verschwommen und unscharf, du Idiotin«, murmelte sie. »Es liegt an dir.«
    Sie legte die Lupe weg und schloß die Augen. Sie war zu antriebslos, um sich aufzuraffen und noch einen Kaffee zu machen. Sie wußte, daß sie dringend etwas essen mußte. Und sie wußte, daß sie Schlaf brauchte. Daß sie sich hinlegen sollte, alles von sich weg schieben und sich einfach fallen lassen.
    Aber davor hatte sie Angst. Im Schlaf würde ihr sogar das bißchen Kontrolle entgleiten.
    Sie dachte sogar

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